Pardes heißt Fremdes Land/Ausland und genau das ist auch das Thema des Films. Er erzählt die Geschichte der jungen Ganga (Mahima Chaudhary), die behütet und konservativ erzogen in einem Dorf in Indien aufwächst. Kishorilal (Amrish Puri), ein Jugendfreund ihres Vaters Suraj Dev (Alok Nath), der Indien vor vielen Jahren verließ, um sein Glück in den USA zu versuchen und dort ein Imperium aufbaute, kommt zurück nach Indien, um für seinen Sohn eine desi Frau zu suchen. Denn Kishorilal hat trotz des Erfolges im Ausland seine indischen Wurzeln nicht vergessen, er bemüht sich, auch seiner Familie indische Werte, Tradition und Patriotismus zu vermitteln. Besonders seinem allzu westlich orientierten Sohn Rajiv (Apoorva Agnihotri), der in Amerika geboren und aufgewachsen ist und kein Interesse daran zeigt, Indien auch nur zu besuchen.

Ganga ist für ihn der Inbegriff der indischen Kultur und er fasst spontan den Entschluss, dass sie die Richtige für seinen Sohn ist. Die Bedenken seines alten Freundes und dessen Familie, die nicht sehr angetan davon sind, ihre Tochter ins Ausland ziehen zu lassen, zerstreut er redegewandt. Da er seinen Sohn kennt, schickt er seinen Ziehsohn Arjun (Shah Rukh Khan) mit nach Indien, um den Boden zu bereiten und Rajiv Land und Mädchen schmackhaft zu machen. Arjun, der in Indien geboren und aufgewachsen ist und erst als Teenager, nach dem Tod seiner Eltern, von Kishorilal in Obhut genommen und nach Amerika gebracht wurde, kennt Land und Leute und fungiert als Mittler zwischen den Welten und Kulturen, die hier aufeinanderprallen. Ganga und Rajiv sind sich nicht nur fremd, sie sind mit so unterschiedlichen Werten und Vorstellungen aufgewachsen, haben solch unterschiedliche Ansichten von Ehe und Liebe, das Arjun viel Arbeit vor sich hat, um die beiden einander näher zu bringen.

Rajiv findet Gefallen an Ganga und auch um seinen Vater zufrieden zu stellen, willigt er ein, das Mädchen zu heiraten, macht aber zur Bedingung, das sie erst ein wenig Zeit in Amerika verbringen solle, um sich anzupassen. Gangas Familie gibt ihre Einwilligung nur unter der Voraussetzung, dass sich die beiden zuerst in Indien verloben.
Auch Ganga erklärt sich einverstanden, auch aufgrund der Überredungskünste von Arjun, mit dem sie bald eine innige Freundschaft verbindet. Mit Träumen im Herzen und Sternen in den Augen bricht sie in ihre neue Heimat auf, wo sie an der Seite des ihr gegebenen Mannes ein glückliches Leben aufbauen möchte. Ein erster Dämpfer ist die Erkenntnis, das Arjun noch in Indien bleiben wird. Sie hatte geglaubt, er würde ihr auch weiterhin als Freund und Stütze zur Seite stehen. Doch Arjuns Arbeit endet am Flughafen, er hat Ost und West zusammengebracht, Ganga gehört nun Rajiv. Arjun verbirgt seine aufkeimende Zuneigung zu Ganga aus tiefem Respekt und bedingungsloser Liebe zu seinem Ziehvater Kishorilal und versucht, sich von ihr fernzuhalten.

