Kanan Divecha

Seine Filme sind seine Visitenkarte. Als Filmemacher passt er in die Parameter eines kreativen Genies, eine Ehre, die Größen wie den verstorbenen Raj Kapoor (Mera Naam Joker, Prem Rog usw.), Mehboob Khan (Mother India), Guru Dutt (Kaagaz Ke Phool), Kamal Amrohi (Paakezaah), Bimal Roy (Devdas) erwiesen wurde.

Sanjay Leela Bhansali. Ein Name, gleichzusetzen mit Vorstellungskraft, einem hervorragenden visuellem Gespür und der stilisierten Darstellung eines Lebens in all seinen Schattierungen – Kummer, Pathos, Romantik, Liebe, Heiterkeit…
Zuerst war es ein realitätsnaher Khamoshi – The Musical, der alle aufhorchen und genau hinschauen ließ. Dann war es die grandiose Liebessaga Hum Dil De Chuke Sanam, die durch die Empfindlichkeiten des Publikums auf der ganzen Welt fegte.

Und jetzt ist es Devdas.

Der Devdas des berühmten bengalischen Romanschriftstellers Sarat Chandra Chatopadhyay. G. C. Barua‘ Filmversion Devdas (mit K.L. Saigal in der Hauptrolle). Bimal Roy‘s Meisterwerk Devdas (mit Dilip Kumar, Suchrita Sen, Vyjayanthimala in den Hauptrollen). Und jetzt Sanjay Bhansali‘s Devdas.

Warum entschied sich Sanjay für Devdas? „Devdas war nicht nur der meistgelesene Roman. Jedes Herz berührend, hatte er eine Nationalbewegung in der indischen Literatur nach sich gezogen. Ich war keine Ausnahme. Devdas war eine Geschichte, die unermüdlich in meinem Hinterkopf haften blieb.“

Um Sanjay Leela Bhansali’s Devdas zu verstehen, ist es unbedingt erforderlich, den Roman von Saratbabu und Bimal Roy’s Schilderung des legendären Helden zu verstehen. Bei Devdas geht es um ein Fest des Pathos. Es geht ums Lieben, Verlieren und niemals wieder Lieben. Devdas dreht sich um Leidenschaft, um Besessenheit, die sich bis hoch zur Aufopferung entwickelt und schließlich in fataler Zerstörung endet. Mental, physisch und seelisch.

Devdas. Er ist hoffnungslos in Paro verliebt und sie in ihn. Doch eine Heirat gibt es nicht für sie. Sie sind beide Brahmins, gehören aber unterschiedlichen Konfessionen an. In jener Zeit galt es als Sakrileg, wenn jemand außerhalb seiner Konfession heiratete. Daher heiratete Paro einen viel älteren Witwer mit erwachsenen Kindern. Und Devdas? Er bleibt zurück, seine emotionalen Wunden leckend.

Das Leben wird für Devdas zur Hölle auf Erden. Alles, wofür er nach Paro’s Hochzeit lebt, ist zu sterben. Der Schmerz, die Leere, der Mangel an Lebenswillen, sind in der berührenden Szene spürbar, wenn ein gequälter Devdas (Dilip Kumar), nachdem er sich in Alkohol ertränkte, zu Chunnilal (Motilal) sagt – ‚Usne shaadi ka raasta apna liya aur maine barbaadi ka‘, oder wenn er sich bei einer besorgten Chandramukhi (Vyjayanthimala) beklagt, ‚Kambakht kaun bardaash karne ke liye peeta hai‘.

Es ist sein extravaganter Freund Chunnilal, der ihn mit dem seidenen Pfad bekanntmacht, um der brennenden, schmerzhaften Abwesenheit von Paro in seinem Leben zu entfliehen. Aber weder Alkohol noch das Tanzmädchen (Chandramukhi) heilen Devdas von seinem miserablen Verlust. Es zerrt ihn vielmehr schneller zu seinem Ziel – dem Tod an der Schwelle seiner Paro! Und dort endet der Film.

Mit Bimal Roys Devdas wurde Dilip Kumar ein König der Tragödie, und Devdas wurde ein Kultheld. Die legendäre Schönheit Suchrita Sen als Paro wurde als Nonplusultra betrachtet – unverdorben, rein, fast göttlich – in ihrer Hingabe gegenüber Devdas und dennoch ihrem Mann und seinen Kindern verpflichtet. Vyjayanthimala’s tadellose Darstellung als Chandramukhi und ihrer selbstlosen Liebe zu Devdas brachte ihr den Respekt ein, den wenige Schauspielerinnen ihrer Zeit erhielten. Und Motilal? Er hauchte Chunnilal auf die Weise Leben ein, wie es kein anderer hätte tun können. Ein Anflug von Leichtsinn, eine Prise Extravaganz… nur Motilal konnte es mit Kompetenz umsetzen und Chunnilal somit in einen sympathischen Ayaash (Lebemann?) verwandeln!

