Kabir Khan (Shah Rukh Khan) bemüht sich um den Posten des Trainers des indischen Hockeynationalteams der Frauen, den sonst keiner haben will. Denn Geld und Sponsoren sind eher bei den prestigeträchtigeren Teams anderer Sportarten zu finden. Die Frauenmannschaft dient mehr als Alibi und besteht zudem noch aus einem Haufen disziplinloser, eigenbrötlerischer Profispielerinnnen aus allen möglichen und unmöglichen Bundesstaaten. Doch Kabir hat sich sieben Jahre auf diesen Job vorbereitet, der ihm seinen guten Namen und seine Ehre wiedergeben soll. Er war selber Spieler der indischen Nationalmannschaft und hatte bei einem entscheidenden Match gegen Pakistan einen Strafstoß verschossen. Aufgrund eines ganz allgemein üblichen Handschlags mit einem pakistanischen Spieler und einfach der Tatsache, das er ein Muslime in einem hinduistischen Land ist, wurde ihm unterstellt, für die gegnerische Mannschaft gespielt zu haben. Als Verräter gebrandmarkt, verlässt er mit seiner Mutter seine Heimatstadt. Nun ist er zurück und setzt alles daran, das desolate Frauenteam für die Weltmeisterschaft fit zu machen. Und das mit Trainingsmethoden, die bei den Diven unter den Spielerinnen, denen es an Teamgeist und Disziplin mangelt, für Unmut sorgen.

Shah Rukh ist mit diesem Film ein großes Wagnis eingegangen. Er spielt so entgegen seinem üblichen Muster in einem Film ganz ohne Liebesgeschichte und um die Bäume tanzen, dass viele dem Film keinerlei Chancen einräumten. Keiner seiner Manierismen, für die ihn viele Fans so lieben, ist hier zu finden. Denn hier tut er genau das, was seine Kritiker ständig fordern, er spielt etwas ganz anderes und das wirklich sehr gut. Eine reife Leistung eines gereiften Schauspielers. Und trotz seiner eher nüchternen Darstellung eines vom Leben gezeichneten Mannes tut er dies doch mit soviel Charisma, das man den anderen Shah Rukh nicht vermisst. Durchtrainiert, mit Dreitagebart und verhalten spielend bringt er mehr Patriotismus ein als andere mit einer Waffe in der Hand. Sein Kabir beweist seine Liebe zu seinem Land mittels seiner Taten, auf dem Sportfeld. Shah Rukhs Vergangenheit als Sportler und vor allem seine Erfahrungen als Hockeyspieler dürften dabei für seine Darstellung des Trainers hilfreich gewesen sein, zumindest sorgen sie für äußerst realistische Aufnahmen am Anfang des Filmes, als Shah Rukh gekonnt übers Spielfeld segelt.

Doch anders als seine vorigen Ausflüge weg vom Üblichen war dieser zur Überraschung aller von Erfolg gekrönt. Er gefiel sogar den Kritikern. Selbst Shah Rukh, der von Chak De überzeugt war, war von dem Ausmaß des Erfolgs überrascht. Damit dürfte er auch den letzten Kritiker überzeugt haben, dass er schauspielern kann. Das zeigt er vor allem in den emotionalen Szenen, wenn allein seine Augen und Körpersprache die innere Aufgewühltheit ausdrücken, sei es Zorn, Enttäuschung oder Freude. So zu sehen in der Szene, als er mit seiner Mutter das Haus verlässt, oder in der, als er wiederkehrt, und ganz besonders in der Szene nach dem Sieg, als er nicht wie zu erwarten jubelt und schreit, sondern sich überwältigt von Gefühlen Halt suchend zurückzieht und den Mädels den hart erkämpften Sieg überlässt.

