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The Emperor strikes back

Suman Sharma

Fünfundzwanzig Jahre im Showbiz. Dreiundzwanzig Millionen Follower auf Twitter. Milliarden von Fans auf der ganzen Welt. Shah Rukh Khan verfügt über eine Anhängerschaft, die sich von jeder anderen Berühmtheit unterscheidet. Inzwischen sollte er die Haltung ‚hab ich bereits gemacht‘ haben, doch irgendwie bewahrt sich die Legende die Begeisterung und Nervosität eines Neueinsteigers. Raees war erfolgreich und hat SRK seinen siebten 100 crore Hit beschert. Aber erst, nachdem er dem Superstar schlaflose Nächte bereitet hatte. Fast 100 Filmen im Sack und noch immer ist er vor einem Release ein Nervenbündel. Es geht nicht um den Glauben an sich selbst. Es geht um die Erwartungen, die seine Fans an ihn haben. Und SRK glaubt, dass es in seiner Verantwortung liegt, jeden Fan mit dem zugesagten Lächeln nach Hause zu schicken. Vielleicht ist es eine Erweiterung seiner Liebe, die auch auf der Kinoleinwand durchschimmert. So wie er seine Verantwortung als Elternteil ernst nimmt, will er auch, dass seine Filme erfolgreich sind. Ein berühmter Schauspieler, ein glorreicher Star und ein hingebungsvoller Vater, SRK spielt viele Rollen, und er sticht in jeder einzelnen hervor, mit vollendeter Leichtigkeit…

Wie geht es Ihnen vor einem Filmrelease?
Bevor ein Film rauskommt, setze ich mich auf dieses bestimmte Sofa bei mir zuhause. Ich tue nichts. Kein Telefon ist um mich herum, kein Fernsehen. Die Kinder verstehen, in welchem Zustand ich mich befinde. Es ist wie nach der intensiven Vorbereitung meines Sohnes auf sein Matheexamen, wenn die Ergebnisse erwartet werden. Ich hoffe, dass er es gut gemacht hat. Es ist irgendwie eine doppelte Verantwortung. Wenn er schwächelt, werfe ich mir vor, ihn vielleicht nicht richtig unterrichtet zu haben. Das ist der besorgte Zustand, in dem ich mich vor einer Veröffentlichung befinde. Ich versuche, dem Publikum das zu geben, was es will. Wenn ich versuche, etwas Neues wie Fan zu bringen und es den Leuten nicht gefällt, bin ich zwar nicht entmutigt, aber mein Herz ist gebrochen.

Selbst Amitabh Bachchan twitterte, dass ihm Raees gefiel…
Es ist ein gutes Gefühl, wenn Amitabh Bachchan Sir über meine Darstellung twittert. Er ist jemand, mit dessen Filmen wir aufgewachsen sind – der zornige, junge Mann. Wenn er sagt, ‚Mir gefiel dein Zorn‘, dann fühlt sich das beruhigend an. Raees ist eine Hommage, eine Ode an sein Filmgenre. Ich bin mit Filmen von Dharamji (Dharmendra), Amitji, Rishiji (Kapoor) und Shashiji (Kapoor) aufgewachsen… wenn sie meine Arbeit loben, glaube ich, dass ich etwas Gutes gemacht habe. Es bestärkt den Glauben, dass Raees ein solider Film ist.

War es anders, mit Rahul Dholakia zu arbeiten, dessen Stärke das realistische Kino gewesen ist?
Rahul ist gebildet. Er recherchiert gut. Manchmal hilft dem Schauspieler nur das Drehbuch. Er hatte Vertrauen in das, was er geschrieben hatte. Und Rahul ist gelassen. Als wir einige Szenen drehten und ich sagte, ‚Rahul aisa kar leta hoon!‘, erwiderte er, ‚Aber das wird kommerziell werden!‘. Ich darauf, ‚Aber willst du das?‘ und er sagte, ‚Ja!‘ Wir haben gelacht darüber. Nawazuddin Siddiqui, Mahira Khan, Zeehsan Ayyub kommen vom realistischen Kino. Ich bin der kommerziellste Teil in dem Film.

