Om Shanti Om (2007) ist ein Reinkarnationsfilm, der im Hindifilmgeschäft angesiedelt ist. Unter der Regie von Farah Khan und produziert von Shah Rukh Khans Red Chillies Entertainment entstand ein Feuerwerk der Emotionen, das sich zum Ziel gesetzt hat, dem Hindifilm ein Denkmal zu setzen.
Die Handlung beginnt im Bombay der siebziger Jahre. Die beiden Statisten Om Makhija (Shah Rukh Khan) und Pappu (Shreyas Talpade) träumen davon, große Stars zu werden, müssen jedoch mit kleinen Rollen vorlieb nehmen. Wie seine Eltern scheint auch vor Om nur ein Leben als so genannter Junior Artist zu liegen, auch wenn sich seine Mutter Bela (Kiron Kher) eine strahlende Zukunft für ihren einzigen Sprössling erträumt.

Om ist unsterblich in die Leinwanddiva Shantipriya (Deepika Padukone) verliebt. Bei einer missglückten Actionszene bekommt er die Gelegenheit, die Schöne ganz nach alter Hindifilmmanier vor den Flammen zu retten und freundet sich mit ihr an. Doch mehr kann nicht daraus werden, denn wie Om zufällig mit anhört, ist sie bereits mit dem ehrgeizigen Produzenten Mukesh Mehra (Arjun Rampal) verheiratet. Dieser weigert sich, die Ehe öffentlich zu machen, da dies das Ende von Shantipriyas Karriere und damit auch seiner Zukunft bedeuten würde. Mukesh hat vor, die Tochter eines reichen Geschäftsmannes zu heiraten, um so an Geld für seinen neuen Film Om Shanti Om zu kommen. Doch Shanti besteht auf ihre Rechte als Ehefrau und baldige Mutter und Mukesh schmiedet einen teuflischen Plan, um sie loszuwerden und gleichzeitig an Geld zu kommen. Er lockt die ahnungslose Shanti in das prächtige Set seines Filmes und legt Feuer. Der unvollendete Film und das zerstörte Set bringen ihm mehr ein als der fertige Film. Doch er hat einen Zeugen: Om. Om versucht, Shanti zu retten, kann ihr jedoch nicht helfen. Selbst schwer verletzt, wird er von einem Auto angefahren. Im Krankenhaus erliegt er seinen Verletzungen.

Spoiler
Wie gesagt, es ist ein Reinkarnationsfilm, man mag daran glauben oder nicht. Om wird als Om Kapoor (OK), Sohn eines erfolgreichen Hindifilmstars, wiedergeboren und befindet sich so plötzlich auf der anderen Seite der Medaille. Als Starkind aufgewachsen, verwöhnt und nur mäßig mit Talent ausgestattet, schafft er es dennoch, das zu werden, was er in seinem früheren Leben nicht geschafft hatte, ein Filmstar zu werden. Nur gelegentliche Flashbacks, ein Mal am Handgelenk, wo früher eine Tätowierung des Om-Zeichens war, und eine Feuerphobie zeugen von seinem früheren Leben. 30 Jahre später beginnt er sich dank gewisser Auslöser, an sein früheres Leben zu erinnern und vor allem an sein gewaltsames Ende und den ungesühnten Mord an Shanti. Als er Mukesh wieder begegnet, wird der Drang in ihm übermächtig, der Gerechtigkeit Genüge zu tun und mit Hilfe seiner Mutter und Pappu arbeitet er an einem Plan, Mukesh zu überführen. Shantis Doppelgängerin Sandy spielt dabei eine wichtige Rolle.

