Farhan Akhtars Don ist ein Remake des 1978er Filmes mit Amitabh Bachchan und kam im Oktober 2006 in die Kinos. Welcher von beiden Filmen besser ist, darauf werde ich nicht eingehen, das ist ganz einfach eine Generationenfrage und eindeutig Geschmackssache. Auch lassen sich die beiden Schauspieler Amitabh Bachchan und Shah Rukh Khan nicht vergleichen. Bas.

Singhania (Rajesh Khattar) ist der Boss eines weit reichenden Drogenkartells. Sein ‚Geschäftsführer’ in Kuala Lumpur ist Don (Shah Rukh Khan), ein eiskalter Gangster, der über Leichen geht, wenn es ums Geschäft geht. So hat er auch keine Skrupel, Verräter oder Aussteiger eigenhändig aus dem Verkehr zu ziehen. Doch als er so Ramesh (Diwakar Pundir), den Bruder von Roma (Priyanka Chopra) umbringt, schwört diese ihm Rache. Zumal er bei dem Versuch der Polizei, ihn mit Hilfe von dessen Verlobter Kamini (Kareena Kapoor) dingfest zu machen, auch sie kaltblütig ermordet. Doch ehe Roma ihren Plan umsetzen kann, wird Don bei einer Verfolgungsjagd der indischen Polizei schwer verletzt und von Inspektor De Silva (Boman Irani) geschnappt. Dieser will den echten Don gewissermaßen auf Eis legen und mit Hilfe des Straßenmusikanten Vijay (Shah Rukh Khan), der Don zum Verwechseln ähnlich sieht, die Drogenmafia unterwandern und ausheben.

Vijay erklärt sich einverstanden, weil De Silva ihm die Schulbildung seines kleinen Ziehsohnes verspricht. Don stirbt im Krankenhaus und ohne das publik zu machen, setzt De Silva seinen tollkühnen Plan um. Nachdem er Vijay ausreichend konditioniert hat, schickt er den unbedarften Simpel in die Höhle des Löwen und auch in die Hände von Roma, die ihren Racheplan noch nicht aufgeben hat. So hat der Arme bald alle Hände voll zu tun, des Inspektors Plan gerecht zu werden, sich Roma vom Halse zu halten und die Mitglieder seiner Truppe zu überzeugen. Nur dumm, das in dem Spiel um Macht und Geld noch ein verschollen geglaubter Boss von Don, Vardhan, mitspielt und das auch noch mit gezinkten Karten. Und welche Rolle spielt Jasjit (Arjun Rampal), der Vater des kleinen Jungen, den Vijay bei sich aufgenommen hatte…

Spoiler
Ich setze mal lieber einen Spoiler, obwohl ich denke, dass jeder inzwischen weiß, wie der Film endet. Dieser geniale Kniff am Ende, der sich vom Ende des Originals unterscheidet und so nicht erwartet wurde, hat ja erst die Voraussetzungen für eine Fortsetzung geschaffen.
Dons Spruch „Es ist nicht schwer, Don zu fassen, es ist unmöglich“ wurde hier wortwörtlich genommen, denn unter dem Deckmantel des Vijay schafft er es am Ende wieder, der Polizei ein Schnippchen zu schlagen und mit seiner Gangsterbraut Anita in eine Zukunft aufzubrechen, in der er der alleinige König der Unterwelt ist. Seine Komplizen sitzen ja alle im Gefängnis.

Der in Indien, Malaysia und Frankreich gedrehte Streifen nach dem Drehbuch von Javed Akhtar ist mitnichten eine bloße Kopie seines Vorgängers, des Klassikers des indischen Kinos mit Amitabh Bachchan. Farhan Akhtar, der Sohn von Javed Akhtar, nahm einige Teile des Grundgerüstes und als Verbeugung vor dem Kultfilm die Lieder, außerdem nahm er nur ein Kind rein anstatt zwei. War wohl auch besser zu handeln. So schuf er einen eigenständigen und rasanten Actionthriller mit seinem eigenen Kultfaktor, der modern und zeitgemäß, unter Einsatz waghalsiger Stunts und überraschender Special Effects umgesetzt wurde. Für den Stunt aus dem Flugzeug soll Shah Rukh selbst mehrere Sprünge aus einer Höhe von 4600 m absolviert haben. Übung hatte er sich ja in Fauji geholt, es wäre also nicht das erste Mal gewesen. Für die Kampfszenen mussten die Schauspieler Shah Rukh, Priyanka Chopra und Arjun Rampal sogar eine neue Kampfkunst erlernen.