So muss Ganga den heftigen Kulturschock zunächst allein bewältigen, denn von Kishorilals Familie erfährt sie kaum Unterstützung oder Verständnis, nur seine Mutter kann das junge Mädchen verstehen und versucht, ihr beizustehen. Denn Rajivs wahre Natur kommt mehr und mehr zum Vorschein und Ganga erste Zweifel, ob ihre Entscheidung die richtige war oder ihre gemeinsame Zukunft nur eine Illusion. Sie erfährt, dass er raucht und trinkt, bereits eine körperliche Beziehung zu einer Amerikanerin hatte und ganz allgemein der Inbegriff eines verwöhnten Lebemanns ist. Als Arjun endlich auftaucht und versucht, schlichtend einzugreifen, wird er wie ein niederer Lakai erst in seine Schranken verwiesen und schließlich sogar aus der Stadt komplimentiert.
In Las Vegas kommt es zum Eklat, als Rajiv betrunken versucht, seine Rechte als Ehemann noch vor der Hochzeit einzufordern. In ihrer Verzweiflung schlägt Ganga ihn bewusstlos und läuft Hals über Kopf davon. Sie will nur noch zurück nach Indien. Als Arjun sie endlich findet, besteht sie darauf, sofort nach Hause zu fliegen und nicht erst Kishorilal dahingehend zu informieren, was passiert ist.

Zurück in Indien glaubt jedoch jeder, das Arjun im eigenen Interesse Ganga entführt habe. Beide Väter machen ihn für die vermeintlich schändlichen Vorfälle verantwortlich und sind bereit, für die Wiederherstellung der Familienehre Blut zu vergießen. So kommt es zum Eklat, bei dem nicht nur Waffen klirren, sondern Ganga und Arjun sich auch endlich ihre Liebe zueinander eingestehen.
Pardes macht sich die verbreitete Gewohnheit zum Thema, junge Mädchen aus Indien mit der zweiten Generation der Auswanderer zu verheiraten, sowie dem daraus folgenden Kulturschock, wenn die beiden Welten aufeinanderprallen. Der Film wurde 1997 ein Hit, nicht nur in Indien, sondern auch im Ausland.

Es ist eigenartig, vor einigen Jahren, als ich Pardes zum ersten Mal sah, gehörte er zu meinen Favoriten (einige Szenen und ein paar der Songs gehören noch immer dazu), doch inzwischen ist er immer mehr in meiner persönlichen Liste abgestiegen. Vielleicht weil ich inzwischen alle Filme von Shah Rukh gesehen habe und den Unterschied kenne, wann er nur körperlich anwesend ist und wann auch mit Herz und Seele. Und das hat nichts damit zu tun, ob es ein Hit oder Flop ist. Mir ist ein so genannter Flop, in dem er mit Spaß und Leidenschaft spielt, lieber als ein Hit, in dem er den besseren Statisten gibt. Nicht, das er schlecht spielen würde, im Gegenteil, technisch gesehen ist dieser zurückhaltend gespielte Film einer seiner besten, doch spricht er mich als Gesamtheit nicht mehr an. Das mag auch an den Klischees liegen, mit denen der Film überreichlich gepflastert ist. Das macht den Film leider allzu vorhersehbar, von den Längen zwischendurch ganz abgesehen. Vielleicht lasse ich mich aber auch zu sehr von dem Hintergrundwissen beeinflussen, ich weiß es nicht. So gab es reichlich Gerüchte, das Shah Rukh und Subhash Ghai nicht besonders gut miteinander konnten, die Drehpläne zu viele Stillstandszeiten aufwiesen und auch, das Subhash Shah Rukh nicht nach Indien zurückfliegen lassen wollte, als es Gauri nicht gut ging.

Schon gleich der Anfang schwört den Zuschauer auf den Tonus des Films ein. Long Live India. Nun gut, das kennen wir aus vielen Bollywoodfilmen. Da ist der Westen böse per se und Indien sowieso das beste Land der Welt. Soviel Nationalstolz mag nur uns Deutsche suspekt sein, da uns dieser nachhaltig ausgetrieben wurde. Das einem jungen, naiven Mädchen vom Lande in der Fremde Gefahr drohen mag, ist ja ganz richtig, aber dafür allem außerhalb Indiens die Moral abzusprechen, geht dann doch zu weit.