Eine lustige Anekdote vom Set?
Als wir mit den Dreharbeiten begannen, wirkten alle am Set ruhig. Das ging so 25 Tage weiter. Dann kam mein Kameramann auf mich zu und meinte, „Alle sagen, dass du schlechte Laune hast und dass du eine angsteinflößende Person bist. Tust du das für die Rolle? Weil ich weiß, dass du lustig bist.“ Danach machte ich mich daran, allen zu erzählen, “Hört zu, es tut mir leid. Ich schaue beängstigend aus, aber ich bin sehr freundlich. Wir können uns unterhalten.“ Danach entspannten sich alle.

Viele fanden Ihre intensive, grüblerische Erscheinung in Raees attraktiv…
Ich bin wirklich kein großer Fan von mir selbst. Ich glaube nicht, dass ich gut aussehe. Ich sitze nicht vor dem Spiegel. Ich bin nicht eitel. (Lacht) Aber irgendwie kommt es, dass ich in allem gut aussehe. Ich habe nie einen Film für mich entworfen. Es ist der Film, der Sie in seine Welt mitnimmt. Ich komme aus einer kommerzielleren Arena. Ich mag Asoka, Swadesh, Chak De India gemacht haben… aber ich werde nicht als ernsthafter Schauspieler angesehen. Ich bin ein überaus ernsthafter Schauspieler. Eigentlich sind es meine Grübchen, die es vermasseln. Wenn ich sie nicht hätte, würde ich wie Nawazuddin Siddiqui aussehen. Dann würden mich die Leute ernst nehmen!

Hat Raees Ihren Kindern gefallen?
AbRam liebte ihn. Seine Reaktion war genau die des Publikums in den Kinos. Er tanzte zu Laila main Laila. Und in den Szenen, wo ich Leute verprügele, sagte er, “Los, Papa, los!” Kinder lieben Action. Aryan und Suhana mochten Baazigar mehr als Kuch Kuch Hota Hai. Sie liebten sogar Ra.One. Jetzt, wo sie herangewachsen sind, mögen sie meine früheren Filme.

Welche ist Ihre ‘Methode’ als Schauspieler?
Ich komme vom Theater. Ich verstehe das Handwerk heute ein bisschen besser als damals vor 25 Jahren. Aber es gibt immer den Kampf, sich zu verbessern. Ich dachte, dass ich viel weiß. Aber auf halbem Wege merkte ich, je mehr ich spielte, umso weniger wusste ich. Ich entdeckte immer mehr Wege, eine Szene zu spielen. Es gab auch eine Zeit, wo ich dachte, dass ich den Charakter im Griff hatte, dass ich ihn erledigt hatte, erlegt. Dann merkte ich, dass es so viele weitere Wege gibt, mich als Schauspieler zu offenbaren. Picasso hatte mal angemerkt, dass er ‚wie ein Kind malen‘ möchte. Ich vergleiche mich nicht mit Picasso, aber ich verstehe das jetzt. Ich würde auch gern in jedem Film spielen, als wäre es mein erster, um diese Rohheit zu bewahren. Diese Urwüchsigkeit geht im Laufe der Zeit verloren. Ich folge einem anderen Prozess als andere Schauspieler. Ich lese ein Drehbuch, ich höre mir das Drehbuch an und ziehe mich zurück. Dann präsentiere ich dem Regisseur den Charakter. Ich rede über ihn. Ich mache ein paar Notizen. Wenn etwas Körperliches damit verbunden ist, versuche ich, das reinzubringen.

Schauspieler stehen ständig unter Beurteilung. Stört Sie das?
Sie werden diffamiert, sie werden für nichtig erklärt, sie werden glorifiziert und für Dinge verantwortlich gemacht, die Sie sagen oder nicht, die Sie tun oder nicht. Das gehört zum öffentlichen Leben, das ich gewählt habe. Das wichtigste ist, wie Sie damit umgehen. Jeden Tag werden zehn Dinge über mich gesagt. Acht davon sind sehr nett, zwei sind nicht so nett. Ich glaube nicht, dass ich so nett bin, wie die netten Dinge besagen. Genauso bin ich nicht so schlecht, wie die schlechten Dinge behaupten. Ich müsste irgendwo in der Mitte sein, wir alle sind eigentlich normale Leute. Mein Job endet nicht, wenn ich nach Hause komme und das Make-up abnehme. Wenn Sie zu Ihrem Geburtstag aus dem Haus gehen, erwarten Sie 50.000 Leute, die Ihnen zum Geburtstag gratulieren wollen. Ich mag die Bewunderung, also muss ich auch die schlechten Sachen nehmen. Ich arbeite gerne für die Menschen, in der Hoffnung, dass viele kommen werden, um meine Filme zu sehen. Es muss auch einige Enttäuschungen geben. Aber Sie müssen damit fertig werden.

