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ROBIN PAGNAMENTA

January 8 , 2012

Shah Rukh Khan schließt seine Augen und stellt sich den Moment seines eigenen Todes vor. „Meine Großmutter pflegte zu sagen, jedes Mal, wenn ein Blitzlicht vor deinem Gesicht aufflammt, verlierst du drei Sekunden deines Lebens. Manchmal denke ich, eines Tages wird jemand gerade sagen: ‚Kamera los, Action‘ und ich werde tot umfallen, weil meine ganze Seele ausgesaugt worden ist. Das wäre die beste Art und Weise zu gehen.“
Wenn das, was seine Großmutter ihm erzählte, zutreffen würde, dann wäre er längst tot gewesen.
Doch auch wenn Khan manchmal über seine eigene Sterblichkeit sinniert, hat er keinen Mangel an zu erreichenden Zielen, bevor er zu dem großen Bollywoodfilmset gen Himmel fährt.
„Ich möchte mein eigenes Flugzeug“, lächelt er, während er angelegentlich Zigarettenrauch durchs Wohnzimmer im Haus seiner Schwiegereltern in New Delhi bläst. „Ich will verwöhnt werden. Ich will nicht in der Warteschlange warten. Ich will einfach im Stande sein, in meinem eigenen Flugzeug zu rauchen.“
Nur in London, so scheint es, kann er den Blitzlichtern entkommen, auf die sich seine Großmutter bezogen hat. „Wenn ich nach London reise, fahre ich mit meinen Kindern rad, wir gehen in den Hyde Park. Aber es ist schwierig – selbst in Europa – weil es überall Inder, Pakistaner und Afghanen gibt.“
„Ich gehen nicht über Selfridges hinaus, weil ich bedrängt werde. So lange wie ich in Mayfair bleibe, ist es okay“, sagte Khan.
Im Gegensatz zu so vielen westlichen Stars, die bezüglich ihrer Berühmtheit reserviert sind, schwelgt Khan wahrhaftig in der Aufmerksamkeit, die er erhält. „Ich genieße sie. Die Vorstellung von Privatsphäre macht für mich eben keinen Sinn“, sagt er.
Auch nicht der Gedanke, rüberzugehen und nach einer Karriere in Hollywood zu streben. „Ich bin nie wirklich nach LA rübergegangen und habe gesagt, ‚Ich muss einen Agenten haben und westliche Filme drehen,“ erklärt er, während er in einer schwarzen Lederjacke, Jeans und seinen für ihn typischen Aviators da sitzt. „Vielleicht befinde ich mich in einem Bereich, in dem ich mich sicher fühle. Vielleicht habe ich Angst, doch welche Rolle werden Sie einem 45jährigen braunen Inder geben?
„Vor einigen Jahren wurde mir die Rolle des Bösewichts in einem Bondfilm angeboten. Doch sie wollten die ‚Birdie num num‘ Stimme (Peter Sellers in The Party). Sie wissen schon, das ‚Was machen Sie, Sir? Birdie num num‘. Ich wollte den Status nicht diskreditieren, den mir die Zuschauer verliehen haben… daher machte ich es nie.“
Er bemüht sich sehr darauf hinzuweisen, dass es in vielem Hollywood ist, das von Bollywood in den Schatten gestellt wird, eine Tatsache, auf die er offensichtlich stolz ist. Gewiss sieht er keine Situation, wo Hollywood die indische Filmindustrie usurpieren könnte.
„Wir sind 1.2 Milliarden Menschen (in Indien), um Gottes willen“, sagt er. „Da besteht keine Gefahr. Diese Frage wäre vor 15 Jahren überhaupt nicht gestellt worden. Die Tatsache, dass sie gestellt wird, ist eine immense Stellungnahme, wie erfolgreich Bollywood geworden ist. In Bezug auf die Zuschauer sind wir außerordentlich präsent. Und wir sind sehr tief verankert in der Art, wie wir unsere Geschichten erzählen. Insgeheim sind wir sehr stolz auf die Art, wie wir unsere Filme machen.“
Auch wenn er wenig Interesse daran hat, in Hollywoodfilmen zu spielen, bestätigt er den Wunsch, mit den großen amerikanischen Studios zusammenzuarbeiten, um an indischen Filmen zu arbeiten, etwas, was notwendig wird, da die Bollywoodproduktionen immer aufwendiger und teurer werden. Ra.One, der Superhelden Science Fiction Film, in dem Khan zuvor in diesem Jahr die Hauptrolle gespielt hat, kostet fast Rs 135 crore in der Produktion (dazu die Werbung) – was ihn zum bislang teuersten Film Bollywoods macht. Und Khan’s Ambitionen sind noch großzügiger angelegt.
Er sagt, sein ultimatives Ziel sei es, die Mutter aller indischen Filme zu machen, ein auf dem Mahabharata basierendes Spektakel im Avatar Stil, der, wie er behauptet, der erste wirklich globale Blockbuster Bollywoods sein könnte. Das würde viel mehr kosten, wahrscheinlich nur geringfügig weniger als die für Avatar aufgewendeten $ 450 Millionen (ungefähr Rs 2.250 crore), meint er.
„Ich denke, es wäre fantastisch, der größte Film der Welt“, sagt er. „Es wäre Mahabharata, gemacht wie Herr der Ringe – eine Trilogie. Die Welt würde kommen, um ihn zu sehen. Die damit verbundene Geschichte ist eine der interessantesten der Welt. Es gibt erstaunliche Superhelden, 20mal besser als X-Men – Götter der Sonne und des Windes, die nach Belieben Feuer und Stürme entfachen können. Es gibt Ungeheuer, Geister. Es ist wirklich toll.“
Khan scheint wirklich begeistert von dem Mahabharata Projekt zu sein, über das er bereits Gespräche mit Hollywoodstudios geführt hat, einschließlich 20th Century Fox und Warner Brothers.
Da er auch das Gesicht von unzähligen Werbekampagnen ist, hat sein Kauf des Kricketteams Kolkata Knight Riders 2008 zu einem weiteren Wunsch geführt – ein Sportstadion von Weltklasse in Indien zu bauen. Er hat auch seine eigene Produktionsfirma Red Chillies Entertainment gegründet und seine eigene Firma für visuelle Effekte, VFX. Wird er also immer mehr zum Unternehmer als zum Schauspieler? Khan schaut gekränkt aus.
„Die Leute halten mich für einen großartigen Geschäftsmann, ich habe aber, um ganz ehrlich zu sein, in 20 Jahren keinen Scheck unterschrieben. Ich hasse es, meinen Buchhalter zu treffen. Deshalb rufe ich ihn um 1 Uhr nachts an, weil ich nicht schlafe. Ich habe keine Ahnung von meinen Finanzen, überhaupt keine Ahnung.“ Er seufzt und zündet sich eine weitere Zigarette an, bevor er fortfährt. „Es gibt nichts, was ich lieber tun würde als zu spielen. Und so möchte ich gehen. Ich würde nie als Indiens größter Produzent oder als Indiens größter Sportfirmenpromoter oder als Indiens ostentativster Haushalts bekannt sein wollen. Ich möchte lieber als Schauspieler gehen.“