Shakti ist ein äußerst brutaler Film, der so gar nicht den üblichen Klischees entspricht und mit seinen so unmittelbar und echt wirkenden Bildern höchst verstörend auf den Zuschauer wirkt. Nicht ohne meine Tochter auf indisch, nur das es hier ein Sohn ist. Leider wird der Film meistens auf den Auftritt von Shah Rukh Khan reduziert, und das hat der Film in seinem hehren Versuch, ein brisantes Thema aufzugreifen, einfach nicht verdient.

Nandini (Karishma Kapoor) wird in Amerika von ihren beiden Onkeln in behüteter Umgebung aufgezogen. Sie lernt Shekhar (Sanjay Kapoor) kennen, sie verlieben sich ineinander, heiraten und bekommen einen Sohn, Raja. In diese Familienidylle platzt die Nachricht blutiger Unruhen in Shekhars Heimat Bihar. Aus Sorge um seine Mutter und ohne Nandini mit seiner nicht ganz normalen Familiengeschichte vertraut zu machen, fliegt er mit ihr und dem Sohn nach Indien. Dort lernt Nandini plötzlich und unvorbereitet eine ganz andere Welt voller Gefahren und Brutalität kennen, dessen Mittelpunkt ihr charismatischer, aber sadistischer Schwiegervater Narasimha (Nana Patekar) ist, der Vater ihres Mannes, den sie hier kaum wieder erkennt. Sie erfährt, das die Familie ihres Mannes seit Generationen eine blutige Fehde gegen eine andere Familie führt, die immer wieder Opfer auf beiden Seiten fordert und will eigentlich nur eines, mit ihrer kleinen Familie schnell wieder zurück in ihr normales, vertrautes Leben.

Doch Shekhar, der einst davor geflüchtet ist, wird wieder in diese Fehde hineingezogen und umgebracht. Damit ist Nandini und ihr kleiner Sohn dem dominanten Schwiegervater auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Er stellt sie vor die Wahl, sie kann bleiben oder zurückfahren, doch ihr Sohn bleibt als sein Erbe in Indien. Traumatisiert nimmt die verzweifelte Frau den Kampf gegen Narasimha auf, ihre einzige Hilfe dabei ist der Herumtreiber Jai Singh (Shah Rukh Khan), der scheinbar für Geld alles tut…
Shakti, weibliche Urkraft und Stärke der Frau und Mutter, soll hier unter den widrigsten Umständen dargestellt werden, schafft es aber nicht ganz. Gezeigt wird die quälende Ohnmacht der unterdrückten Frauen in einem von Gewalt dominierten Umfeld, in dem nicht mal Polizei und Staatsgewalt etwas zu sagen haben, was sie als gottgegeben hinnehmen. Da hinein platzt die Auslandsinderin mit ihrer ganz anderen Erziehung und Weltanschauung, die ihren Mann und Sohn vor all dem beschützen will. Der Verlust ihres Mannes und der drohende Verlust ihres Sohnes an die Erziehung zur Gewalt gibt ihr die Kraft aufzubegehren. Ihr Erleiden zahlreicher Demütigungen psychischer und physischer Natur wecken die anderen Frauen der Familie aus ihrer Lethargie, ihre Schwägerin opfert ihr Leben, um ihr die Flucht zu ermöglichen und selbst ihre Schwiegermutter begehrt endlich gegen ihren despotischen Mann auf und schafft es, zumindest ein rudimentäres Verständnis bei ihm zu wecken.