Ohne die typischen Lieder und den dann und wann durchblitzenden indischen Humor wäre Don sicherlich ziemlich glatt, kalt und seelenlos. Doch Gott sei dank sind sie drin. Ohne die Lieder hätten wir einen Actionthriller westlicher Machart. Vor allem, da Shah Rukh diesmal nicht seine Geheimwaffe einsetzen kann, seinen Charme. So böse wie hier war er noch in keinem Film. In jeder anderen Antiheldenrolle findet man zumindest einen Grund oder eine Art Entschuldigung, warum die Figur nur so und nicht anders handeln konnte. Hier zeugen seine teils doch sehr harten und gefühlskalten Augen von einer menschenverachtenden Bosheit, die rein auf der Gier nach Macht und Geld basiert. Eine tolle schauspielerische Leistung von Shah Rukh, die so überzeugend rüberkommt, dass man nur noch fasziniert zuschauen kann, wenn er wie ein Tiger lautlos im Dschungel auf seine Beute lauert. I like wildcats…

Großartig auch seine Umsetzung des Vijay-Don oder Don-Vijay, wie auch immer man es halten mag. Viele Nuancen bekommt man erst beim zweiten Sehen mit, wenn man das Ende kennt. Man sitzt total baff vor dem Fernseher, denn mit einem Schlag ist alles umgestülpt, aus weiß wird schwarz. Plötzlich werden viele Logiklöcher ausgefüllt, Blicke und Gesten bekommen eine Bedeutung. Schwer haben es vor allen jene, die den Original Don kennen und damit überhaupt nicht gerechnet haben. Und dass Don am Ende aus seiner Rolle fällt und Roma absichtlich oder unabsichtlich seine Identität offenbart, fußt sicher in der Tatsache, dass da bereits eine Fortsetzung geplant war. Einfach ein genialer Übergang.
Selbst Vijay, der ja eigentlich der Gute in dem Ganzen ist, bekommt nicht viel von Shah Rukhs Charme mit auf den Weg. Seine Romanze mit Roma bleibt oberflächlich, die ganze Figur ist eher albern und bemüht naiv. Doch all das mag so gewollt sein, denn sein Intermezzo in der Handlung ist ja bekanntermaßen recht kurz. Beachtlich ist, wie Shah Rukh Don spielt, der Vijay spielt, als böser Don fehlt ihm die Leidenschaft, um zu tanzen, als Don-Vijay schlüpft er mühelos in dessen Haut.

Auch die anderen Figuren bleiben recht oberflächlich gezeichnet. Mit Kamini und Roma kann man nicht wirklich mitfühlen, dazu wird zuwenig erzählt, es passiert am Anfang alles viel zu schnell. Was berührt, die Handlung aber arg verlangsamt, ist die Geschichte von Jasjit und seinem Sohn. Übrigens war für diese Rolle erst Akshay Kumar vorgesehen, der die Rolle aber ablehnte.
Priyanka war die perfekte Wahl für die Roma, sie meistert ihre Szenen souverän, seien es Kampf oder Tanzszenen. Viel Chemie mit Shah Rukh ist nicht zu spüren, aber in dieser Beziehung wirkt der ganze Film unterkühlt. Boman Irani hat mich mal wieder überrascht, seine Rolle ist recht vielschichtig und er macht das einfach klasse. Auch erwähnenswert sind Om Puri und Kareena Kapoor in ihren kleinen, aber feinen Rollen.
Die Kameraführung von Mohanan mag ihre Schwächen haben, die die Schnitttechnik und das rasante Tempo aber meistens ausbügeln können. Ein Manko sind die zu sehr gestylten und damit oft kalt wirkenden Kulissen, die im ganzen Film kein Wohlfühlklima aufkommen lassen. Und trotzdem passt all das zu dem Film. Denn als Kontrast dienen die Farben der Aussendrehs, sei es eine belebte Innenstadt oder das ländliche Indien und Malaysia. Und natürlich die Lieder. In ihnen kommt all die ganze aufgestaute Vitalität zum Vorschein, die in den Figuren steckt.

