Shah Rukh mag nicht an Reinkarnation glauben, ich tue es. Der Gedanke, dass alle Seelen einfach so verlöschen sollen, ist mir zu unerträglich, was für eine Verschwendung.
Shah Rukh begann seine Karriere mit unkonventionellen Rollen und als Antiheld, hier spielt er zum ersten Mal den typischen Helden im Hindifilm und lernt dafür sogar reiten, in vier Tagen…

Der Film handelt im Wesentlichen von der Bedeutung des Glaubens und dreht sich um zwei Brüder, Karan (Salman Khan) und Arjun (Shah Rukh Khan), die seit der Kindheit im freundschaftlichen Wettstreit um die Liebe ihrer Mutter Durga (Rakhee) liegen. Ihre bedingungslose Liebe zur Mutter wird von ihnen buchstäblich in Stein verewigt. Sie verschweigt ihnen allerdings, wer ihr Vater war und das er von Durjan Singh (Amrish Puri) ermordet wurde. Die Geschichte kommt ans Licht, als der Thakur, der seinerzeit seinen Sohn und seine Schwiegertochter auf Betreiben seines intriganten Neffen Durjan verstoßen hatte, im Sterben liegt und den Wunsch äußert, sie und seine Enkel noch einmal zu sehen, um sie um Verzeihung zu bitten. Als er die Brüder rechtmäßig anerkennen und zu seinen Erben machen will, fährt Durjan dazwischen, ermordet erst den Großvater und dann die beiden Jungen auf brutalste Weise. Dem Sinn ihres Lebens beraubt und verzweifelt wendet sich die Mutter in ihrer Not an die Göttin Kali, und bittet sie um die Wiedergeburt ihrer Söhne, um diese Untat zu rächen. Der Glauben an die Göttin lässt sie die kommenden Jahre überstehen, sie vertraut darauf, dass ihre Söhne zu ihr zurückkehren werden. Und wirklich, ihr Flehen als Mutter und ihr Blutopfer an Kalis Altar hatten bei der Göttin Gehör gefunden, die beiden werden wiedergeboren. Jedoch weit weg und voneinander getrennt. An ihre vorige Geburt erinnern nur Albträume und Stimmen in der Nacht.

Karan wird als Ajay wiedergeboren, er verliert früh die Mutter und hat einen Säufer zum Vater, so ist er verbittert und wortkarg. Er verdient sein Geld als Preisboxer und wird nach einem denkwürdigen Kampf von dem Waffenschieber Saxena als Leibwächter verdingt. Arjun kommt als Vijay wieder, auch er verliert früh seine Eltern, wächst aber bei einem Freund seiner Eltern auf, der einen Reitstall besitzt. Hier wird Vijay unter Pferden groß und lernt in seiner Eigenschaft als Reitlehrer Sonia (Kajol) lernen und lieben, die Tochter von Saxena (Ranjeet), einem Partner von Durjan. Sie ist allerdings mit Durjans Sohn verlobt und dem ist ihre Beziehung zu Vijay ein Dorn im Auge.
Er brennt den Stall nieder und in seinem Zorn stürmt Vijay in Saxenas Haus, nur um dort Karan/Ajay gegenüberzustehen. Erst als erbitterte Feinde, doch dann greift Kali ein und stoppt sie. In der vorigen Geburt waren beide eher verspielte Muttersöhnchen, die zwar im Steinbruch schufteten, aber von ihrer Mutter zur Nächstenliebe und Duldsamkeit erzogen wurden. Sie mussten erst durch eine zweite, nicht so glückliche Geburt geschliffen und gehärtet werden, um eine Chance gegen den Erzfeind ihrer Familie zu haben, den Mörder ihres Vaters und Großvaters, ihren eigenen Mörder. Nun endlich vereint treten sie den Rachefeldzug gegen Durjan an.

Dieser Actionstreifen von 1995 unter der Regie von Rakesh Roshan gehört zu den bekannteren von Shah Rukh Khan und war in dem Jahr der zweiterfolgreichste Film, aber die Gründe dafür sind nicht ganz nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist er aus dem simplen, aber effektiven Stoff, den die Inder mögen. Der Film ist voller religiöser Mythologie und es wird am laufenden Band geprügelt, gestochen und geschossen, geblutet und gestorben. Und das meist mit den martialischsten Waffen auf brutalste Weise. Trotz der teils schlechten Qualität von Kulissen und Inszenierung ist der Film unterhaltsam und recht spannend, die Songs zwar nichts besonderes, aber meistens eingängig. Die Actionszenen sind besser als der übliche Durchschnitt, energischer gespielt, besser inszeniert und vor allem sehr glaubwürdig, da tut jeder Schlag oder Hieb weh. Auch nicht die Norm im Hindifilm der neunziger Jahre. Einige überraschende Ideen sorgen für Abwechslung, so kämpfen diesmal die Dörfler beim finalen Showdown mit, anstatt nur wie üblich als dumpfe Masse zuzuschauen. Ich hoffe allerdings, das in manchen Szenen keine echten Pferde eingesetzt wurden…

