Dank Moserbaer habe ich nun endlich eine Fassung des Films mit guter Bild und Tonqualität und dachte mir, dem Film mal ein Denkmal zu setzen. Denn leider geht er in Shah Rukhs Filmographie meist unter. Und das hat der Film nicht verdient, auch wenn es sicher keine leichte Kost ist. Brutal realistisch und so ganz anders als der durchschnittliche Stoff, was sicher einer der Gründe ist, warum der Film durchgefallen ist.

Der Film spielt in dem unruhigen Jahr 1946, die beiden Archäologen und Freunde, der Hindu Saket Ram (Kamal Haasan) und der Muslim Amjad Ali Khan (Shah Rukh Khan) müssen die Ausgrabungen verlassen, da Unruhen drohen. Saket kehrt nach Calcutta zu seiner Frau Aparna (Rani Mukherjee) zurück. Dort kommt es zu Übergriffen der muslimischen Bevölkerung geben die Hindus. Dabei wird Sakets Frau Aparna von Muslimen vergewaltigt und ermordet. Saket ist zutiefst erschüttert und sucht auf eigene Faust inmitten der andauernden Kämpfe die Mörder. Er findet einige von ihnen und tötet sie. Doch die Alpträume bleiben, obwohl er wieder heiratet. Er kann den Verlust nicht verarbeiten, der Hass auf die Muslime treibt ihn schließlich in eine Gruppe radikaler Hindus in Delhi, die den vermeintlichen Grund alles Übels ermorden wollen, Mahatma Gandhi. Und Saket soll die Tat ausführen…

Der Film des südindischen Stars Kamal Haasan ist zwar etwas lang, wird aber nie langweilig. Man muss schon konzentriert mitschauen, um der Handlung folgen zu können. Die teils sehr verstörende und schockierende Handlung war, ist und bleibt ein kontroverses und interessantes, aber auch spannendes Thema. Es werden beide Seiten gezeigt, Gewalttätigkeiten gehen sowohl von der muslimischen als auch der hinduistischen Seite aus. Gewalt löst nur weitere Gewalt aus. Manchmal reicht ein harmloser Funke, um einen kommunalen Flächenbrand auszulösen, der viele Tote fordert. Der Film ist eindeutig nichts für zartbesaitete, da die Ausschreitungen brutal realistisch dargestellt werden, vor allem Aparnas Tod. Was Sakets seelische Verfassung nachvollziehbar macht.

In Indien sorgte diese schonungslose Darstellung für ziemlichen Wirbel, nicht zu reden von den zwei, für uns ziemlich harmlosen, Erotikszenen, die Anstoß erregten. Dazu kommt, dass die Muslimen eindeutig ein wenig schlechter wegkommen, was sich zum Ende hin zwar wieder aufhebt, aber doch hängen bleibt. Sakets Alpträume lassen die Geschehnisse nicht vergessen, zumal Kamal hier wirklich beängstigend intensiv spielt. Ich hatte mehr als einmal eine Gänsehaut. Die folgenden Ausschreitungen in Delhi sind zwar nicht ganz so verstörend, aber nicht weniger beängstigend, da sie noch tragischer sind. Man wünscht sich nur manchmal ein wenig mehr Informationen, da einige Ereignisse nicht ganz nachvollziehbar sind. Es tauchen auch teils zu viele Leute auf, deren Bedeutung man nicht ganz versteht, auch nach mehrmaligen Schauen nicht. Vor allem die Figur des Saket bleibt doch ein wenig oberflächlich, immerhin mutiert er zum radikalen Killer, den anscheinend niemand stoppen kann.

Hier kommt durch einen verrückten Zufall Shah Rukh als sein früherer Freund Amjad ins Spiel. Er erobert den verlorenen Boden der Muslime zurück (Shah Rukhs erste Rolle als Muslim in einem Film, komplett mit Bart und Kopfbedeckung). Im Gegensatz zu vielen anderen Gastauftritten gewinnt hier der Film von seinem Einsatz, er passt einfach perfekt in die Rolle. Er spielt auch diese Nebenrolle absolut überzeugend und ehrlich und zum Ende hin berührend intensiv. Seine Rolle ist extrem wichtig und der Umstand, das sie kein geringerer als Shah Rukh Khan spielt, verleiht ihr damit auch die notwendige Beachtung. Seine Überzeugung in Saket als seinen Freund und Bruder schafft es schließlich, diesem die Augen zu öffnen und wieder auf den richtigen Weg zurückzubringen, wenn auch erst nach weiteren gewalttätigen Ausschreitungen und Blutvergießen. Diese Szenen von Kamal und Shah Rukh gehören zu den Höhepunkten des Films, trotz des Endes.
Auch Rani überzeugt in ihrer kleinen Rolle, sie spielt sehr natürlich und liefert mit Kamal eine beeindruckende Erotikszene. Weitere kleine Rollen sind mit Om Puri, Hema Malini und Naseeruddin Shah als Ghandi besetzt, blieben aber kaum in Erinnerung.
Die Bildqualität ist unterschiedlich, auch da der Film in zwei verschiedenen Zeitebenen spielt. Doch meine neueste Version von Moserbaer ist die beste, die ich nach wohl drei Versuchen endlich habe. Auch der Ton ist diesmal besser.

Die Musik sagt mir in diesem Film nicht allzu sehr zu, richtig gefallen hat mir eigentlich nur der erste Song der drei Archäologen, Chahe Pandit Ko, die nicht ganz nüchtern ihre Freundschaft feiern. Bevor alles den Bach runter geht. Man sieht, das alle hier viel Spaß beim Dreh hatten und trotz ziemlich niedriger Temperaturen dürfen zum Schluss alle drei in den Pool springen (wer das Hall of Fame kennt, dürfte die Hintergründe kennen).
Hey Ram ist eindeutig ein Film, den man gesehen haben muss, vor allem, wenn man auch ein wenig an der jüngeren Geschichte Indiens interessiert ist und verstehen möchte, warum dieses Land auch heute noch immer ein riesiges Pulverfass ist. Wo schon eine unüberlegte Äußerung oder Tat einen verhängnisvollen Funken schlagen kann, siehe Shah Rukhs letzte Kontroverse wegen des Propheten. Und wenn schon aus keinem anderen Grund, ist zumindest Shah Rukh sehenswert in dem Film.