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Jan 19, 2017

Shilpa Jamkhandikar

Es ist nach Mitternacht und Shah Rukh Khan ist noch immer nicht mit den Promotions für seinen neuen Film „Raees“ durch. Der notorisch nachtaktive Bollywood Star hält nichts von Interviews mitten in der Nacht, aber es kann eine echte Tortur für Journalisten sein, die zu normalen Zeiten arbeiten.
Khan, einer der größten Bollywood Stars, hat weltweit eine loyale Fangemeinde. Die Aura hat nicht abgenommen, obwohl seinen letzten paar Filme nicht so gut liefen. „Raees“ kommt nächste Woche in die Kinos, in dem der 51-jährigen Schauspieler einen gewieften Verbrecher spielt, der sein Vermögen als Schmuggler macht.
Khan sprach mit Reuters über den Druck in Bollywood, einen Hit zu liefern, seine Wahl an Filmen und warum Filme die Welt nicht verändern können:


Es ist eine Weile her, seit einer Ihrer Filme ein Massenunterhalter gewesen ist, der die Branche begeistert hat. Wäre es angemessen, das über „Raees“ zu sagen?
Wenn Sie nach dem Regisseur (Rahul Dholakia) gehen, dann nein. Er ist kaum ein Massenun-terhalter. Er macht normalerweise sehr bedeutungsvolles Kino. Es ist überraschend, wenn die Leute denken, daß es ein Film für die Massen ist, weil ich nie geplant habe, einen massen-tauglichen Film zu machen. Ich passe nicht in dieses Genre, denke ich. Vielleicht ein „Chennai Express“, ich werde Comedy beifügen müssen, um es massentauglicher zu machen, aber ich habe nie einen solchen Film gemacht. „Baazigar“ wurde es vielleicht, doch das war nie die Absicht.
Es wäre falsch von mir zu sagen, daß er bedeutsamer ist als ein Film für die Massen. Ra-hul schreibt ein vielsagendes Kino. Aber ja, die Kombination sollte ein Film sein, der be-deutungsvoll ist und dennoch populär wird. Vielleicht hat er mich deshalb besetzt, und holte sich Excel, um ihn zu produzieren. Er war bereit zu sagen, ich schreibe einen reali-stischen Film, aber ich denke, daß er dann eine viel größere Reichweite hat als es nur realistisch zu halten. Er spielt in den 80er und 90er Jahren, daher versuchen wir, die Ära, den Look, die Musik usw. einzufangen. Wenn es ein reiner Film für die Massen wäre, wären wir vielleicht nicht so ins Detail gegangen. Ich hoffe, daß er sich als diese Kombi-nation herausstellen wird – daß jemand, der bedeutungsvolles Kino sehen will, etwas davon mitnimmt, und jemand, der sich nur gut unterhalten und viele Stellen haben will, um zu pfeifen, sich auch amüsiert.

Lastet auf Ihnen als einem der größten Stars Indiens der Druck, Filme zu produzieren, die viel Geld einspielen? Belastet Sie das?
Ehrlich gesagt, nein. Ich habe nie angefangen, als Insider zu denken. Ich komme von draußen – ich weiß nicht, wie man das macht.

Sie sind aber schon lange genug hier.
Ja, aber ich konnte mich immer noch nicht davon überzeugen, daß ich weiß, wie man das macht. Wenn ich so gedacht hätte, dann hätte ich viele Filme nicht gemacht, die andere Schauspieler ablehnten, wie „Darr“ oder „Baazigar“. Ich hatte das große Glück, daß die Leute gerüstet waren und der Film auf eine Art und Weise gemacht wurde, daß er die Leute auf beiden Seiten überzeugen konnte. Daß er anders war und dennoch ein popu-lärer Film. Deshalb ringe ich immer darum, diese Balance zu wahren. Dazwischen gibt es Momente, wo ich einen überlebensgroßen, provokativen Sommer Blockbuster machen will und ich genieße auch das. Weil Farah Khan aus diesem Bereich kommt, kann sie keinen subtilen Film machen. Sie will einen unbeschwerten Feiertagsfilm machen. Aber ich mache es dennoch nicht sehr massentauglich. „Happy New Year“ ist nicht völlig mas-sentauglich – er hat dennoch all die Insignien eines erfolgreichen Films an einem Feier-tag. Ja, ich würde gerne einen großen Hit machen – als Schauspieler, als Produzent. Aber es ist nicht an mir, Filme so zu entwerfen.

