Mhm, die Verwechslungskomödie Duplicate (1998) ist der eine Film, den ich absolut nicht einordnen kann. Die beiden Figuren, die Shah Rukh hier spielt, sind so gegensätzlich und überzeichnet, das man meinen könnte, es wären zwei Schauspieler und nicht nur einer. Der Film ist für mich ein Januskopf und beschert mir ein komisches Gefühl, das ich nicht klassifizieren kann, wann auch immer ich ihn mir anschaue. Was ehrlich gesagt nicht allzu oft der Fall ist. Ich mag Slapstick, wenn er passt, und ich mag bekanntermaßen Shah Rukh, aber die Kombination Slapstick und Shah Rukh über knapp drei Stunden verursacht bei mir heftige Kopfschmerzen.

Shah Rukh spielt hier zwei Figuren, die sich ähnlich sehen, aber unterschiedlicher nicht sein könnten. Einmal den etwas einfältigen, aber herzensguten Koch Bablu, der noch immer am Rockzipfel seiner Mama (Farida Jalal) hängt und dann den skrupellosen Gangster Manu, dem als verurteilten und entflohenen Häftling die Polizei ganz Mumbais auf den Fersen ist.
Manu hat mit seinen ehemaligen Komplizen noch ein Hühnchen zu rupfen, die ihn übers Ohr gehauen haben. Mit einem nach dem anderen rechnet er kaltblütig ab. Unterstützt wird er dabei von seiner Komplizin Lily (Sonali Bendre).

Bablu schwebt gerade im siebten Himmel, denn er hat den begehrten Job als Hotelkoch ergattert und außerdem bahnt sich da eine Liebesgeschichte mit der Hotelmanagerin Sonia (Juhi Chawla) an. Da nimmt die Polizei, die annimmt, das Bablu mal wieder in Verkleidung unterwegs ist, den völlig ahnungslosen Bablu als vermeintlichen Manu ins Visier. Es kommt immer wieder zu Verwechslungen und damit einhergehenden Missverständnissen, die Bablus Leben völlig auf den Kopf stellen. Als Manu von der Ähnlichkeit Wind bekommt und sie für sich nutzen will, ist das Chaos perfekt. Manu wird zu Bablu und Bablu notgedrungen zu Manu, inklusive einiger witziger und einiger emotionaler Konflikte.
Doch die Situation eskaliert, als Manu Bablus Mutter und Sonia benutzt, um seine Ziele zu erreichen. Bablu muss über sich hinauswachsen, um beide zu retten.
Der Film ist typisch bunt und in Bezug auf die Figuren schrill, teils anstrengend in seinem sprunghaften Tempo, mit einem Stil, der an die achtziger erinnert und teilweise so albern und aberwitzig, das es selbst für Bollywoodveteranen noch gewöhnungsbedürftig ist. Shah Rukh spielt beide Figuren mit einem kindischen Unterton, der ihre Charakterisierung noch verstärkt. Wie er es schafft, innerhalb einer Szene vom naiven Volltrottel zum kaltblütigen Killer umzuschalten, und das komplett mit Gestik, Mimik, Stimme und Augen, ist eine reife schauspielerische Leistung. Es braucht solides Selbstvertrauen, um sich vor der Kamera so zum Obst zu machen, alle Achtung. Doch Shah Rukh ist der einzige, den ich bis jetzt gesehen habe, der überzeugend unter Tränen lachen und lachend weinen kann, so überzeugend, das er jedes Mal bei mir Gänsehaut erzeugt. Sei die Rolle extrem positiv oder extrem negativ, seine Intensität, wenn er selbst als Manu in seinem Hass Tränen in den Augen hat, ist beängstigend und geht unter die Haut. Überhaupt hatte ich am Ende eher Mitleid mit Manu, anstatt mich mit Bablu zu freuen. Shah Rukh ist als Bösewicht einfach immer faszinierend und schafft es, mich auf seine negative Seite zu zeihen.