Sanjay Leela Bhansalis Devdas ist ein Remake des Klassikers nach 47 Jahren. Das ist fast ein halbes Jahrhundert, nachdem er gedreht und bejubelt wurde und als Klassiker in der Geschichte des Hindikinos einging. Und doch sind heute alle Augen auf den Devdas des 21. Jahrhunderts gerichtet.

Kritiker haben sich gefragt, ob Sanjay beim Original geblieben ist. Hat er Devdas, Paro, Chandramukhi, Chunnilal wie im Roman dargestellt? Dazu gibt es ein Ja und ein Nein.

Sanjay Bhansalis Devdas ist ein vermögender, protziger, unpraktischer, impulsiver, intensiver Inder, der aus London zu seinen Wurzeln zurückkehrt. In dem Roman ist Devdas jedoch ein normaler bengalischer Brahmane der Mittelschicht, ohne weltliche Neigungen jeglicher Art. Auch Paro weicht vom Original ab, insofern das sie reich, arrogant, stolz und dickköpfig ist – weit entfernt von der sittsamen, würdigen, leise sprechenden, attraktiven brahmanischen Schönheit aus der bengalischen Mittelschicht, wie sie im Roman porträtiert wird.

Bimal Roys Devdas entsprach dem Geist des Buches. Rinki Bhattacharya, die Tochter des verstorbenen Bimal Roy, sagt, „Zu der Zeit, als der Roman geschrieben wurde (1917) und die Zeit, in der mein Vater den Film drehte (1955), war das Thema Kaste und Klasse glühend heiß. Mein Vater blieb dem Original treu. Selbst die Dialoge waren dieselben. Daher ist die Tragödie, die Saratbabu in seinem Roman porträtierte, auch im Film meines Vaters sehr überzeugend.“

Interessanterweise wagt es Sanjay Bhansali, ein wenig vom Roman abzuweichen und abzuschweifen. Die Essenz und die Geschichte sind dieselbe, aber es gibt eine Liedverfilmung (Dola re dola) zwischen Paro und Chandramukhi, wo sie sich im Roman niemals trafen oder sich auch nur ihre Wege kreuzten! „Künstlern sollte eine gewisse filmische Konzession und Freiheit gewährt werden“, verteidigt Rinki. „Wenn Sanjay ein wenig abgeschweift ist, ist es sicher zeitbezogen. Das nur, weil Devdas ein Klassiker ist, die Überlieferung nicht geändert werden sollte, ist Unsinn.

„Wissen Sie, dass auch mein Vater ein wenig abschweifte? Im Roman trafen sich Chandramukhi und Paro niemals. Aber im Film zeigt er, wie sich ihre Wege kreuzen, wenn Chandramukhi zu Devdas‘ Dorf geht und Paro von einer Reise zum Haus seiner Ahnen zurückkehrt.

„Sehen Sie, wenn es während der Schaffung eine Eingebung gibt, vom Original abzuweichen, warum nicht? Geistige Höhenflüge können einen Künstler auf jegliche Höhen bringen. Man muss es nicht in Isolation, sondern im Kontext des ganzen Filmes betrachten.“

Der Branchenanalyst Amod Mehra denkt, dass die Liedverfilmung mit den beiden Frauen eine „absurde“ Idee ist. Er ist sich auch nicht allzu sicher, ob der Filmemacher das Sujet dermaßen modernisieren darf, dass der Film nach Opulenz riecht. Interessanterweise drückten selbst einige Kritiker, die Devdas bei den Filmfestspielen in Cannes sahen, eine massive Abneigung gegen die vulgäre und pompöse Darstellung von Grandezza aus. Und wenn den Gerüchten geglaubt werden kann, soll es angeblich viele gegeben haben, die nach der ersten Hälfte des Films sogar das Kino verlassen haben, weil sie die Logistik des Films geistig nicht ganz verarbeiten konnten!

Amod erklärt, „Erstens wurde der Roman 1917 geschrieben. Die beiden Verfilmungen wurden 1936 beziehungsweise 1955 gedreht. Zu dieser Zeit war Devdas ein zeitgenössisches Thema. Heute ist es ein Historienfilm. Dann waren die Leute in dieser Zeit in ihren Dörfern (wie in den früheren Filmen und im Roman gezeigt), Liebe war Tabu, sie sangen diese Art Lieder. Deshalb begann, als Bimal Roys Devdas rauskam, jedermann Devdas als Helden zu verehren. Er wurde eine Kultfigur.