Die sozialen Medien sind auch ein Treffpunkt für Kommentare geworden…
Ja, es ist eine Welt, wo Hashtags und das erste Wort zählen. Wir haben da ein neues Spielzeug bei der Hand. Und wir sind sehr aufgeregt. Wenn die Aufregung nachlässt, werden sich die Dinge beruhigen. Es ist auch sehr schmerzhaft für euch Journalisten, weil ihr nicht mehr die einzigen seid, die schreiben. Schauspieler konkurrieren nur untereinander. Aber Journalisten haben jetzt eine Konkurrenz aus sechs Milliarden Menschen. (Zwinkert) Jeder hat einen Slogan, manchmal besser als eurer.

Wem folgen Sie auf Twitter?
Ich bin in letzter Zeit niemanden gefolgt. Ich will herausfinden, wie ich Leuten im Geheimen folgen kann. Sehen Sie, wenn ich jemand folge, macht es Schlagzeilen. Wenn ich jemand entfolge, kommt es auch in die Nachrichten. Daher habe ich Angst, Leuten zu folgen! (Lacht) Ich werde es herausfinden.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren Kindern, jetzt, wo sie Interesse daran zu haben scheinen, zum Kino zu gehören.
Aryan, Suhana und AbRam sind meine besten Freunde. Ich rede zu ihnen, plaudere mit ihnen und ich höre ihnen zu. Aryan studiert, um Filmemacher zu werden. Jede Woche rufe ich Aryan an und sage, ich möchte, dass du dir diesen Film anschaust. Manchmal ruft er mich zurück und sagt, er war ‚sehr langweilig, Papa.‘ Ich brachte ihn dazu, sich Jaane Bhi Do Yaaro anzuschauen, aber er fand ihn nicht so lustig wie wir damals. Der Humor hat sich geändert, die Empfindlichkeiten haben sich verändert. Es ist schön zu hören, was sie sagen. Sie mochten Fan. Aryan macht als Student Kurzfilme. Ich gucke sie mir an und sage meine Meinung. Suhana ist da komplexer. Sie wird erklären, was ihr gefiel und was nicht. Ich lasse sie ausreden, beziehe aber keinen Vorschlag in meine Filme ein, nur weil meine Kinder es sagen. Genauso wie ich nicht möchte, dass sie irgendeinen meiner Vorschläge bei dem einfließen lassen, was sie tun.

Wie schätzen Sie Ihre Entwicklung in den 25 Jahren ein?
Es ist ein großartiges Leben gewesen. Beruflich war es fantastisch. Ich schätze die Tatsache, dass meine Familie versteht, dass ich eine Figur des öffentlichen Lebens bin. Und auch, wenn ich sie nicht mit heim bringe, muss meine Familie meine beruflichen Probleme ertragen. So ruft mich meine Tochter nicht sehr oft an. Sie ruft mich ein- oder zweimal die Woche an. Mein Sohn ruft mich alle zwei Wochen an. Doch während der Veröffentlichung meines Filmes müssen mich meine Kinder viermal am Tag angerufen haben. Sie fragen bloß, „Papa, wie geht’s dir? Was gibt’s, ich bin da…“, aber ich kann ihre Gedanken verstehen. Es ist wie, ‚Oh, Papa’s Film kommt raus, wir müssen ihm beistehen.‘
Es ist selten, dass nach so vielen Jahren Arbeit ein neuer Schlag an Regisseuren immer noch begeistert ist, mit Ihnen zu arbeiten. Zum Beispiel Gauri Shinde. Sie war so aufgeregt, als ob ich ein Neuling wäre. Dass selbst ein ernsthafter Filmemacher wie Rahul Dholakia von einem kommerziellen Star wie mir begeistert ist, fühlt sich gut an. Ich habe alles. Gott ist freundlich gewesen. Ich kann mich entspannen und mein Leben genießen. Für die Welt da draußen habe ich einen Namen, Ruhm und Geld, eine wunderbare Familie, reizende Kinder, eine gute Produktionsfirma. Doch was am Ende für einen Schauspieler zählt ist, ‚bin ich in der Lage, so viele Menschen zu unterhalten, wie ich will?‘ Es verbleibt eine gewisse kreative Unvollständigkeit.