Shekhar Subramaniam/G.One – Shahrukh Khan
Sonia Subramaniam – Kareena Kapoor
Ra.One – Tom Wu, Arjun Rampal
Prateek Subramaniam/Lucifer – Armaan Verma
Jenny Nayar – Shahana Goswami
Akashi – Tom Wu
Barron – Dalip Tahil
Iyer – Satish Shah

Gastauftritte von Rajinikanth als Chitti, Sanjay Dutt als Khalnayak und Priyanka Chopra als Desi Girl

Gesabbert, gelacht, gebibbert, geweint, gehofft, noch mehr gelacht, mitgefiebert, wieder geweint und gehofft…
Dieser Film beinhaltet die ganze Palette der Emotionen, eine Handlung, die nur auf den allerersten Blick simpel erscheint und eine ganze Riege großartig agierender Schauspieler, die ihre Rollen mehr als glaubhaft porträtieren. Wie man diesem Film auch nur Mittelmäßigkeit vorwerfen kann, ist mir schleierhaft.

London: Prateek, der Sohn des Spieledesigners Shekhar und Sonia Subramanian, der angehenden Autorin eines Schimpfwörterbuches für Frauen, ist ein ganz normaler Junge, der gern mit seinen Freunden herumhängt und Computerspiele mag. Er will cool sein und noch mehr, einen coolen Vater, einen Helden. Doch den Helden in seinem Dad Shekhar sieht man erst auf den zweiten Blick, er ist ein ganz normaler Typ, der seine Familie liebt, gut in seinem Job ist und seinem Sohn seine Werte vermitteln will. Ein ganz normaler Mann halt, der immer nur das Beste will und in seiner Schusseligkeit auch mal Chaos anrichtet. Er arbeitet mit Jenny Nayar und Akashi bei Barron Industries als Gamedesigner und will nur eines, dass sein Sohn stolz auf ihn ist. Also erfüllt er ihm seinen größten Wunsch und kreiert in seinem nächsten Spiel statt eines (langweiligen) Helden den unbesiegbaren Bösewicht Ra.One (sprich Raavan, Dämon aus dem Ramayan), der in sich die zehn bösesten Menschen der Geschichte vereint, alle bekannten Kampfsportarten beherrscht, in jede Gestalt schlüpfen und Gedanken manipulieren kann, und so mächtiger ist als jeder Superheld. Er ist zunächst gesichtslos, da das Böse viele Gesichter trägt. Als den Guten entwickelt er G.One (sprich Jeevan, Hindi für Leben), der Shekhar nicht nur äußerlich ähnelt, sondern auch seine Werte und einige andere liebenswürdige Eigenschaften in sich trägt, Ra.One rein kräftemäßig allerdings unterlegen ist. Und endlich sieht er Stolz und Begeisterung in den Augen seines Sohnes. Doch Shekhar hat wie so oft zu viel des Guten getan und dem Bösen zu viele Fähigkeiten und Macht verliehen. Und vor allem den Drang, immer zu siegen und keine Niederlage hinzunehmen.

Das Spiel besteht aus drei Levels, der Spieler schlüpft in einen Anzug und steuert mit seinen Bewegungen G.One, um gegen Ra.One anzutreten und erst im dritten Level können die Kontrahenten vernichtet werden. Beide tragen ein H.A.R.T. auf ihrer Brust, das ihnen volle Stärke verleiht, sie aber auch verwundbar macht, denn nur mit ihrem Hart vereint können sie vernichtet werden, man kann sie nicht separat zerstören. Wie beim Menschen ist dieses Herz ihre größte Stärke, aber auch ihre größte Schwäche. Im dritten Level tragen beide eine Waffe mit einer Kugel, wer zuerst schießt und trifft, gewinnt.
Schon während der Konstruktion von Ra.One treten unerklärliche Dinge auf, die aber aufgrund des Zeitdrucks, unter dem das Team steht, nicht weiter untersucht werden. Es wird zwar registriert, dass Ra.One anscheinend lernfähig ist, die möglichen Folgen werden aber weitgehend ignoriert. Das Spiel wird unter großem Applaus vorgestellt und ist ein voller Erfolg. Als Prateek das Spiel als erster spielen darf, bringt er es nicht zu Ende, da er nach Hause muss, bricht er mittendrin ab und verlässt das Spiel, was Ra.One nicht hinnimmt. Mit Hilfe einer von Barrons entwickelten Technologie, die mittels der uns umgebenden Trägerwellen des WLAN Dinge aus der virtuellen Welt in die reale Welt zu bringen vermag, schafft es Ra.One in die reale Welt, um seinen Gegenspieler zu besiegen. Er schlüpft in die Gestalt von Akashi und macht sich auf die Suche nach Prateek.
Als Shekhar feststellt, was passiert ist, ist es bereits zu spät. Er stellt sich Ra.One in den Weg, um ihn zu stoppen, doch Prateek wird die Hilfe von G.One brauchen, den Jenny ihrerseits in die Welt hinausschickt, um mit ihm zusammen Ra.One zu besiegen und in die virtuelle Welt zurückzubringen, wo die beiden hingehören…

