Ein Ring, sie zu binden… äh, nein, falscher Film, kann zu Weihnachten schon mal passieren. Oder doch nicht? So ganz verkehrt ist der Gedanke nicht, denn als die indische Touristin Sejal (Anushka Sharma) beim Abflug merkt, dass sie ihren frisch erworbenen Verlobungsring irgendwo auf ihrer Sightseeing Tour durch Europa verloren haben muß, schnappt sie sich kurzentschlossen ihren schon erleichtert aufseufzenden Tourguide Harry (Shah Rukh Khan) und nötigt ihn, die Tour auf der Suche nach dem Ring noch mal mit ihr abzuklappern. So weit so gut, nur steht diese Zwangsgemeinschaft unter keinem guten Stern, da Harry, der bei seinen Touren immer lächeln und hilfsbereit sein muß, aber kaum seine wahre Einstellung verbergen kann, gar keine Lust hat, den Babysitter für die befehlsgewohnte Anwältin zu spielen. Doch da der selbsterklärte Weiberheld wegen früherer Beschwerden vor allem von Seiten der weiblichen Kundschaft bei seinem Chef auf der Abschußliste steht und auf den Job angewiesen ist, stimmt er zähneknirschend zu. Und los geht die Odyssee durch Europa inklusive Stolpersteinen und dem unvermeidlichen Bösewicht, bei der sich die Protagonisten widerwillig, aber unvermeidlich näher kommen.

Die Geschichte klingt vertraut aus zahlreichen unterhaltsamen Romcoms, wird hier aber mit den für Bollywood typischen Songsequenzen unterbrochen und unvermeidlichen Verweisen auf indische Traditionen untermalt. Und so las sich der Plot auch unterhaltsamer, als er es am Ende war. Es ist komisch, Shah Rukh spielt den in die Jahre gekommenen, desillusionierten Touristenführer sehr überzeugend und Anushka wunderbar die vor Energie sprühende, von sich überzeugte Sejal. Und doch ist die Handlung einfach zu dünn und zu bemüht, um so etwas wie Verbundenheit mit den Protagonisten aufkommen zu lassen. Dabei sind diese Will they/Won’t they Handlungen mit ihrer Mischung aus Romanze, Action, Komödie und ja, auch Erotik doch eine Spezialität von Shah Rukh, der seine Rolle selbstironisch und wie gewohnt mit perfektem Timing spielt.

Die Figuren bleiben aber zu blaß, ihre Vergangenheit wird zwar erwähnt, aber leider vor allem bei Harry nicht weiter ausgebaut. Seine Ecken und Kanten werden zwar thematisiert, aber nicht begründet, was ich sehr schade fand. Denn gerade die Szenen, die seine innere Zerrissenheit und Sehnsucht nach der Heimat zeigten, waren die, die mich ansprachen. Dagegen sind Szenen, wo der Held die Heldin auf ihr Äußeres und die Gefahren im Nachtleben hinweist und sie natürlich prompt in Nöte gerät und vom tapferen Helden gerettet werden muß, einfach zu bemüht und platt. Zu konstruiert ist auch die Gangsterhandlung, die wohl einfach aus dramaturgischen Gründen eingebaut werden mußte, um Spannung reinzubringen und ein bißchen Action und Blut zeigen zu können.
Pluspunkt des Films sind zweifellos die wunderschöne Kulisse, die aus den schönsten Sehenswürdigkeiten aus ganz Europa besteht und die ansprechenden, liebevoll an pittoresken Schauplätzen umgesetzten Songs. Hier kommt dann auch das Fanherz zu seinem Recht, mit einigen wunderbaren Aufnahmen von Shah Rukh und Anushka.

Daß die Chemie zwischen den Darstellern diesmal nicht so richtig zünden will, mag auch am gravierenden Altersunterschied liegen, obwohl man Shah Rukh hier noch den jüngeren Globetrotter abnimmt. Doch muß er jetzt langsam aufpassen, daß er nicht in die Falle tappt, es gibt auch genug talentierte Schauspielerinnen jenseits der vierzig in Indien, mit denen diese Geschichte funktioniert hätte.

Vielleicht fehlte mir diesmal einfach das Kinofeeling oder ich war nicht in der richtigen Stimmung, aber ich muß gestehen, daß ich bei der DVD zwei Anläufe brauchte, um mir den Film anzuschauen. Ich hatte einfach Schwierigkeiten, in den Film hineinzufinden. Er ist nicht wirklich schlecht, aber die Möglichkeiten, die der Plot geliefert hätte, wurden größtenteils verschenkt. Anstatt sich entweder auf die Suche oder die sich anbahnende Liebesgeschichte zu konzentrieren, verliert sich die Handlung in Nebensträngen. Die Entwicklung der Charaktere kommt so nebenbei, wäre doch aber das Sahnehäubchen gewesen. Überraschend gelungen fand ich hingegen den Abschluß der Geschichte.
Als leichter Sommerfilm mag Jab Harry Met Sejal durchgehen, doch es tut mir leid um die verpaßte Chance, denn es war alles vorhanden, bis auf ein in sich schlüssiges Drehbuch.