Der Film verzichtet auf das sonst übliche falsche Pathos und die Überheblichkeit der verlorenen Heimat Indien und zeigt einen krassen Kontrast der Lebensumstände und Anschauungen von Ost und West. Hier ist es nicht der böse Westen, der dem Helden Tod und Verderben bringt, sondern der Egoismus der Mutter, der ihn wieder zurück ins tödliche Chaos der Heimat zerrt. Als ihr das bewusst wird, versucht sie, ihren Enkel aus dieser Hölle zu befreien, um ihm eine unbeschwerte Kindheit und unbelastete Zukunft zu ermöglichen. Vereint triumphieren die waffen- und damit wehrlosen Frauen letztlich mit ihrer femininen Shakti über die auf Waffen basierende, und damit illusorische Macht der Männer. Aber ob sich nach Nandinis Abreise wirklich etwas ändern wird, bleibt fraglich.
Dieses bewegende Thema wurde zwar höchst dramatisch mit dem exzessiven Einsatz brutaler Gewalt umgesetzt, doch das Ende ist seltsam inkonsequent. Plötzlich lässt der Großvater die beiden gehen und tut so, als wäre nichts geschehen. Weit befriedigender und von der Handlung her logischer wäre es gewesen, wenn er genauso brutal den Tod gefunden hätte, wie er ihn ausgeteilt hat. Auge um Auge, hier hätte es gepasst.
Karishma Kapoor hat in dem Film außer zu laufen und mit großen erschrockenen Augen hysterisch zu schreien leider nicht allzuviel zu tun. Doch das macht sie überzeugend. Obwohl ich Sanjay Kapoor ganz gerne sehe, ist er zu blass in der Rolle und hinterlässt keinen bleibenden Eindruck. Nana Patekar kannte ich vorher nicht in solchen Rollen und war doch etwas erschrocken, wie eindrücklich bösartig er hier den psychotischen Despoten spielt. Er schafft es spielend, alle Antipathie auf sich zu ziehen, das man sich nur noch wünscht, seine gerechte Strafe möge ihn ereilen.
Shah Rukh. Mhm. Wieder so ein unlogisches Beispiel, wo mit aller Gewalt ein Star in einen ansonsten ordentlichen Film reingequetscht wird, um ihn kassentechnisch aufzuwerten. Doch das geht nach hinten los. Plötzlich taucht Humor auf, wo er nicht hinpasst. Ich liebe Ishq Kamina, aber der Song ist so was von deplatziert, das er den Fluss der Handlung nachhaltig unterbricht. Shah Rukhs Rolle als Deus ex Machina ist an sich sicher wichtig, aber in diesem Falle bei aller Liebe zu Shah Rukh leider fehlbesetzt. Allein durch seine Präsenz reißt er den Film an sich und lenkt damit vom Eigentlichen ab. Er gehört hier nicht hin, die Rolle ist zu überdehnt und viel zu laut und hektisch, aber: Keiner stirbt so schön wie er, so makaber das jetzt auch klingt. Und hier quasselt er quasi bis zum letzten Atemzug, man wird ihm wahrscheinlich noch auf dem Totenbett den Mund zukleben müssen. Und doch tat er mir wieder so leid, wie er da so ganz allein in der Wüste krepiert und dachte immer nur, nun ruft doch mal jemand einen Krankenwagen. Echt krank, das ganze und doch schon wieder Kult.

Gauri mochte ihren Mann gar nicht in dem Film und das ist schon fast ein Kompliment an den Schauspieler, denn in diesem abgerissenen Goonda steckt so gar nichts von seinem üblichen Charme, den die Zuschauer mögen. Somit ist Shah Rukh sicher auch mit ein Grund, warum das Publikum den Film abgelehnt hatte, da sie mit seinem Namen etwas ganz anderes in Verbindung brachten. Und das ist schade, denn auch das hat der Film nicht verdient.
Der Part von Aishwarya Rai hingegen geht als reines Cameo durch, sie ist einfach sie selbst und legt ja auch einen wirklich sexy und abgefahrenen Regensong mit Shah Rukh hin.
Der Film zieht den Zuschauer mit seiner Handlung, die weh tut, in den Bann. Man fragt sich unwillkürlich, gibt es wirklich noch Orte auf dieser Welt, wo es so zugeht. Vor allem für uns emanzipierte Frauen im Westen ist dass wirklich schwere Kost. Er ist sicher kein Film für jene, die das übliche leichte Geplätscher erwarten, als das man sich hier das indische Kino so vorstellt, in dem es aber auch solche Streifen gibt und auch geben muss.