Achtung Spoiler!
Shah Rukh Khan ist es mit Hilfe seines Regisseurs Anubhav Sinha wirklich gelungen, einen unterhaltsamen Film zu schaffen, in den er alles reingepackt hat, was er vermitteln wollte und dazu einen, der sich technisch gesehen nicht vor Hollywood verstecken muss. Überzeugende Spielegrafiken, rasante Stunts und überwältigende Effekte, wie in Slowmotion fliegende Glasstücke und verdampfende Wassertropfen auf den Kampfanzügen von Ra.One und G.One in ihrem letzten Kampf, runden eine Geschichte ab, die wie gesagt nur auf den ersten Blick simpel erscheint. Erst bei mehrmaligen Ansehen enthüllt sich eine vielschichtige Handlung, die vor allem eines aussagt, Pass auf, was du dir wünscht, es könnte sich erfüllen und Erwecke keine Kräfte, die du nicht beherrschen kannst. Dabei ist der Film trotz aller Gewalttätigkeit überraschend blutlos. Bis auf ein unprofessionell entnommenes Körperteil und trotz, ich glaube, sechs Todesfällen, sieht man in dem ganzen Film kein Blut fließen, es kommt zu keinen Gewaltexzessen, wie sonst in diesen Filmen üblich.
Die Figur Ra.One ist wie gesagt eigentlich gesichtslos, da das Böse jede Gestalt annehmen kann, sie wird erst von Tom Wu und dann von Arjun Rampal beängstigend überzeugend dargestellt. Wie bei Computerspielen üblich, unbewegte Minen, nur ein teuflisches Lächeln, das für Gänsehaut sorgt. Vor allem Arjun ist einfach großartig, auch wenn er storybedingt nicht allzu viel in Erscheinung tritt. Auf der Suche nach seinem HART, das ihm G.One in ihrem ersten Kampf genommen hat, folgt er Sonia und Prateek nach Indien, um es sich zurückzuholen und Prateek zu töten. Er kann vielleicht alle möglichen und unmöglichen Kampfsportarten, aber von den Menschen versteht er nichts, er will sein Herz zurück, ohne zu realisieren, dass er dann verwundbar sein wird und versteht nichts von Opferbereitschaft. Erst die von Shekhar und dann die von G.One, der ihn nur mit einer List besiegen kann, und nur zusammen mit seinem Spieler, Prateek.
Shekhar als der im Alltag etwas trottelige, in seinem Job aber kompetente Familienvater und Spieledesigner wird von Shah Ruh Khan einmal mehr sehr glaubhaft dargestellt, bei seinem Schauspiel gehen mir so langsam die Adjektive aus. Ich sage nur Michael Jackson und Piercing, solche Szenen hätte ich nie von ihm erwartet. Er bringt viel Humor und Wärme in die Figur des Vaters, der seinem Sohn auch ohne Gewalt ein Vorbild sein will und ihm einige entscheidende Weisheiten mit auf dem Weg gibt, die diesem am Ende den Sieg über das Böse ermöglichen werden. Bei seiner Programmierung des G.One gibt er diesem auch seine Werte mit und so einige seiner Eigenschaften wie seine Vorliebe fürs Tanzen, aber auch seine Opferbereitschaft.
Auch G.One ist lernfähig, seine Mine unbewegt bis auf ein verschmitztes Lächeln, und doch schafft es SRK hier, mittels Situationskomik und Wortwitz den Zuschauer Tränen lachen zu lassen.
Da Emotionen nicht mit seinem System kompatibel sind (HART – „Herzen“sangelegenheiten sind sehr kompliziert), überlässt er Sonia die Entscheidung, sich Ra.One zu stellen oder weiter zu fliehen, doch als er vor der Entscheidung steht, Sonia oder Prateek zu retten, entscheidet er emotional und logisch zugleich. Von Sonia und Prateek lernt er so langsam, die Menschen zu verstehen und entscheidet sich am Ende, über seinen Daseinszweck hinaus, Prateek zu retten, dafür, alle Teile des vernichteten Ra.One in sich aufzunehmen, was sein eigenes Ende bedeutet, und damit alles Böse wieder mit in die virtuelle Welt zu nehmen.

