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Aug 26, 2018

Der Schauspieler Shah Rukh Khan betritt pünktlich um 21 Uhr das Studio 8­C im Filmcity Komplex in Goregaon, Mumbai, und widerlegt damit die Unpünktlichkeit, die man mit dem Star verbindet. In einem lockeren Interview mit ET spricht er über die Zukunft der Unterhaltung, die Lohnlücke in Bollywood, die Marken, die er bewirbt, die Dinge, die er liebt, die Bücher, die er liest — und das Alleinsein. Die einzige Frage, der er ausweicht, ist zur Me Too Bewegung, indem er behauptet, daß sein Manager ihm verboten habe, sich zu Kontroversen zu äußern. Bearbeitete Auszüge:

Das Unterhaltungsgeschäft ändert sich mit Streamingdiensten wie Netflix. Wie wird sich das in Indien entwickeln?
Die Welt wird sich ändern. Es gibt viele Filme, die keinen Platz im Kino finden — nicht, weil sie nicht gut genug sind. Die Lebensqualität hängt davon ab, imstande zu sein, zu tun, was man will, wenn man es tun will. Es geht nicht um ein großes Haus oder ein großes Auto oder Mitgliedschaft in einen großen Klub. Filme sollte man schauen können, wann und wie man will. Ich kann nicht rufen, ‘Sie schauen meinen Film auf dem Handy!’ Wenn Sie es so wollen, in Ordnung. Wenn Sie es größer mögen, schauen Sie ihn auf Ihrem Fernseher. Wenn Sie es noch größer mögen, gehen Sie ins Kino.
Netflix und alle anderen Plattformen werden bleiben. Sie geben vielen Youngstern eine Chance, die nicht wissen, wohin mit ihren kleinen Filmen. So steht mein Deal mit Netflix CEO Reed Hastings und Chefinhaltsmanager Ted Sarandos nicht nur auf dem Papier. Ich werde versuchen, Sachen für Sie zu machen, für die ich kein Kino finden kann, und ich bin nicht zu ichbezogen, um zu wissen, daß bestimmte Filme nicht im Kino laufen müssen. Auch die Kinos werden sich ändern. Es wird vielleicht mehr wie der Broadway sein, wo Filme sechs Monate laufen werden. Es wird ein 360­Grad Erlebnis sein; es wird 3D, holographische Sachen und mehr Interaktion geben. Es wird ein gemeinschaftliches Schauen sein, wie sich ein Spiel anzuschauen, wie in einen Freizeitpark zu gehen.

Ihre Kollegen wie Naseeruddin Shah, Irrfan Khan und Priyanka Chopra haben in Hollywoodfilmen gespielt. Würden Sie das als eine Option betrachten?
Sie müssen mich betrachten; ich kann sie nicht betrachten. Ich betrachte jeden Tag den Mond, aber ich greife nicht danach. Es begann mit Om Puriji und jetzt machen es Priyanka, Irrfan und so viele andere. Nawazuddin Siddiqui bekommt einige Filme. Amitji (Amitabh Bachchan) hat einige gemacht, auch Anupam Kher und das ist wunderbar. Mir ist jedoch nie etwas angeboten worden. Ich weiß nicht mal, ob ich dafür gut genug bin — Ich denke, daß mein Englisch ein wenig schwach ist (Lächelt).
Mein Ansatz ist der, indische Filme auf diesem Niveau zu machen. Noch mal, ohne die Großartigkeit von etwas zu schmälern, was andere erreicht haben, ich möchte, daß Tom Cruise eines Tages sagt, ‘ Ich habe eine Rolle in einem Hindi-Film bekommen’. Das wäre wunderbar. Christopher Nolan wird sagen, daß es einen Produzenten in Indien gibt, der will, daß er einen Film macht. So Gott will, wird das passieren.

Kann China ein Schwellenmarkt für das indische Kino sein?
China ist gerade jetzt ein großer Markt, nicht nur für das indische Kino, sondern auch für die Welt. Die meisten Hollywoodfilme, die zuhause vielleicht nicht so gut laufen, warten auf den Release in China, und einige davon werden dadurch gerettet. Es ist wunderbar, was China in den letzten 8­-10 Jahren getan hat. Wenn Sie einen Markt haben, müssen Sie irgendwie eine Plattform für die Leute schaffen. China hat es getan und es ist ein Modell, daß Indien in Bezug aufs Kino untersuchen sollte.

Wie weit sind wir davon entfernt, 500 Millionen $ oder sogar eine Milliarde Dollar an der Kinokasse zu erreichen?
Weitere fünf, sechs Jahre oder vielleicht 10. Wir werden immer ein Problem mit der Sprache haben. Unsere Sprache ist keine internationale Sprache wie Englisch. Dazu müssen wir die Technologie wirklich benutzen, die wir im Land haben. Solange wir nicht die technisch großen Filme machen, wird der Markt wohl nicht wachsen. Das wird irgendwann dadurch gelöst, daß Schauspieler und Regisseure Vorstöße in Hollywood wagen; diese Interaktion wird es vielleicht beschleunigen. Aber das dauert noch 5-­10 Jahre.

