Luck By Chance ist die Geschichte zweier Menschen, die es in Bollywood ganz nach oben schaffen wollen. Der eine ist der ehrgeizige Vikram Jaisingh (Farhan Akhtar), der von Delhi nach Mumbai kommt und versucht, mit berechnendem Charme mit den richtigen Leuten in Kontakt zu kommen, um als Schauspieler Fuß zu fassen. Die andere, Sona (Konkona Sen Sharma), spielt als Nebendarstellerin die ewige Schwester der Stars und wartet auf die erste Hauptrolle, die ihr den Durchbruch verschaffen soll. Sie ist frustriert, da weniger begabte Starkinder wie Nikki (Isha Sharvani), die Tochter der ehemaligen Leinwanddiva Nina Walia (Dimple Kapadia), die Hauptrollen bekommen. Die beiden begegnen sich auf ihrem Weg und kommen sich näher, doch Vikram scheint mehr Glück zu haben. Als der neueste Film von Regisseur Ranjit Rolly (Sanjay Kapoor) und Produzent Romy Rolly (Rishi Kapoor) mit ihrem Star Zaffar Khan (Hrithik Roshan) in den Startlöchern steht, springt dieser ab, um in einem Film von Karan Johar mitzuspielen. Durch eine glückliche Fügung des Schicksals und ein wenig hilfreiche Taktik bekommt Vikram die Rolle und damit die Chance, Bollywoodstar zu werden. Doch zu dem Weg nach oben gehören auch Neid und Missgunst, Reporter auf der Suche nach Enthüllungsstories und die Gefahr, alte Freunde zu verlieren. All das bekommt Vikram zu spüren.

Wo Om Shanti Om die Filmindustrie feierte, zeigt LBC sie so, wie sie wirklich ist, ohne allzu zynisch zu werden. Mit realistisch anmutenden Geschichten, die so wohl jeden Tag geschehen können. Ungeschönt und schonungslos, ohne falschen Pathos, mit leiser, liebevoller Kritik, aber nicht abwertend, und auch einem ordentlichen Schuss Ironie, wenn die Vetternwirtschaft in Bollywood ins Visier genommen wird. Man bekommt einen Einblick in das Haifischbecken der Filmindustrie, wo du ohne Beziehungen ein Niemand bist, aber auch der Zufall eine große Rolle spielt. Als Zuschauer sollte man schon einige Jahre und Hindifilme Erfahrung mitbringen, um die Handlung richtig nachvollziehen zu können. Alle naselang tauchen bekannte Gesichter auf, Schauspieler und Regisseure, Anspielungen werden gemacht, mit Fachjargon um sich geworfen. So liest sich die Liste der Gaststars, die sich hier die Klinke in die Hand geben, wie das Who’s Who des Hindifilms. Aamir Khan, Abhishek Bachchan, John Abraham, Ranbir Kapoor, Vivek Oberoi, Akshaye Khanna, Javed Akhtar, Karan Johar, Manish Malhotra, Mac Mohan, Anurag Kashyap, Rajkumar Hirana, Kareena Kapoor, Rani Mukherjee, Shabana Azmi und Dia Mirza. Shah Rukh taucht als er selbst gegen Ende des Films auf und gibt Vikram einen wichtigen Rat, was die Bedeutung von Freunden anbelangt, die dich schon kannten, als du noch ein Niemand warst. Sie sind nämlich die, die immer ehrlich zu dir sein werden. Diesmal ein gelungener Gastauftritt an genau der richtigen Stelle, der zur Handlung passt.

Aber auch die Riege der eigentlichen Akteure des Films von Zoya Ahktar (Tochter von Javed und Schwester von Farhan), der von Farhan Akhtar produziert wurde (auch Luck By Chance ist also eine Familienangelegenheit, wie man sieht), ist beeindruckend. So tauchen neben den oben genannten noch Juhi Chawla und Boman Irani auf. Doch sie alle sind perfekt besetzt. Sei es (Regisseur) Farhan Akhtar, der hier nach Rock On! seinen zweiten Ausflug vor die Kamera gekonnt hinlegte, Hrithik Roshan, der wunderbar den Star in einer Identitätskrise spielte, Rishi Kapoor, der hier absolut überzeugend den leicht überdrehten Senior mimt, Dimple als alternde Diva, die als Ersatz ihre Tochter ins Rampenlicht drängt oder all die Gastrollen, keine Rolle dient als Egotrip, sondern rein der Darstellung eines bestimmten Typus in der Filmindustrie. Besonders erwähnen möchte ich Konkona Sen Sharma, die hier eine beeindruckende Leistung hinlegt und mich von allen Figuren am meisten berührt hat. Vor allem, das sie sich nicht für alles hergibt, nur um berühmt zu werden, sondern sich einen Rest Stolz bewahrt hat und sich zum Schluss mit dem glücklich wird, was sie erreicht hat. Es kann eben nicht jeder ein Superstar werden.

Bereits der Vorspann ist eine wunderbare Einleitung in diesen Film über die Filmindustrie, der Zuschauer bekommt die verschiedensten Tätigkeiten an einem Set zu sehen und wird so zur Thematik hingelenkt. Bereits Vikrams Einführung vor der Kulisse einer Schauspielschule ist schon mit dem ersten Spruch des Lehrers, ein Bollywoodschauspieler müsse im Gegensatz zu Hollywood neben schauspielern auch Tanzen, Flirten und Kämpfen können, zeigt erste Wahrheiten auf. So dürfen wir Farhan dabei zuschauen, wie er probt, sich als Held zu präsentieren, und das sehr gekonnt. Der Mann ist halt nicht nur ein Klasse Regisseur, sondern auch ein guter Schauspieler, und er hat eine Menge Charisma. Er spielt seine nicht immer sympathische Figur so überzeugend, dass man oft nicht weiß, ob man sie nun mag oder nicht. Außerdem mag ich einfach seine Stimme.

Der Film ist bis in die Nebenrollen einfach perfekt besetzt. Rishi Kapoor gefällt mir in seinen jetzigen Rollen richtig gut, vor allem, wenn er alles auf die Schippe nimmt. Die Figuren der alteingesessenen Insider sind herrlich lästerlich, die Newcomer interessant und bieten sich zum Mitleiden und Daumendrücken an. Der handwerklich gut umgesetzte Film mit seinen starken Bildern unterhält trotz kleiner Längen sehr gut, regt zum Nachdenken an, bietet öfters mal einen Aha-Effekt, lässt uns schmunzeln, aber auch am Ende ein kleines Tränchen vergießen.

Die Musik von Shankar-Ehsaan-Loy kommt mit ein paar richtig guten Liedern daher. Das beginnt schon mit dem oben erwähnten Vorspann, eingewebt in eine wunderbar melodische Ballade, die das Zeug zum Ohrwurm hat. Besondere Beachtung verdient auch Baawre, der als typischer Bollywoodsong eingebaut ist, bunt, überdreht und mit einem Hrithik, der sich selbst nicht ganz so ernst nimmt.
Dieser interessante Film entfaltet seinen Charme sicher erst, wenn man schon ein wenig in die indische Filmindustrie reingeschnuppert hat, ist aber auch für Neulinge sehenswert, die so schon mal aufgeklärt werden, was es mit der schönen bunten heilen Welt Bollywoods so auf sich hat.