Doch auch die restliche Besetzung, die hauptsächlich aus 16 Newcomerinnen besteht, hat großen Anteil am Erfolg des Films. Die Mädels, die aus ganz Indien zusammen kamen und vorher ein paar Monate in Hockeycamps trainiert wurden, verleihen der Handlung eine Kraft und Lebendigkeit, die Shah Rukh mit seinem starken Spiel kanalisiert. Jede von ihnen ist eine eigenständige Persönlichkeit mit einer eigenen Geschichte und zusammen bilden sie ein Underdogteam, dem man als Zuschauer die Daumen drückt. Auch wenn es lange dauert, ehe sie überhaupt ein Team werden. Genial ist die Szene bei McDonalds, als sich Kabir zurückhält und die Mädels alleine und gemeinsam das Problem lösen lässt. Sicher ist ein Hockeyschläger kein adäquates Mittel, um Jungs Manieren einzubläuen, aber wirkungsvoll ist er allemal. Eher väterlich kümmert sich Kabir um die Belange der Mädchen und greift nur dann und wann mal beratend ein, genauso reif geht er auch mit einem Flirtversuch eines der Mädels um.

Klar ist bei dieser Konstellation das Ende vorhersehbar, doch schuf Regisseur Shimit Amin mit dem von Aditya Chopra produzierten sehr realistisch anmutenden Film einen mitreißenden Streifen über eine in Indien stiefmütterlich behandelte Sportart (der Nationalsport!), der trotz Einsatz aller bekannten Klischees aus Sportfilmen nie langweilig wird, ohne die üblichen Mätzchen Bollywoods auskommt und stattdessen allein von der fantastischen Schauspielarbeit seiner Akteure und dem atemberaubenden Tempo einer rasanten Sportart lebt.

Obwohl die unterschiedlichen Religionen und die sich daraus ergebenden Differenzen und von Misstrauen geprägten Vorbehalte den Auslöser der Handlung spielen, wird in dem Film dieses heikle Thema sehr behutsam behandelt. Keine Belehrungen mit erhobenem Zeigefinger, keine Diskussionen, meine Religion ist besser als deine. Eher werden die Probleme der Vielstaaterei in Indien angesprochen. Kabir macht deutlich, das Indien nur stark sein kann, wenn die einzelnen Bundesstaaten zusammenarbeiten, anstatt gegeneinander, auch wenn es hier nur auf dem Sportfeld passiert. Ein weiteres wichtiges Thema, das angesprochen wird, ist die Rolle der Frau im heutigen Indien, und nicht nur da. Das eine Frau trotz Heirat ihr Leben selbst bestimmen will, das Frauen das gleiche wie Männer leisten können und sogar mehr, das die Heirat nicht mehr das allein glücklich machende Ziel einer Frau sein muss, all das wird eindrücklich auf angenehm leise und unaufdringliche Art angesprochen.

Die Musik von Salim-Sulaiman spielt in Chak De! India eine eher untergeordnete Rolle und dient meistenteils als Hintergrundmusik. Es gibt keine Song und Tanzszenen, die hier aber auch gar nicht reinpassen würden. Da eignen sich die Szenen viel besser dazu, die die Songs untermalen. Trotzdem ist der Soundtrack wirklich gelungen und enthält einige Ohrwürmer, die Musik ist meiner Erfahrung nach besonders für lange Autofahrten geeignet. Kuch Kariye ist inzwischen zu einem Motivationssong geworden, den man sogar bei Cricketveranstaltungen wie der IPL zu hören bekommt. Er passt aber auch immer wieder sehr gut.
Besonders erwähnen sollte man Sattar Minute, auch wenn es kein Song ist, freut es mich, das Kabirs Motivationsrede mit auf der CD ist. Wer sich nach dieser Einpeitschung von Shah Rukh nicht in die Schlacht (oder den nächsten Stau) stürzt, hatte wohl Watte in den Ohren. Diese Stimme…
Chak De! India ist so ganz anders als üblich, aber ein solide gemachter unterhaltsamer Sportfilm, der nie langweilig wird, den Zuschauer bewegt, klare sozialpolitische Botschaften rüberbringt und tolle schauspielerische Leistungen bietet. Eindeutig ein Film, den man gesehen haben muss.