Sie haben als Schauspieler experimentiert. Werden Sie in die Rolle des Regisseurs schlüpfen?
Ich bin als Schauspieler schon einsam genug. Der Job des Regisseurs ist der einsamste beim Filmemachen, da sie die einzigen sind, die wissen, was ihr Film sagt. Vielleicht bin ich noch nicht bereit für diese Art der Einsamkeit. Wenn ich Regie führen soll, dann muß ich auch schreiben, was mich ein paar Jahre kosten wird. Ich habe in den letzten 20 Jahren versucht, ein Buch zu schreiben, und ich bin immer noch nicht fertig. Ich bin ein wenig faul und es wäre wirklich schwierig (Regisseur zu sein), doch im Kleinen bin ich an der Entwicklung der Action beteiligt. Ich weiß nicht, wie man zu etwas ‘okay’ sagt. Ich habe immer das Gefühl, daß es besser sein könnte — ich habe Schwierigkeiten loszulassen. Der Job des Regisseurs, einfach okay zu sagen und weiterzumachen, belastet mich; woher weiß diese Person, daß es okay ist.? Ich werde weiter Sachen machen, und bis ich verstehe, daß es okay ist, okay zu sagen; werde ich kein Regisseur sein.

Denken Sie, daß die Schauspielerinnen in Bollywood bekommen, was ihnen zusteht?
Es ist eine von Männern dominierte Branche. Sie können sich nicht davor drücken oder es ignorieren. Ich wünschte, es wäre anders. Es sollte keinen Unterschied geben. Ein männlicher Schauspieler und ein weiblicher Schauspieler sollten dieselbe Gage bekommen — warum sie unterschiedlich ist, weiß ich nicht. Aber ich würde noch hinzufügen, daß kein Schauspieler — Mann oder Frau — seine Darstellung überbewerten sollte. Kein Individuum — sei es Regisseur oder Schauspieler — sollte die Ausgaben des Films mit einer Summe belasten, die den Erfolg des Premierenwochenendes des Films übersteigt.

Sie werden mit mehr als 20 Marken in Verbindung gebracht. Wie wählen Sie sie aus?
Ich glaube, daß eine Marke einen Botschafter auswählt, nicht andersherum. Meistens bin ich für Firmen tätig gewesen, die international bekannt sind. Die Leute beschließen, ihrem Produkt mein Gesicht zu geben — das ist eine große Entscheidung. Ich weiß nicht, wie es für sie funktioniert. Ich möchte lieber glauben, daß es der Erfolg meines Berufs ist — obwohl das in Bezug auf das Auf und Ab sehr unbeständig ist. Es hängt auch von den Grundwerten ab, die wir besitzen.

Sie werden mit Byju’s und Big Basket in Verbindung gebracht. Glauben Sie an Start-ups? Investieren Sie darin?
Dies sind gute Firmen, geführt von großen Leuten mit noch größeren Träumen. Als ich meine ersten Gespräche mit ihnen führte, fragte ich: wollen Sie wirklich so viel Geld in mich investieren? Ich verbrachte einen Tag damit, ihnen davon abzuraten. Mir wurde zu verstehen gegeben, daß sie nicht nur wegen des Ruhmes kamen. Als ich Byju’s traf, sagten sie, daß ich ein bestimmtes Bildungsniveau mitbringe. Was Big Basket angeht, da sagt mein Team zu mir, daß die Hausfrau denkt, daß ich vertrauenswürdig bin. Das ist sehr nett. Die Arbeit an einem neuen Film, insbesondere, wenn es ein innovativer Film wie Fan ist, gleicht dem Wagnis in ein Start-up. Es ist das risikoreichste Geschäft. Ich möchte lieber was Neues wagen und versagen. Ich habe nie direkt in ein Start-up investiert.

Ihre Verbindung mit Hyundai läuft seit zwei Jahrzehnten. Wie entwickelte sich das?
Als sie anfangs kamen, drehte ich mit der verstorbenen Srideviji. Obwohl es eine internationale Marke war, hatte niemand von ihnen gehört. Das ganze Team war von Südkorea hergeflogen, aber wir wußten nicht mal, wie man Hyundai richtig ausspricht. Ich stamme aus der Ära von Fiat und Ambassador. Die Vorstellung, aus Korea ein Auto für Indien zu machen, schien weit entfernt. Doch da war dieses Team, die daran glaubte, erschwingliche Autos nach Indien zu holen, also stieg ich ein, ohne die Tragweite zu kennen, was es für den Kunden bewirken kann. Zwanzig Jahre später bin ich verblüfft, wie alles begann. Jetzt gehören sie zu den führenden Autoproduzenten für Indien.