Om Shanti Om feierte 2008 in Anwesenheit von Shah Rukh Khan bei der Berlinale seine Deutschlandpremiere und ich hatte das Glück, den Film dort zweimal und Shah Rukh sogar dreimal zu sehen. Jeweils vor und nach der Premiere, als er vors Publikum trat und noch einmal zwischen den beiden Vorstellungen am Seiteneingang. Dies sind unvergessliche Momente, auch wenn ich mich für das Ambiente dort geschämt habe. Ich war froh, das es dunkel war und so die Äußerlichkeiten nicht sichtbar. Innen war das Kino allerdings sehr gut, eine große Leinwand und bequeme Sitze. Und nie wieder habe ich eine solche Stimmung während einer Filmvorführung erlebt, nicht mal dieses Jahr im Berlinalepalast, wo es auch sehr lebhaft zuging.
Der Film ist eine Verbeugung vor der Filmwelt und so ist auch halb Bollywood darin zu sehen, nicht nur in Deewangi Deewangi, sondern auch in kleinen Gastrollen oder im Abspann, wo die Crew ganz nach Farahs Art zu sehen ist. Da tauchen Namen auf wie Shabana Azmi, Amitabh Bachchan, Abhishek Bachchan, Bipasha Basu, Vishal Dadlani, Subhash Ghai, Karan Johar, Rishi Kapoor, Farah Khan, Feroz Khan, Gauri Khan, Akshay Kumar, Bappi Lahiri, Govinda Ahuja, Dia Mirza, Koena Mitra, Chunkey Pandey, Amisha Patel, Mayur Puri, Hrithik Roshan, Rakesh Roshan und Reasat Selim. In kleinen Rollen sehen wir Leute, die sonst nur hinter der Kamera zu tun haben, Kameramänner, Assistenten, Designer, Bobby Chawla und Mushtaq Sheikh und andere Freunde haben ihren Auftritt und selbst Shah Rukhs Bodyguard darf seinen Chef mal ‚verprügeln’. OKs Assistent heisst übrigens nicht von ungefähr Anwar, dies ist eine kleine Hommage an Shah Rukhs früheren Sekretär, Assistenten und engen Freund Anwar, der zu Zeiten der Dreharbeiten von Asoka verstorben ist.

Om Shanti Om hat alles, was wir am Film und am indischen Film insbesondere lieben, er ist eine Wundertüte an Masala, mit jeder Menge Drama, Action, Humor, großen Gefühlen, herzzerreißenden Todesszenen und unglaublichen Wunder. Und vor allen Dingen ein Ende, wie es besser nicht sein kann. Der Film zelebriert dieses teils unglaubliche Starwesen, das uns immer wieder erstaunt und doch in Indien dazugehört, vermischt alle möglichen Stile und wartet mit einer ganzen Menge Querverweisen auf, nimmt sich selbst dabei aber nicht zu ernst. So entstand eine eher ironische Hommage. Farah schafft es in der ersten Hälfte, in einem rasanten Tempo die Siebziger aufleben zu lassen, mit all ihrer Pracht, aber auch Peinlichkeiten, riesige Poster blicken uns entgegen. Der Zuschauer bekommt einen kurzen Einblick in Subhash Ghais Karz, der Om Shanti Om als Vorlage diente, dank der Technik spielt Shanti in Dhoom Taana plötzlich mit Stars wie Sunil Dutt, Rajesh Khanna und Jeetendra, man erlebt hautnah die damaligen Dreharbeiten mit. Witzige Dialoge mit weiteren Anspielungen für die Insider, bekannte Sets und Kostüme würzen das Ganze. Da erfahren wir, warum Govinda seinen Nachnahmen ablegte, warum nur Schauspieler mit dem Namen Kapoor und Khanna Starpotential haben, oder wo Sooraj R. Barjatya seine Dialoge herhat. Dazu kommt eine wunderbare Kiron Kher, die ziemlich an der Schmerzgrenze eine typische filmi Ma der Siebziger spielt, inklusiver melodramatischer Auftritte. Aber wie Om einmal sagte, Overacting liegt bei ihm in der Familie.