„Heute aber haben sich die Generationen geändert, die allgemeine Einstellung zur Liebe und die Vorgehensweise der Menschen dabei sind anders. Der Jugend ist der gängige Begriff, der in den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern auf liebeskranke Männer angewandt wurde, nicht mal geläufig – ‚Arrey, kyo Devdas jaise lagta hai? ‚ Heute ist der Jugend nicht danach, Devdas zu werden. Die heutige Generation will mit der Ehe experimentieren, in jener Zeit war die Ehe eine Institution. Daher kann ich nicht wirklich sagen, ob die gegenwärtige Generation im Stande sein wird, sich mit Devdas zu identifizieren, der seinen Kummer in Alkohol ertränkte und letzten Endes an Paros Schwelle starb. Heute grenzt die gesamte Definition von Liebe an Gewalt. Die Jugend glaubt an das Werfen von Säure usw., wenn ihre Liebe verschmäht wird.“

Im Kommentar des Regisseurs in der Filmbroschüre für die Medien versucht Sanjay, den Gebrauch von großzügigen Sets, teuren Kostümen und atemberaubendem Interieurs zu begründen, das den Produzenten Bharat Shah enorme Rs 50-52 crore kostet, das Höchste, was bis dato jemals für irgendeinen Hindifilm ausgegeben wurde! Er erklärt, „Devdas, diese einfache Geschichte, hatte eine Seele, die so groß war, ich hatte das Gefühl, das dies ein Film war, der einfach noch mal mit einer Opulenz und Grandezza gemacht werden musste, die seinem wunderbaren Thema und Figuren gerecht werden würde… Es war ein Film, der in Musik und Tanz schwelgen wollte…“

Zu den Darstellungen. Shah Rukh Khans Darstellung des Kulthelden Devdas wird zweifellos mit der des Königs der Tragödie, Dilip Kumar, in Bimal Roys Version verglichen werden. Aishwarya’s Leinwandsinnlichkeit und Darstellungskraft als Paro muss die der legendären Schönheit Suchitra Sen erreichen. Madhuri’s tänzerisches Können und Leinwandpräsenz werden mit Vyjayanthimala’s verglichen. Und Jackie’s trunkenes Naturell wird mit der verglichen werden, die in der 1955er Version von Devdas von dem unnachahmlichen Motilal gespielt wurde.

Nach Sanjay Bhansali’s früherer Erfolgsbilanz als Regisseur bestehen kaum Zweifel, dass er die besten Darstellungen aus den Stars extrahiert haben wird. Nana Patekar und Manisha Koirala wurden für ihre herausragenden Leistungen in Khamoshi von der Kritik gefeiert. Aishwarya’s gesamtes Gleichung mit der Branche und den Medien änderte sich mit ihrer umwerfenden Darstellung in Hum Dil De Chuke Sanam. In der Tat öffnete der Film auch neue Türen für den Actionhelden Ajay Devgan, und Salman Khan verdrehte manchen Kopf mit seiner tragisch-komischen Rolle darin.

Die Fernsehpromos von Devdas sprechen Bände über den geschickten Umgang mit den Lieder und Sequenzen, sowohl von Shah Rukh Khan als auch Aishwarya. Jene, die einen kurzen Blick auf den Film geworfen haben, sagten vielmehr zuversichtlich, dass Devdas ein Meilenstein in der Karriere von Shah Rukh Khan sein wird. Dito Aishwarya! Aber wird Shah Rukh Khan mit Dilip Kumar‘s Brillanz als König der Tragödie in Bimal Roy’s Devdas mithalten können? Wird die Schönheit von Aishwarya dem ätherischen Charme von Suchitra Sen als Paro gleichrangig sein?

Wird Sanjay Leela Bhansali’s Devdas ein durchschlagender Hit in Indien und im Ausland sein? Amod Mehra erklärt, „Nun, wir können nur hoffen, dass er gut ankommt, weil die Branche im Moment dringend einen Hit braucht. Devdas wird aber definitiv einen sehr großen Auftakt haben – den größten, den die Branche in diesem Jahr gesehen hat.“
Wird Sanjay Leela Bhansali’s Devdas ein Klassiker werden? Wird er die Filmgeschichte neu schreiben, wie es Bimal Roy’s Devdas tat? Das wird erst die Zeit erweisen.