Gibt es Leute ringsum, die sagen, daß Sie diesen großen Hit machen sollten?
Leute um mich herum? Es gibt Leute, die nicht mal um mich herum sind, die mir heutzutage auf Twitter erzählen, was zu tun ist (Lacht). Jemand sagte mir kürzlich, wann der Film zu veröffentlichen ist, welcher Trailer als nächster rauskommen soll usw. Es gibt viele Leute, die mir viele Dinge erzählen und ich respektiere sie, weil sie nicht wissen, was ich tue. Ich bin lange genug in diesem Geschäft, um meinen Knochen zu kennen, um daran zu nagen, ihn zu begraben, rauszuholen und wieder daran zu nagen. Ja, ich werde damit richtig liegen und falsch liegen, aber ich bin der letzte, der wissen wird, wo ich richtig lag oder falsch. Deshalb erwarte ich nicht, daß jemand anderer es weiß.
So seltsam wie es klingt, auch wenn es nur ein Film ist, ist es dennoch ein kreativer Pro-zeß. Und wenn Sie es seit 25 Jahren tun, versuchen Sie immer, eine Nuance zu finden, die sich vom letzten Mal unterscheidet. Vielleicht werden Nuancen nicht von jedem be-merkt, und das ist ganz okay so. Ich erwarte nicht, daß jeder meinen Job kennt. Ich glau-be, daß ich am besten weiß, was ich tun sollte, mit meinem begrenzten Talent und Wis-sen. Was die Leute angeht, die mir erzählen, was ich zu tun habe, höre ich jedem zu und sage vielen Dank.

Bei dem Versuch, diese Balance zu finden, wie fühlt es sich an, wenn ein Film wie „Fan“ durchfällt?
Wenn ich nicht versage, wer dann? Und ich kann es mir leisten zu versagen. Für jemanden, der nicht in meiner Position ist, kann ein Fehlschlag das Ende der Karriere bedeuten, aber nicht für mich. Aber ja, es fühlt sich sehr schlimm an und nicht nur, weil mein Film durchfiel. Es liegt daran, daß eine Menge Leute mit dem Film verbunden waren, die ihre Hoffnungen auf mich setzten. Sie alle zu enttäuschen, fühlt sich schrecklich an. Ich weiß eigentlich nicht, wo wir etwas falsch machten.
Mißerfolg und Erfolg sind vergänglich. Und wenn Ihnen so viel gegeben worden ist wie mir im Laufe der Jahre, können Sie eine große Summe verlieren, ohne den Verlust auch nur zu spüren. Ich habe als Schauspieler so viel mehr zu geben, auch mir selbst.

Was hat Ihre Wahl der Filme im Laufe der letzten paar Jahre beeinflußt?
Nur die, die mir angeboten worden sind. Ich habe nie einen Film für mich selbst konzipiert. Die Regisseure kommen zu mir und fragen mich, was ich tun möchte und ich sage ihnen, „Sie sagen mir, welchen Film Sie machen möchten.“ Das ist der Job eines Schauspielers. Sie müs-sen nicht immer daran glauben, was der Regisseur glaubt, aber Sie müssen andere davon überzeugen. Verkaufen Sie den Traum, Sie verkaufen den Charakter. Das ist es, was ein Schauspieler macht. Meine Auswahl rührt grundsätzlich von der Gemütsverfassung her, in der ich mich befinde.
Manchmal müssen Sie eine geschäftliche Logik in einigen der Filme finden, aber das kommt, nachdem ich den Film gewählt habe. Der Film an sich wird nicht auf dieser Basis gewählt. Wie in „Dear Zindagi“, wir produzierten ihn auch, daher wußten wir, daß wir ihn nicht zu teuer machen konnten, weil er ein Nischenfilm ist und nicht als ein Shah Rukh Khan Film verkauft werden kann. Also machen wir ihn nicht im Maßstab eines Shah Rukh Khan. Jetzt gibt es den Film von Imtiaz Ali, eine Liebesgeschichte mit seinen Ecken und Kanten. Die Geschäftsleute sagten, ‚es ist alles da – als kommerzieller Film und als Film, der anders ist, also gehen wir aufs Ganze.‘