Fahren Sie gerne?
Ich liebe das Autofahren. Leider ist es in Mumbai und vielen anderen Orten ein wenig schwierig (für mich) zu fahren. Vielleicht werde ich heute Abend im Regen zurückfahren und sehen, wie es geht.

Sie erwähnten einmal, daß Sie in KidZania investierten, weil Sie gerne Kinderspiele spielen.
Ich investiere in die drei Ks: Kinder, Kino und Kricket — eigentlich Sport, mehr als nur Kricket. Die sprechen mir wirklich an. Ich liebe Kinder, nicht nur meine eigenen. Ich tue gerne Sachen mit Kindern und jetzt mit 53 ist selbst ein 20jähriger ein Kind für mich. Ich wollte ein Sportler sein, konnte es aber nicht. Ich möchte, daß Kinder diese Chance haben; ich mag Plattformen, wo Kinder das tun können, was ich nicht konnte. Ich drehte kürzlich 50 Tage in Orlando für meinen Film. Mein Sohn AbRam war mitgekommen, und wir waren jeden Tag im Disney Wasserpark. Aber ich fahre nicht mit der Achterbahn, ich habe Angst vor ihnen.

Meinen Sie, daß man bei Investitionen eher aufs Herz als auf den Kopf hören sollte?
Jede verstandesmäßige Investition wird kurzfristig gut sein, doch wenn Ihre Arbeit die Leben der Menschen berühren oder es komfortabler machen soll, dann müssen Sie wirklich Sorge tragen und es muß aus dem Herzen kommen. Daher rate ich den Leuten nie davon ab, in Unternehmen und Geschäfte einzusteigen. Das ganze Konzept des Geschäftsmanagements entstammt der Tatsache, daß, wenn Sie es organisieren, Sie erfolgreich sein werden. Aber ich bin völlig desorganisiert, und auch erfolgreich gewesen. Daher muß etwas Wahres daran sein, daß beim Geschäft auch das Herz funktioniert.

Was sind Ihre Lieblingsgeräte?
Ein Laptop, wenn ich es als Gerät bezeichnen kann. Ich habe auch eine tolle manuelle Kamera, eine Leica. Sie müssen sich konzentrieren und Linsen wechseln, und jeder bekommt Depressionen, wenn ich Bilder damit mache, weil es Stunden dauert, aber ich liebe es. Ich stehe nicht so auf Telefone und bin sozial nicht sehr kommunikativ. Daher habe ich das Handy nicht bei mir.

Was lesen Sie dieser Tage?
In letzter Zeit habe ich nichts gelesen, weil ich sehr mit Dreharbeiten beschäftigt gewesen bin. Anfang des Jahres habe ich mal wieder das Mahabharata und das Ramayana gelesen. Ich bin sehr fasziniert und dachte, daß ich eine ausführliche Version lesen sollte. Ich muß das jetzt langsam angehen. Ich denke, daß ich wieder damit anfangen werde.

Haben Sie irgendwelche Lieblingsautoren?
Mein Liebling aller Zeiten ist Douglas Adams — Per Anhalter durch die Galaxis, ich liebte Roald Dahl, als ich jünger war, und James Hadley Chase und Harold Robbins, als ich noch jünger war. Jetzt glaube ich, dass es einen interessanten Schriftsteller gibt — Eoin Colfer, Autor von Artemis Fowl, der meiner Meinung nach noch interessanter ist als Harry Potter. Ich mag Dan Brown; sein letztes Buch hat mir wirklich gefallen.

Ihre Kinder stehen kurz davor, eine Karriere zu wählen. Wie schützen Sie sie, da sie das riesige Vermächtnis ihres Superstar Vaters mitbringen?
Ich verstehe, was Sie sagen. Es gibt keine Möglichkeit, sie davor zu beschützen, was ich bin. Ich bin ein gutes Monster, und nur ich kann meine Kinder davor schützen, was ich bin. Durch Bewahrung eines bestimmten Maßes an Würde angesichts von Meinungen, eines bestimmtes Maßes an Ruhe angesichts der Unordnung, eines bestimmten Maßes an Ehrlichkeit und harter Arbeit angesichts des Nepotismus. Die Leute könnten Berühmtheit zum Beispiel so wahrnehmen, „Er ist ein Starkind, und er muß wirklich schnell fahren.“ Das große Glück, das ich ihnen als Vater gebe, die Liebe und Ausbildung und Lehren, die ich ihnen geben, und die Tatsache, daß ich so hart arbeite als Vater,­ es ist jetzt ihre Verantwortung, damit zu leben und es herauszufinden.