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Mit Fan bringt uns Shah Rukh Khan dahin zurück, wo er düstere Charaktere spielte, und wo er uns seinen Schmerz und seine Leidenschaft spüren ließ. Von Maithili Rao

Es ist selbstverständlich, daß Narzißmus dazu gehört, ein Star zu sein – und das Ruhm mit der Verehrung von Fans genährt werden muß. Ohne den Fan kann es keinen Star geben. Subversion hebt überrascht ihren Kopf, wenn die sich gegenseitig stärkende Star-Fan Abhängigkeit von einem Star-Schauspieler erschüttert wird, der bereit ist, sein Image zu riskieren. Ist es ein kalkuliertes Risiko, verwurzelt in Arroganz, törichter Tapferkeit oder schiere Chuzpe? Könnte es sogar die Wiederauferstehung des reinen Schauspielers sein, um den ermüdenden Darsteller zu verbannen, der sich ständig in Albernheiten wie Dilwale und Happy New Year wiederholt?

Shah Rukh Khan fordert uns heraus, diese unbequemen Salven abzufeuern – auf ihn, als Bollywoods Badshah, und auch das Phänomen des Ruhms, die unbehagliche Massenpsychologie, die die Verlagerung der Loyalität der Fangemeinde eines Stars hervorruft, und auch auf uns als Gesellschaft, die die Linie zwischen Fan und Fanatiker verwischt. Wäre es überspitzt zu sagen, daß Filmstars die einzigen populären Ikonen in unserem Land sind, zusammen mit einigen auserwählten Kricketspielern? Es ist kein Wunder, das diese Verehrung häufig in Anbetung umkippt, in einem Land, das reichlich ausgestattet ist mit Göttern und Göttinnen für jede persönliche Vorliebe. Warum dann das sanft gleitende Boot des Superstar mit einem subversiven Fan erschüttern, der ihm um die Ohren fliegen könnte? Als Publikum sind wir notorisch resistent gegen ausgefallene Thriller mit dunklen Zwischentönen, die unverschleiert daherkommen, ohne die Placebos einer herkömmlichen Romanze. Es ist ein dunkler, prüfender Blick auf eine Beziehung, die schrecklich schief geht, als der verschmähte Fan zum unversöhnlichen Feind wird, um seinen gefallenen Gott eine Lektion in normaler Höflichkeit zu erteilen, die er als ihm rechtmäßig zustehend erwartet.

Gaurav Chandna ist ein unvergeßlicher Charakter, der von der Euphorie in die Verzweiflung stürzt. Er fällt steil von einem engelhaften Nachbarsjungen, der seine geliehene Identität als Aryan Junior voll auskostet, stellvertretend durch Nachahmung seines Idols lebt, zu einer unzulänglichen, fehlbaren, tragischen Figur. Regisseur Maneesh Sharma ließ von Faisal Habib einen tiefen, detaillierten Charakter schreiben. Habib und sein Dialogschreiber Sharat Kataria erfassen die Nuancen des Dilli Dialekts – der Subkultur einer Kolonie der unteren Mittelschicht – runter bis zum letzten Tonfall. Mit der Hilfe von Prothetik, um ihn wie einen pausbäckigen (aber mit den Grübchen) Jungen mit etwas hervorstehenden Zähnen aussehen zu lassen, erschafft sich SRK mit derart wahren Elan neu, der die Vortäuschung in den vielen Blockbustern entlarvt, die er so regelmäßig abgespult hat. Als Aryan Khanna, den von einem anmaßenden Neuling bedrohten alternden Superstar, spielt SRK im wesentlichen sich selbst, in allem bis auf den Rollennamen.

Als der ältere Mann, der rücksichtslos vorgeht, um Gaurav eine Lehre zu erteilen, was man tut und was nicht, scheut sich SKR nicht davor, eine ziemlich häßliche, kalkulierende Seite zu offenbaren, selbst wenn es gedacht ist, den irregeleiteten jungen Mann auf den richtigen Weg zurückzubringen. Der Übergang ist nahtlos: von der glatten Kultiviertheit zur unbeholfenen Selbstgefälligkeit, Elemente des nervösen, besessenen Stalkers aus Baazigar, Darr und Anjaam in der beschädigten Unschuld des Doppelgängers wiederholend. Das hilft uns, einige der überspannten Handlungspannen in der zweiten Hälfte zu übersehen, weil die Konfrontation zwischen dem Original und seiner Kopie ein Triumph für den Schauspieler ist.

Fan bringt uns zurück zu dem herrlich krassen Rächer aus Baazigar und dem besessenen Lover aus Darr. Sie werden sich wieder einmal der Transformation eines Stars in jedermanns Lieblings Lover Boy bewußt, der für zwei Generationen die Romantik definierte. Dann kam die ernsthafte, ergreifende Aufrichtigkeit von Swades, wo er uns wieder mit der Wirklichkeit des ländlichen Indiens bekanntmachte, während er seine eigene lebensverändernde Entdeckung machte. Es war ohne jeden Manierismus, an den wir uns gewöhnt haben und sogar als Teil der Leinwand Persona akzeptierten, die Charme in Megawatt ausstrahlte.

Kundan Shah brachte in Kabhi Haan Kabhi Naa die Verletzlichkeit eines von seiner Familie als Versager abgestempelten Jugendlichen und seine Versöhnung mit dem Scheitern heraus. Das war ein Charakter, den wir schätzten und mit dem wir uns identifizierten. Was Chak De! India angeht, so war SRK’s Kabir Khan ein miesepetriger und harter Zuchtmeister, der eine inspirierende Figur mit der Angst der persönlichen Erlösung auskleidete. In Bezug auf My Name Is Khan war SRK kühn genug, um vor Indien und der Welt draußen eine Erklärung abzugeben, daß eine muslimische Identität nicht gleichbedeutend mit Terrorismus ist, lange vor der Intoleranz Debatte.