Und er schafft es auch mühelos, mit seiner Energie und Aufgedrehtheit alle anderen Mitakteure an die Wand zu spielen. Juhi, gewohnt süß, und Sonali, gewohnt sexy, haben nicht allzu viel zu tun und dienen eher als schmückendes Beiwerk von Bablu/Manu. Farida spielt wie immer überzeugend die filmi Ma und ist einfach zum Knuddeln, wie sie tatkräftig ihren Sohn unterstützt und auch mal in den Hintern tritt, wenn er nicht aus dem Knick kommt.
Kajol hat einen sehr witzigen Kurzauftritt mit Verweis auf DDLJ, als sie am Bahnhof kurz mit Bablu zusammentrifft und nach ihrem Raj ruft. Mit der kurzen Einspielung der Filmmusik immer ein Schmunzeln wert.
Produzent Yash Johar hat hier mit Regisseur Mahesh Bhatt sicher keinen Meilenstein der Filmgeschichte geliefert, aber doch einen handwerklich soliden Film gedreht, der nett anzusehen ist, wenn man kein Problem mit Überzeichnung und dem vordergründigem indischen Humor hat. Die Tricktechnik ist für einen Film dieser Zeit ganz gut gelungen, auch die Szenen mit dem doppelten Shah Rukh liefern keinen Grund zu meckern. Die sehenswerten Actionszenen, vor allem Manus Kampf in der Bar, der ein wenig aus Desperado geklaut scheint, sind schnell und teils mit akrobatischen Einlagen choreographiert.

Die eingängigen Songs von Anu Malik (choreographiert von Farah Khan) wurden teils in der Schweiz und in Prag gedreht, springen dabei selbst innerhalb eines Songs wild hin und her, dass einem beim Zuschauen schwindelig wird. Doch wenn man beide Locations gesehen hat, ist es schon wieder witzig. Eine Songszene zwischen Shah Rukh und Juhi sollte man sich genauer ansehen, für Indien geht es da schon ganz schön zur Sache.
Hab ich doch fast eine Szene vergessen, Shah Rukh als Frau. Wie konnte ich nur. Auch wenn ich nicht ganz glauben kann, dass er sich dafür wirklich chirurgisch ein Dekollete hat machen lassen. Shah Rukh in Frauenkleidern ist schon ein seltsamer Anblick, aber er macht dass so gut, dass es schon wieder lustig ist, selbst die Bewegungen überzeugen. Beim ersten Mal brauchte ich einen Moment, um ihn zu erkennen.
Wie schon gesagt ist Duplicate kein großes Kino, macht aber trotz aller Albernheit sicher Spaß beim Schauen, wenn man die Logik mal wieder auf Urlaub schickt. Aber das ist sie ja schon gewohnt. Einzelne Szenen sind jedoch von der Schauspielkunst her sehenswert und machen einiges wett. Spätestens hier hätten alle Stimmen, die behaupten, Shah Rukh würde immer gleich spielen, verstummen müssen. Da tut nichts zur Sache, dass ich Shah Rukh in Duplicate nicht mag, ich bewundere ihn trotzdem für seine Leistung, vor allem, als Manu Bablu spielt und umgekehrt.

Ob der Film für Nicht SRK Fans sehenswert ist, bleibt dahingestellt, denn der Film steht und fällt mit ihm. Hier durfte er hemmungslos overacten, was wohl auch beim indischen Publikum angekommen ist. Vielleicht liegt mein Problem einfach darin, das der Mensch Shah Rukh in diesem Film völlig fehlt. Weder Manu noch Bablu haben seinen so typischen Charme, der doch in fast allen Rollen durchschimmert. Eigentlich positiv, wenn sich der Schauspieler in gleich zwei Rollen komplett vom Star abkoppeln kann, doch mir fehlt einfach das letzte bisschen Seele in dem Film. Außerdem mag ich halt eher den trockenen, hintergründigen Humor anstatt diese ins Gesicht springende alberne und körperliche Komik.
Vielleicht weiß ich auch wieder mal einfach zu viel um die Umstände und Hintergründe hinter der Schaffung dieses Films. Zu dieser Zeit stand Shah Rukh wegen Morddrohungen von Seiten der Mumbaier Unterwelt unter massiven Polizeischutz und bei dem Gedanken an unzählige bewaffnete Polizisten und Bodyguards, die selbst bei Szenen wie der im Pool, das Set bevölkerten, vergeht mir einfach das Lachen. Dazu kam der Unfalltod von Juhis Mutter während der Dreharbeiten in Prag, dies und weitere Umstände verzögerten die Produktion, die teilweise ganz gefährdet war. Shah Rukh griff hier Yash Johar tatkräftig unter die Arme, ihm ist größtenteils zu verdanken, das der Film überhaupt fertig gestellt wurde. Das rechnet ihm Karan Johar noch heute hoch an.
Auch im wahren Leben gehört Shah Rukh eben zu den Menschen, die unter Tränen lächeln können.