Würze erhält die Handlung auch durch den Umstand, das Shah Rukh hier die Wirklichkeit auf den Kopf stellt, hier ist er der Nebendarsteller und Deepika die Diva, die er gnadenlos süß anhimmelt und umschwärmt. Die erste Hälfte geht leider immer viel zu schnell vorbei, die Handlung ist so straff und perfekt inszeniert, das es keine Längen gibt, was man von der zweiten Hälfte nicht so ohne weiteres behaupten kann.
Deepika hat in der ersten Hälfte eine Wahnsinns Ausstrahlung und bringt ihre Rolle perfekt rüber, Shah Rukh spielt ungeheuer vital den liebenswerten Loser, der alles für seine Liebe tut. Dazu kommt ein Shreyas Talpade, der mit ihnen ein wunderbares Ambiente schafft. Die beiden haben ein fantastisches Comic Timing und so manche Zeile wurde von ihnen improvisiert. In der zweiten Hälfte bewundern wir zwar anfänglich Shah Rukhs antrainierten Body, doch sein arrogantes Stargehabe ist erst mal so gar nicht sympathisch. Und Deepika verblasst etwas neben ihm. Ihre Romanze im ersten Leben mit ihrem erschütternden Ende wird im zweiten Leben erst in die Wege geleitet. Man kann sich vorstellen, wie es weitergeht, doch die Romantik fehlt hier, es geht vordergründig um die Rache. Und hier tritt Arjun so richtig als Bösewicht in Erscheinung. Seine Szenen mit Shah Rukh sind sehr intensiv und die Kampfszenen gelungen. Erst als Om sich an sein früheres Leben zu erinnern beginnt, kommt uns auch die Figur wieder näher. Wenn er mit diesem intensiven Blick in die Kamera schaut, bekomme ich jedes Mal Gänsehaut. Irgendwann möchte ich auch mal wissen, warum dieser Mann so eine Vorliebe für Feuer hat und das Wasser scheut, ist der Skorpion nicht ein Wasserzeichen?

Shah Rukh ist sowieso der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Films, wer ihn nicht mag, sollte sich den Film sparen, denn er ist fast immer präsent. Ohne zu zögern macht er sich auch mal über seinen Starstatus lustig, flirtet mit dem Dauervorwurf, immer dasselbe zu spielen und zeigt, dass er über sich selbst lachen kann. Wenn er in diesem absurden Kostüm die Tigerkatze verhaut, lieg ich heute noch vor Lachen am Boden. Doch nicht nur er, so ziemlich alle Stars, die auftauchen, nehmen sich in Gags, die sich auf sie beziehen, gnadenlos auf den Arm. Vor allem die Filmawardszene mit Akshay Kumar, Abhishek Bachchan, Subhash Ghai und Rishi Kapoor ist einfach nur zum Niederknien.
Der Film ist auch technisch auf dem neuesten Stand der Technik, die Spezialeffekte und die digitalen Bearbeitungen sind wirklich gelungen und lassen keine Wünsche offen. Mit solchen Filmen braucht sich Bollywood nicht vor Hollywood zu verstecken, wie OK einmal so treffend bemerkt.
Die Musik ist ein weiteres Highlight, das ich schon vor Erscheinen des Films mochte. Das ging wohl Vielen so, sonst hätten wir während der Vorführung nicht so schön mitsingen können.

Ajab Si kommt als erster Song mit einer wunderbaren Melodie daher, wird aber leider nur angespielt, der Song ist quasi Shantis Erkennungsmelodie. Dhoom Taana ist wie schon erwähnt eine Zusammenstellung alter Filme mit legendären Stars, die Technik macht es möglich. Die Kostüme sind ein Augenschmaus, ich sag nur, Shah Rukh in Stiefeln…
Main Agar Kahoon ist eines meiner Lieblingslieder, die Kulissen sind einfach bezaubernd filmi und die Melodie hat Ohrwurmqualitäten. Jage Soona Soona ist ein tief berührender Song des Verlustes einer Liebe, eine Kulisse, in die Om zufällig gerät, untermalt das Ganze perfekt. Man will ihn einfach nur noch in die Arme nehmen.

Dard-E-Disco, oh Mann, der wohl inhaltsleerste Song der Hindifilmgeschichte, der die Gemüter schon vor Filmstart beschäftigte. Eigentlich stehen wir ja über Oben-Ohne-Szenen, und doch ertappt man sich jedes Mal wieder dabei, sabbernd vor dem Bildschirm zu sitzen. Wenn Shah sich mit dem Daumen über die Brust fährt, ist jede Klosterfrau verloren, da werden Urinstinkte angesprochen. Trotzdem bin ich der Meinung, Shah Rukh hat so was nicht nötig und aus Gesundheitsgründen sollte er es in Zukunft lassen, so krank wie er in der Poolszene aussieht, möchte ich ihn nicht wieder sehen. Aber seine Intention ist verständlich, dieses Seht her, wenn ich will, kann ich das auch.