Ein anderes, oft übersehenes Attribut von SRK’ s öffentlicher Persona ist sein selbstabwertender Witz, der häufig mit seinen ständig wiederholten Behauptungen koexistiert, der Beste zu sein. Chennai Express war hirnlose Unterhaltung, doch es hatte Teile, die SRK’s Raj-Rahul Avatare spöttisch Anerkennung zollten. Diese Selbstbezogenheit ist clever: es veräppelt annehmbar eine feingeschliffene Stereotype und bekräftigt dennoch seine kontinuierliche Gültigkeit. Von dieser sicheren Sitzstange zum bewundernswerten Mut von Fan war es brillant von SRK und dem Team, das den Film bis an die Grenze gehen ließ, wenn es darum geht, die symbiotischen Beziehung zwischen einem Superstar und seinem Fan zu überprüfen. Es geht über die clevere Wendung des Original vs Doppelgänger Thriller Genres hinaus. Es gibt einen ehrlichen Ansatz, die Psychologie des Fans zu untersuchen, der so von seinem Idol besessen ist, daß er es zufrieden ist, als Kopie zu leben und Identität und Erfolg in der Nachahmung des Stars zu finden. Fan räumt der Kopie Vorrang ein und fährt auf der Annahme, daß wir sowohl die öffentliche Persona als auch den Privatmann unter dem Superstar Phänomen kennen.

Es ist nicht das erste Mal im Hindi Film, daß ein Star sich selbst gespielt hat, oder das Regisseure die Beziehung zwischen Fan und Star erforschen. Hrishikesh Mukherjee verkleidete in Guddi eine nicht moralisierende, onkelhafte Lektion in der Herzlichkeit seines vertrauten Humors, als er einen bescheidenen, zurückhaltenden Dharmendra den Betrug aufdecken ließ, der den Heroismus eines Stars in den Mittelpunkt stellte. Amitabh Bachchan hat sich in vielen Filmen selbst gespielt, mit der beruhigenden Dignität, die wir mit ihm assoziieren.

Bachchan’s Anwesenheit als er selbst war der Schlüssel zu Anurag Kashyap’s Murabba, die Kurzgeschichte, die zum Quartett Bombay Talkies gehörte. Kashyap zeigt die generationelle Hingabe einer kleinstädtischen Familie zu Bollywood Stars – der Großvater, der Dilip Kumar Honig schickt und der Vater, der seinen Sohn mit Murabba für Bachchan nach Mumbai schickt. Ähnliches findet sich in Ram Gopal Varma’s Masti, wo ein junger Mann von zuhause wegläuft, um die Schauspielerin seiner Träume zu treffen, und die ausgenutzte Waise hinter dem bezaubernden Star rettet. In einer reizenden Nebenhandlung findet er ein Poster von Rekha hinter der Schranktür seines ablehnenden Vaters – als Hinweis, daß jede Generation seine Traumikone hat, um im Geheimen angebetet und ersehnt zu werden. Der Unterschied ist, das die männlichen Schauspieler diese gefährliche Raserei und Eifer erwecken, die auf eine Identifizierung mit dem Star hinausläuft – eine der Heldin nicht gewährte Anbetung. Ist das, weil die männliche Fangemeinde von der Schauspielerin als Objekt der Begierde fantasieren und es stellvertretend erfüllen kann, indem sie sich mit dem männlichen Helden identifizieren? Das zu erforschen ist etwas für Sozialwissenschaftler.

Das bringt uns zu einem anderen damit verbundenen Thema. Im Gegensatz zu dem in Telugu und Tamil Kino so offensichtlichen Phänomens des Stars, der in die Politik geht, warum ist das nicht auf dem Level des panindischen Hindi-Kinos geschehen? Anders als die Kohäsion von Sprache und Ethnizität beim regionalen Kino, soll der Hindi-Filmheld an ein Publikum in ganz Indien appellieren, daher müssen identifizierbare Kasten und Regionalmarker verwischt, wenn nicht überhaupt abgeschafft werden. Ich hatte das Glück, bei Prof. S.V. Srinivas’ (Azim Premji Universität) lebhafter Präsentation der Fanclubsysteme der Telugu Superstars NTR, Chirvanjeevi und Pawan Kalyan, anwesend zu sein – die hypnotische Rhetorik ihrer Reden (besonders NTR), die hysterische Reaktion auf die Präsenz ihres Idol auf und neben der Leinwand, gefolgt von der Analyse der Kastendynamik. Alle drei haben auf der Basis ihres Leinwandimages und Kastenverhältnisse eine politische Karriere aufgebaut.

Glücklicherweise oder nicht sind die Fans von Bollywood Helden nicht so gut organisiert. Sie sind sehr sichtbar, dennoch unorganisiert und verbreitet. Es gibt auch keinen Versuch von Seiten der Stars, sie für irgendeinen politischen oder auch persönlichen Vorteil aktiv werden zu lassen. Amitabh Bachchan verbrannte sich die Finger nach einem kurzen Flirt mit der Politik – mehr aus persönlicher Loyalität gegenüber Indira und Rajiv Gandhi – und das scheint als warnendes Beispiel für andere gedient zu haben. Die Star MPs und MLAs sind Leichtgewichte – einschließlich des unverwüstlichen Shatrughan Sinha – und werden bei Wahlveranstaltungen pflichtbewußt vorgeführt. Ist das noch ein weiterer signifikanter Marker, der Norden und Süden teilt?