Der Soundtrack gehört zu jenen, die einem auch ohne den Film zu kennen, gefallen können. Bei mir lief die CD schon lange vor dem Film auf Dauerschleife. Vor allem im Auto.
Yeh Mera Dil ist Kareenas Lied, im dem sie zwar mit Don flirtet, sie tut es aber mit Tränen in den Augen, um ihren Liebsten zu rächen. Im ersten Don hatte Helen die Rolle und Kareena steht ihr in nichts nach, gleichzeitig Don anzuhimmeln und sich angewidert abzuwenden. Klasse schauspielerische Leistung. Perfekt auch die Bewegungen der beiden, vor allem auf dem Bett, wo sie sich so arrangieren, dass sie nie direkt aufeinander liegen, böse Zensur…

Übrigens Songtexte, ich denk immer, wenn die Beteiligten mal auf die Texte hören würden, würde ihnen sicher einiges früher klar werden, aber anscheinend sind sie auf dem Ohr taub…
Mourya Re ist einer meiner Lieblingssongs in Don und die Einführung von Vijay. Eine tolle tänzerische Vorstellung von Shah Rukh in Echtzeit, der hier in einer äußerst lebendigen und farbintensiven Masseneinstellung richtig loslegt und zeigt, was er draufhat.
Ein absoluter Kontrast und sehr stylisch und ganz Dongemäß ist Main Hoon Don, in dem Shah Rukh auch mal wieder Feuer spucken und seine Fingerfertigkeit zeigen darf. Ich hätte auch nie gedacht, dass einem Mann eine Samtjacke stehen könnte.

In Aaj Ki Raat liefern sich Priyanka und Ishaa tanzenderweise ein Duell um Don und wieder sollte man auch auf den Text hören. Ich finde übrigens alle Songs passend zur Handlung und nicht einfach so um ihrer selbst willen eingefügt. Als RTL 2 seinerzeit die Songs fast komplett rausgeschnitten hatte, dürfte dem Zuschauer so einiges an Infos und Zusammenhängen gefehlt haben.
Khaike Paan Banareswala steht in dieser Version dem Original in nichts nach. Bemerkenswert ist wieder, wie überzeugend Don hier in Vijays Rolle schlüpft, irgendwo steckt halt auch in dem abgebrühtesten Gangster ein kleiner Junge. Shah Rukh tanzt einfach zum Niederknien und selbst seine Gesangseinlage ist besser als erwartet.

Überzeugend und zeitgemäß sind die Actionszenen, rasante Verfolgungsjagden, auch zu Fuß macht Shah Rukh eine gute Figur, der tollkühne Stunt aus dem Flugzeug oder die geniale Befreiungsstrategie mit dem Krankenwagen, und nicht zu vergessen, die großartig choreografierten Kampfszenen mit ihren schnellen, flüssigen und doch hart abfedernden Bewegungen.
In Don sind auch die Kostüme eine Bemerkung wert. Ich habe selten etwas so Stylisches gesehen wie Dons Hemden und Krawatten Mix. Und Priyankas Badeanzug scheint sie aus einem seiner Hemden zusammengeknüpft zu haben. Nur Shah Rukhs Hosen haben mir teilweise nicht gefallen, wer hat nur diese Muster als schick eingestuft. Er sollte nur Jeans oder schwarze Hosen tragen.
Don ist nicht das übliche Wohlfühlkino aus Bollywood. Dieser fast schon künstlerisch kühl-ästhetische Thriller, der sowohl Bollywoodfans als auch Krimifans ansprechen dürfte, hat sicher seine Mängel, die vor allem in seiner Trimmung auf westliche Geschmäcker basieren dürften. Doch Shah Rukhs einzigartige Körpersprache, unvorhergesehene Wendungen, temperamentvolle Songeinlagen und erstklassige Stunts machen diese mehr als wett. Kann man absolut nicht mit Shah Rukh, sollte man aber vielleicht die Hände von dem Film lassen, denn er trägt die Handlung durchweg, sei es als Don oder Vijay oder doch Don?