Ironischerweise war Kaal (2005, unter der Regie von Soham Shah), der in seiner für Bollywood recht untypischen Mischung aus Abenteuer und Horrorfilm eher aufs westliche Publikum abzielte, beim indischen Publikum erfolgreicher als im Ausland. Ein zwar interessantes, aber schwach umgesetztes Drehbuch und sonst gute, hier aber uninspirierte Schauspieler waren ein gefundenes Fressen für die Kritiker. Dabei liest sich das Starcast mit John Abraham, Ajay Devgn, Vivek Oberoi, Lara Dutt und Esha Deol gar nicht mal schlecht. Aber vielleicht sollte Karan Johar lieber weiter solche Filme produzieren, von denen er was versteht. Horror gehört definitiv nicht dazu.

Die Handlung ist schnell erzählt. Zwei Touristen verschwinden in einem nordindischen Nationalpark, angeblich wurden sie von Tigern gerissen. Obwohl die Jagd auf diese Tiere verboten ist, strömen dank seines bestechlichen Aufsehers viele Jäger in den Park. Einer der Möchtegernjäger ist Dev Malhotra (Vivek Oberoi), der mit seiner Freundin Ishika (Lara Dutta) und den Freunden Sajid (Kushaal Paunjabi) und Vishal (Vishal Malhotra) einen Ausflug in den Dschungel macht. Dabei treffen sie auf den Umweltforscher Krish Thapar (John Abraham) und seine Frau Riya (Esha Deol), die den Vorfall aufklären und die Tiger schützen wollen. Nun geschehen ständig mysteriöse Vorfälle und so langsam begreift die Gruppe, dass sie in Lebensgefahr schwebt. Hilfe kommt von unerwarteter Seite, als der Einheimische Kaali Pratap Singh (Ajay Devgn) versucht, sie aus dem Dschungel zu lotsen. Doch der Dschungel dezimiert Devs Truppe immer weiter und Kaali ist auch nicht der, der er zu sein scheint.

Spoiler
Mhm, der Film ist sicher nicht schlechter als so manch anderer, aber für mich ist das Beste daran immer noch die wirklich gelungene Itemnummer Kaal Dhamaal mit Shah Rukh Khan und Malaika Arora Khan ganz zu Anfang. Hier kann er mal richtig das sexy Tier in sich zeigen und da macht das Zuschauen Spaß. Doch danach herrscht eigentlich nur noch gähnende Langeweile, obwohl der Film sicher eine Botschaft übermitteln soll. Wenn es wenigstens ordentlicher Trash wäre, würde es wenigstens Spaß machen, doch es baut sich einfach keine Spannung auf. Der Regisseur versuchte zwar, mittels wohl gruselig gemeinter Einblendungen, übertriebener und mit der Zeit nerviger Soundeffekte, einer gewöhnungsbedürftigen Kameraführung und schlecht geklauten, absurden Todesszenen Horror zu erzeugen, doch ist das Ergebnis einfach nur banal und äußert anstrengend zu schauen.

Auch schafft es keiner der Schauspieler, die Aufmerksamkeit oder gar Sympathie des Zuschauers auf sich zu ziehen. Man leidet mit keinem der Opfer so richtig mit, es muss zumindest eine Figur in einem Film geben, in die man sich einfühlen kann. Das ist hier einfach nicht der Fall. Da sind die agierenden Tiere ja noch interessanter als die lustlosen Schauspieler.
Von allen Schauspielern hat mir Vivek Oberoi noch am besten gefallen, der doch einiges Potential zu haben scheint. Dagegen schienen John Abraham und Ajay Devgan nur körperlich anwesend gewesen zu sein, liegt vielleicht auch daran, dass die Rollen sie nicht unbedingt gefordert haben. Von den Frauen im Cast sieht und hört man nicht viel mehr als hysterisches Geschrei, aber auch das liegt sicher an den nicht gerade viel hergebenden Rollen. Ich frag mich sowieso immer, ob es bei Horrorfilmen die ungeschriebene Regel gibt, das die Figuren Dinge tun, die ganz offensichtlich schädlich für die Gesundheit sind. Man tut einfach nicht genau das, wovon einem eindringlich abgeraten wird. Frau geht nicht im Dunkeln irgendwohin. Niemand fährt im offenen Jeep durch ausgewiesenes Tigergebiet. So dämlich sind nur die Protagonisten dieses Genres, andererseits wie soll man sonst die Besetzung dezimieren. Fragen über Fragen…

Das Ende ist noch mit das interessanteste an dem Film, auch wenn es irgendwann offensichtlich ist, das es bei Kaali nicht so ganz mit rechten Dingen zugeht. Doch bei Bollywood muss wohl alles so holzhammermäßig inszeniert werden, dass es auch der Dümmste endlich versteht. Die Vorstellung, das Kaali als Schutzgeist des Dschungels auch weiterhin blutgierigen Wilderer das Handwerk legen wird, ist irgendwie befriedigend.
Der Soundtrack von Salim Sulaiman besteht eigentlich aus zwei handlungsunabhängigen Itemnummern, von denen wie schon erwähnt vor allem Kaal Dhamaal beim Vorspann heraus sticht. Die zweite kommt zum Abspann und zeigt die Hauptdarsteller. Sexy Itemgirls sind typisch für Bollywoods Tanzeinlagen, die nichts mit dem Film zu tun haben. So tut Mitproduzent Shah Rukh auch hier mal wieder etwas, was eigentlich unüblich ist. Eigentlich war er mit 40 schon zu alt dafür, doch das sieht man ihm nicht an. Shah Rukh und Malaika sind einfach ein klasse Paar für solche Tanzeinlagen, auch wenn in Dil Se besser. So richtig was fürs Fanherz. Die anderen Songs sind wie der ganze Film eher Durchschnitt und kommen nur als Hintergrundmusik oder im Bonusmaterial vor.

Bei einem solch seelenlosen und unruhigen Film können zwei Stunden ganz schön lang werden. Man kann in sich anschauen, muss es aber nicht. Ein paar dünn gesäte unterhaltsame Szenen und ein aufsehen erregender Einstieg machen noch keinen guten Film aus. Da ziehen auch große Namen nicht.