Kurz zu den blauen Augen von G.One. Sie haben sicher nicht nur den Zweck, die Elektrizität zu symbolisieren, aus der er besteht und die ihm seine Kraft verleiht, sowie einen Kontrast zu den roten Augen von Ra.One zu bilden, sie verstärken auch die Emotionslosigkeit der Spielfigur. Hier wären Shah Rukhs warme braunen und ausdrucksstarken Augen wohl fehl am Platz gewesen.
Überhaupt sind in diesem Film wieder Shah Rukhs Augen das beherrschende Element in seiner Darstellung. Die Angst ihn ihnen, aber auch die Entschlossenheit, als er sich seinem Schicksal stellt, um seinen Sohn zu retten, die Liebe zu seiner Frau, die sich in ihnen spiegelt, die Leidenschaft zu seiner Arbeit und nicht zuletzt sind es auch die blauen Augen, die Stärke und Souveränität vermitteln.
Sonia wird von Kareena Kapoor gespielt, sie ist im ganzen Film präsent und darf sexy sein und mütterlich, schwach und stark, gut und böse, und all das tut sie sehr souverän, ohne hinter Shah Rukh zurückzubleiben, die beiden bilden ein wirklich schönes Filmpaar, bei dem die Chemie einfach stimmt. Sie haben ein paar wunderbare Dialoge, die vor allem wegen des Schimpfwörterbuchs, das Sonia schreibt und an ihrem Mann ausprobiert, die Handlung auflockern. Sie bleibt auch nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes stark und will nur eines, ihren Sohn beschützen, dafür nimmt sie auch die Anwesenheit von G.One, der sie stets an Shekhar erinnert und im täglichen Umgang nicht ganz einfach ist, in Kauf. Ihre Emotionalität, ihre Tränen vermitteln G.One das Konzept von Freude und Trauer. So ist das Letzte, was er vor seinem Ende registriert, die Träne in Prateeks Augen, der seinen Vater noch einmal verliert.
Armaan Verma in der Rolle des Prateek hat mich sehr überrascht. An der Seite von solchen Filmgrößen zu spielen, war sicher nicht leicht, doch er spielt seine Rolle wunderbar einfühlsam, in lustigen wie auch in ernsten Szenen. Seine Geste, wie er die Asche seines Vaters einsteckt, um etwas von ihm bei sich zu behalten, war sehr bewegend. Diesen Jungen sollte man im Auge behalten. Prateek haben wir auch die erste Szene mit den wunderbar agierenden Gaststars Sanjay Dutt (der seine Rolle in Khalnayak parodiert) und Priyanka Chopra zu verdanken, so stellt er sich seinen Vater vor, als Held, der alle besiegt. Diese Comicszene im Mangastil ist kraftvoll, sinnlich und hat genug Humor, um sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Shah Rukh als stilisierter Asoka ist der Stoff, aus dem Träume entstehen, ich sage nur weiß gesträhnte Wallemähne und ein Körper, der…

Da muss ich auch noch ein paar Worte zu den Song and Dance Szenen sagen. Von dem Soundtrack von Vishal-Shekhar war ich zuvor nur mäßig beeindruckt, eigentlich hat mir nur Bhare Naina und Raftaarein gefallen. Doch in dem Film kommen die Lieder dann ganz anders herüber. Sie fügen sich lückenlos in die Handlung ein, sind ein Teil derselben oder bestehen aus Rückblenden, anstatt einfach nur Fantasieprodukte zu sein. Und tanzen kann Shah Rukh noch immer sehr gut, Hut ab, bei seinem Knie. Erfrischend neue Tanzschritte verleihen den Songs einen überraschend anderen Ausdruck, schön zu sehen auch die anfängliche Steifheit und Eckigkeit in G.One’s Tanzstil in Chammak Challo, ehe er sich an die Bewegungsabläufe gewöhnt. Criminal, wow, ich sag nur, sehr sexy Tanzbewegungen von Shah Rukh und auch hier ist wieder die knisternde Chemie mit Kareena seh- und spürbar. Doch noch immer ist Raftaarein mein Lieblingslied, das kraftvolle Thema kommt bei den Actionszenen und als Abspannsong. Dazu muss ich noch sagen, ich habe in dem ganzen Film niemals Shah Rukh Khan gesehen, bis auf diesen Abspannsong. Diese triumphale Wildheit, die zur Faust geballten Mine drückt all seine Gefühle aus, all die Jahre, die er in diesen Film gesteckt hat, und nun die Aufforderung, kommt her und schaut, was ich geschaffen hab, schaut und wenn es euch nicht gefällt, macht es erst mal selber…
Fazit: Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt, der Film hat keine Längen, überzeugende und mitreißende Actionszenen, eine stimmige Handlung ohne Logiklöcher, viel Witz und Situationskomik und ein Ende, das alles offen lässt, auch eine Fortsetzung. Ich habe selten so gelacht und mit gefiebert und es ist lange her, dass mich ein Film über Nächte nicht hat schlafen lassen. Sollte der Film noch mal auf Deutsch im größeren Rahmen in die Kinos kommen, kann ich nur empfehlen, geht hin und schaut ihn an. Trotz einiger Gewaltszenen ist er für mich ein Familienfilm, mit einer Botschaft, die wohl nie ihre Aktualität verlieren wird.
Zwei absolute No Go hat der Film allerdings auch für mich. Der Sinn der Szene von Rajinikanth hat sich mir auch nach viermaligem Ansehen nicht erschlossen, sorry an alle Fans des südindischen Superstars, aber am Ende war es nur noch peinlich. Und bitte, bitte, lieber Shah Rukh, bleib bei deiner Entscheidung, nicht in der Öffentlichkeit zu essen, oder benutze bitte eine Gabel… danke.