Die Besetzung verspricht viel, was die männlichen Darsteller auch erfüllen. Salman überzeugt als stiller, harter Einzelgänger und -kämpfer und Shah Rukh als lebenslustiger Draufgänger, der auch konsequent fighten kann, wenn es drauf ankommt. Die beiden bilden ein schlagkräftiges Duo und ergänzen einander. Und Amrish ist sowieso der Bösewicht per se. Doch die beiden Hauptdarstellerinnen Kajol und Mamta Kulkarni haben außer zu tanzen und hilflos auszusehen, nicht viel zu tun. Damit sind sie etwas verschwendet in dem Film. Einzige Ausnahme sind die Songs. Hier überzeugen vor allem Shah Rukh und Kajol, sie üben schon mal für ihren kommenden Blockbuster, mit dem sie Geschichte schreiben sollen. Romantik kommt allerdings kaum auf, aber es ist ja auch keine Liebesgeschichte. So eilt Shah Rukh auch nicht seiner Liebsten zur Seite, als sie benommen nach einem Schlag von Durjan zu Boden sinkt, sondern vollzieht erst mal kaltblütig seine Rache.
Das Shah Rukh mit dem Film so seine Probleme hat, ist nachvollziehbar. Er glaubt nicht an Reinkarnation und konnte dem Film nichts abgewinnen. Und er war als Schauspieler unterfordert.
Interessantes Detail in der Besetzung ist, das erst Ajay Devgan die Rolle des Karan spielen sollte. Allerdings wollte Ajay die Rolle des Arjun spielen und Shah Rukh die des Karan. Als Rakesh Roshan damit nicht einverstanden war, wollten beide aus dem Film aussteigen. Salman bekam die Rolle des Karan. Und dann kam es wegen einer unbedachten und missverstandenen Bemerkung von Shah Rukh über Bodybuilder in Zusammenhang mit Salman Khan zu einer Kontroverse. Da Shah Rukh nicht wollte, das Salman dachte, er mache den Film seinetwegen nicht, kehrte er zurück, was wiederum Ajay in den falschen Hals bekam.

Hat man keine Probleme mit der Thematik und erwartet nicht mehr als einen richtig schön trashigen Actionfilm mit einem bekannten Cast, hat man Spaß an dem Film. Ich zumindest habe ihn. Mit Salman kann ich heute zwar nichts mehr anfangen, doch in seinen älteren Filmen gefällt er mir, diese Rolle gehört dazu. Er bildet einen ruhigen Gegenpol zum quirligen Shah Rukh und sein Schrei ‚Lauf, Arjun, lauf’ geht unter die Haut.
Johny Lever ist zur Abwechslung mal erträglich in diesem Film, nur seine Stimme nervt.
Religiöse Mythologie spielt in diesem Drama um Rache, Mutterliebe und Loyalität unter Brüdern eine große Rolle, ohne aufgesetzt zu wirken und sich des erhobenen Zeigefingers zu bedienen. Das Thema Reinkarnation wird nicht einfach als gegeben hingenommen, sondern von den Protagonisten hinterfragt. So kann sich Vijay trotz jahrelanger Alpträume, deren surreale Bilder den Zuschauer angenehm gruseln, seines früheren Lebens erst genauer erinnern, als er mit seinem Bruder konfrontiert wird. Dieser hat größere Schwierigkeiten, das zu akzeptieren und tut es erst, als Vijay in einer wie schon erlebten Situation angegriffen wird. Doch als sie einmal ihre Mutter, ihr früheres Leben und jetzige Rolle in dem Spiel erkannt und angenommen haben, steht ihrer Rache nichts mehr im Wege. Beängstigend ist die starke Präsenz der Mutter als Vertreterin der Göttin, die in ihrem religiösen Wahn schon fast als Hexe rüberkommt. Diese Mischung aus Sympathie und Abscheu macht das Thema interessant.

Die Musik ist wie gesagt, nicht so herausragend, passt aber in die Handlung und macht meistens Spaß. Der beste Song ist sicher Jai Maa Kali, eine Ohrwurmmelodie, sehr kraftvoll und energisch umgesetzt. Wobei man sich schon fragt, warum Salman seine Brust zeigt und Shah Rukh wie ein Ninja Turtle bis oben zugeknöpft daherkommt. Und da ist da natürlich noch Jaati Hoon Main, der Song von Shah Rukh und Kajol im Pferdestall, sehr sexy, man hört es praktisch knistern. Dagegen knistert in Ek Munda zwischen Salman und Mamta überhaupt nix, der fällt meistens meinem Vorspulfinger zum Opfer. Ein lustiger Einfall ist dagegen Rana Jee Maaf Karna, man sollte allerdings eine DVD haben, wo auch die Songs untertitelt sind. Der Text ist nicht ohne und die Choreographie macht Laune. Bhangra Pale ist ein flotter Song, teils mit Säbeln, in dem man die beiden Tanzstile der Hauptdarsteller ganz gut vergleichen kann. Dass die Backgroundmusik größtenteils aus Terminator II geklaut ist, dürft inzwischen jedem bekannt sein.
Der Film ist ein Masalastreifen, der zwar nichts für schwache Nerven und Blutallergiker ist, aber spannend für jene, die dieses Genre lieben. Ein Muss für alle Fans von Shah Rukh ist er sowieso.