Es gab einige, die sagten, daß „Dilwale“ aufgrund Ihrer Kommentare zu Intoleranz beeinträchtig worden sein könnte. Glauben Sie das? Und was bedeutet das für einen Schauspieler wie Sie?
Ich denke, daß ein Film nicht erfolgreich ist, weil der Film nicht gut genug ist. Wenn das, was Sie sagen, wahr ist, dann gibt es eine Menge Stars im Westen, die einige wirklich seltsame Dinge in Ihrem Privatleben machen, aber Sie mögen dennoch ihre Arbeit. Um auf Ihren zwei-ten Teil zu antworten, denke ich, daß die Leute jetzt zu sehr auf die Dinge reagieren. Ich ha-be auch begriffen, daß das nicht nur normale Leute ist, die eine Meinung haben und das Recht zu sagen, was sie fühlen, selbst Profis versuchen, Ihre Aussagen gemäß ihren Meinun-gen zu ergründen. Und das ist nicht schön. Wenn Sie eine Agenda haben, um diesen Artikel zu schreiben, können Sie nicht einen Teil von mir als Teil Ihrer Agenda verwenden, weil ich kein Teil dieser Agenda sein kann. Ich gebe nur ein Interview. Jeder befindet sich auf der Spirale, etwas zu sagen und sehr wenig zu meinen. Ich will nicht herablassend sein und halte allen einen Vortrag.
Sie können nicht vorgefaßte Ansichten von Leuten haben, nur, weil er ein Filmstar ist, muß er seine Seele verkauft haben. Sie müssen die Leute durchschauen, genug Spiel-raum geben und aufhören, zu reagieren. Uns geht es nur noch um Retweets und Trends. Uns geht es nicht länger um Menschen, Gefühle und Gespräche.

„Raees“ ist wegen der Proteste gegen pakistanische Schauspieler in den Nachrichten gewesen. Was denken Sie ist die Lösung, daß Künstler von jenseits der Grenze hier arbeiten können?
Sie bitten mich um Lösungen für internationale Probleme? Ich habe keine Lösung dafür. Ich bin nur ein Schauspieler. Wenn irgend jemand anders eine Lösung hat, möchte er bitte vor-treten. Ich bin nicht hier für Lösungen. Ich bin hier, um Sie zu unterhalten. Ich habe drei Din-ge zu tun. Erstens, zu versuchen, einen guten Film zu machen. Zweitens, jeden über den Film zu informieren, und drittens, sicherzustellen, daß jeder, der kommt, um ihn zu sehen, ein erfreuliches Erlebnis hat. Wenn ich diese drei Dinge nicht anbieten kann, versage ich in mei-ner Aufgabe als Filmstar seit 25 Jahren.
Wenn Leute mich fragen, ist dieses richtig oder falsch – das ist die augenblickliche Situation. Und ich bin nicht hier, um die aktuelle Situation zu ändern. Ich bin ein Entertainer und ich soll Sie in dieser Situation glücklich machen. Lösungen dafür, jemand wird sie finden. Und wenn sie sie finden, werden sie es mir erzählen. Ich bin nicht hier, um Probleme zu lösen. Ich wäre töricht zu glauben, daß ich durch meine Filme was ändern werde. Es gibt Leute, die glauben, daß sie es können, Gott segne sie. Ich verstehe völlig, wenn Leute Partei ergreifen und sagen, daß das Kino die Welt verändern kann, und daß das Kino dies und das tun kann. Es sollte dies nicht. Es sollte die Welt widerspiegeln, in der wir uns befinden. Ein Buch kann die Welt nicht ändern. Es kann die Welt widerspiegeln, in der wir leben. Es kann Sie anregen, raus zu gehen und die Welt zu ändern. Aber ein Film kann Ihre Welt nicht ändern. Dafür ist er nicht bestimmt. Sie geben ihm viel größere Perspektive und Verantwortung. Und Filme stehen nicht nur für Botschaften, sie dienen auch der Unterhaltung.