Und genauso klischeehaft und eindimensional sind dann auch die Figuren angelegt. Ganga (wie der Name schon sagt) als Verkörperung der Reinheit, Rajiv als der von Ausland verdorbene NRI der zweiten Generation und Arjun, der aufrechte Sohn des Landes, der zurückkehrt und die Unschuld von Ganga mit seinem Blut bewahrt. An sich eine interessante und konfliktträchtige Dreiecksgeschichte, aber was in anderen Filmen funktionieren mag, klappt bei Subhash Ghai irgendwie nicht. Ich konnte bei Ganga einfach nicht mitleiden, und Arjun war für mich nur interessant, weil Shah Rukh ihn spielte. Dennoch bleibt auch seine Rolle zu blass, er spielt allzu zurückhaltend und passiv. Vielleicht stört es mich, weil wir anderes von ihm gewohnt sind. Hin und wieder blitzt sein Schalk durch und in manchen Szenen spielt er mit seinen Augen, doch das trägt keinen ganzen Film. Eine Szene, die mich tief berührt hat ist die, als Arjun nach dem Streit mit Ganga sagt, er würde nicht wiederkommen und dann schaut er nach einer kurzen, spannungsgeladenen Pause um die Ecke und nickt.

Während wir lang und breit Ganga vorgestellt bekommen, wird Arjun nur kurz umrissen. Da gibt es so viele Punkte, die einer Vertiefung wert gewesen wären. Zum Beispiel seine Karriere als Musiker, sein Verhältnis zu Kishorilal und dem Rest der Familie. Die Figur bleibt zu passiv, Subhash hätte ihm öfter erlauben sollen, die Stimme zu erheben, anstatt alles hinzunehmen. Da freut man sich direkt, wenn er mal die Fäuste benutzen darf und zeigen, dass er lebendig ist. Erst zum Schluss bricht alles aus ihm raus, aber auch hier zu kurz und oberflächlich und wieder räumt er das Feld, anstatt sich seiner Liebe zu stellen. Was bei DDLJ ganz in Ordnung war, irritiert hier.
Ein bisschen Leben in den Film bringt dagegen der Bösewicht Rajiv, der all die guten Inder ein wenig aufmischen darf. Spielt er in Indien noch gezwungenermaßen mit, darf er in Amerika so richtig schön fies und arrogant sein. Zwischen zuviel weiß ist ein wenig rot doch eine willkommene Abwechslung. Auch Amrish Puri ist wie gewohnt souverän in seiner Rolle des Patriarchen, der es ja nur gut meint, aber eben schon zu lange im Ausland lebt und daher seine alte Heimat allzu sehr romantisiert. Er sollte eben besser wissen, was passiert, wenn man eine Treibhausblume in der Prärie auspflanzen will.

Das positive ist, das Tempo des Films erhöht sich zum Ende hin. Die Figuren bekommen ein paar stärkere Szenen, während sich die Climax aufbaut. Die unvermeidliche Prügelszene macht diesmal sogar einen Sinn, als Gut und Böse aufeinanderprallen. Und Shah Rukhs Augen in Großaufnahme in einem blutigen, verschwitzten Gesicht sind als Belohnung fürs Durchhalten allemal geeignet.
Von der Musik her gab es für mich drei Songs, die ich eine Zeit lang in Dauerschleife gehört habe, Meri Mehbooba, Dewaana Dil und Nahi Hona Tha. Die tanzenden Mechaniker muss man einfach mögen.
Wenn man mit den ganzen Plattitüden leben kann und nicht allzu große Ansprüche an den Schauspieler Shah Rukh Khan stellt, ist dieser Film sicher unterhaltsam. Ansehen sollte man ihn sich auf jeden Fall, schon, um den Unterschied zu sehen.

Trivia
Mahima Chaudhary heißt eigentlich Ritu Machima. Zu ihrem Filmdebüt in Pardes änderte sie ihn, da sie glaubte, das M brächte ihr mehr Glück. Die Rolle der Ganga war zuerst Madhuri Dixit und Juhi Chawla angeboten worden.