Deewangi Deewangi ist der wohl berühmteste Song des Film, in dem sich Stars aus Vergangenheit und Gegenwart die Klinke in die Hand geben: Rani Mukerji, Zayed Khan, Vidya Balan, Tusshar Kapoor, Jeetendra, Priyanka Chopra, Shilpa Shetty, Dharmendra, Shabana Azmi, Urmila Matondkar, Karisma Kapoor, Arbaaz Khan, Malaika Arora, Dino Morea, Amrita Arora, Juhi Chawla, Aftab Shivdasani, Tabu, Govinda, Mithun Chakraborty, Kajol, Preity Zinta, Bobby Deol, Rekha, Ritesh Deshmukh, Salman Khan, Saif Ali Khan, Sanjay Dutt, Lara Dutta und Sunil Shetty. Dies war eine Premiere im Hindifilm, in dem Gastauftritte an der Tagesordnung sind.

Aber als treuer Musicalfan ist mein absoluter Lieblingssong Dastaan-E-Om Shanti Om. Phantom of the Opera trifft Wuthering Heights. Shah Rukh als Heathcliff, what a look. Dieser Song hat einfach alles und übt außerdem noch eine wichtige Funktion aus, er fasst die Handlung nochmals zusammen und bringt sie auf den Punkt. Die Orchesterumsetzung war keine Geldverschwendung, sie verleiht dem ganzen eine umwerfende Bombastik, ein gelungener Abschluss für einen gelungenen Film.

Liebes Publikum, hört, was geschehen kann.
Wer sein Herz vergibt, vergibt manchmal auch sein Leben.
Aber wenn einer so innig liebt, kann er dann wirklich sterben?
Kommt und hört mir heute zu.

Die Geschichte erzählt von einem Jüngling,
der im Stillen verrückt nach einer Schönen war.
Sie war so wunderschön, dass sie für
ihre Schönheit in der ganzen Welt berühmt war.

Dies ist die Geschichte dieser beiden.
Sie heißt „Om Shanti Om“.

Des Jünglings einziger Wunsch, seine einzige Sehnsucht war,
die Schöne zu treffen und mit ihr die Farben der Liebe zu erleben.
Er wusste nicht, wie naiv das war. Doch was weiß die Wüste vom Meer?
Warum war das so? Was war der Grund?

Davon erzählt diese Geschichte.

Die Geschichte erzählt von einer anmutigen Schönheit,
die ihr Herz bereits vergeben hatte.
Doch der Jüngling war ahnungslos.
Und so musste sein Traum irgendwann böse enden.

Diese Geschichte erzählt von Träumen, die zerplatzten,
sie heißt „Om Shanti Om“.

Liebes Publikum, hört, was passieren kann.
So sehr man lacht, so sehr kann man auch weinen.
So wahnsinnig sie ihn liebte, so sehr wurde sie betrogen.
Kommt und hört mir heute zu.

Die Geschichte erzählt von einer unschuldigen Schönen,
deren Geliebter in Wirklichkeit ein Schwindler war.
Nachdem sie ihm ihr Herz geschenkt,
fand sie eines Tages durch die Hand des Untreuen den Tod.

Diese Geschichte voller Leid, sie heißt „Om Shanti Om“.

Der Mörder begreift jedoch nicht, dass so ein Verbrechen nie verjährt.
Wie ein Mal, das nie vergeht, klebt das Blut an seinen Händen.
Als die Schöne getötet wurde, kam einer dazu und war für sie da.
Doch retten konnte er sie nicht mehr. Wie beweinte die Liebe diesen Verlust!

Die Geschichte erzählt von einem, der den Mörder kennt
und der wiedergeboren wurde.
Das Leben sagt, der Mörder soll begreifen,
dass schon des Todes Schatten über ihm schwebt.

Von Wiedergeburt und Karma erzählt diese Geschichte.
Sie heißt „Om Shanti Om“.