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Nov 07, 2015

Mein lieber Shah Rukh,

Ich werde es Ihnen nicht übelnehmen, wenn Sie beschließen, mir nie wieder ein Interview zu geben. Das ist das zweite oder dritte Mal, dass die Ehrlichkeit Ihrer Gedanken und die Klarheit Ihrer Überzeugung — als Antwort auf meine Fragen, Fragen, die niemals irgendwas mit Kajol oder Karan Johar oder selbst dem Lungi Dance zu tun hatten — Sie mitten in eine sinnlose und schändliche Kontroverse verschlagen hat.
In dieser Woche fragten mich einige rechtsorientierte Ideologen, warum ich Ihnen diese Fragen stellte. Sie deuteten an, dass ich durch die Diskussion über Probleme der kreativen Freiheit, die umfassendere Debatte um Toleranz und vor allem, die Prüfung, der Sie sich als indischer Muslim von sich auf die Brust klopfenden Hypernationalisten haben stellen müssen, Anzeichen meiner eigenen verdrehten und kommunalen Meinung offenbarte.
Ich ignorierte die Toxizität der Aussage und erinnerte sie daran, dass es eine Vorgeschichte zu Ihren Worten gab, als Sie mir erzählten, dass die Notwendigkeit, Ihren Patriotismus zu beweisen, “die erniedrigendste und verletzendste” Erfahrung Ihres Lebens war.
Es geht zurück auf das Jahr 2010, als wir für ein Interview zusammensaßen, genauso, wie wir es in dieser Woche taten. Im Laufe der Jahre sind unsere Gespräche langsame Spaziergänge geworden, die zwanglos durch ein zutiefst emotionales Terrain wandern. Sie haben mit mir mit einer Offenheit gesprochen, die mich entwaffnet hat. Sie — Indien’ s beliebtester Star — haben mir gesagt, dass Sie keine Freunde haben. Sie haben offen darüber gesprochen, wie “einsam und zurückgezogen” Sie sind, und warum Ihre Tochter die einzige ist, die Sie wirklich versteht.
Sie haben im nationalen Fernsehen laut darüber nachgedacht, ob es Ihr Fehler ist, dass Sie Freundschaften nicht aufrechterhalten können. Sie sind bei mehr als einer Gelegenheit bereit gewesen, in sich zu gehen und ein, zwei Witze zu machen, ohne die Blasiertheit und Selbstgefälligkeit, die für andere in Ihrer Zunft so typisch ist. Sie haben über sich selbst gelacht und mich zum lachen gebracht. Sie haben Fragen der Medien immer direkt beantwortet, indem Sie ihnen mit selbstironischem Witz begegnen — selbst wenn ein oder zwei von ihnen aufdringlich und geschmacklos sind und Sie aufs äußerste reizen. Wie das eine Mal, als Sie dem Reporter, der fragte, ob Sie homosexuell seien, lachend sagten: “Kabhie mere saath ek raat to guzaro (Verbringen Sie irgendwann mal eine Nacht mit mir).”
Doch als wir uns vor fünf Jahren in Mumbai trafen, waren Sie zornig. Weil Sie auch damals, genau wie heute, die irre Hassbrigade nach Pakistan verbannen wollte. (die Glücklichen, meine ich.) Sie wurden aufgefordert, sich für Ihre Ansicht zu entschuldigen, dass Pakistanern erlaubt werden sollte, in der indischen Premier League zu spielen. Und Sie lehnten mutigerweise ab. Ihr Film My Name Is Khan sollte gerade herauskommen; die Shiv Sena hatte Kinos attackiert, die ihn brachten; sie wollten eine Entschuldigung, bevor Ihr Film freies Geleit bekommen würde. Sie blieben bei Ihrer Meinung. Und Sie sagten zu mir, “Ich habe immer jedem gesagt, dass wir drei Arten von Identitäten besitzen; wir haben eine familiäre Identität durch die Religion, in die wir geboren werden, so sind Sie ein Muslim, ein Hindu, oder ein Sikh und Sie müssen daran glauben, weil es das ist, was Ihnen gelehrt worden ist . Dann gibt es den Ort, wo Sie leben und arbeiten, oder geboren sind und arbeiten — das ist Ihre regionale Identität. Aber all das ist eine Teilmenge Ihrer staatlichen Identität, Ihrer nationalen Identität; wann wurden Teilmengen wichtiger als die Menge selbst?”
Zwei Jahre später gerieten Sie in ein Handgemenge im Wankhede Stadion — Sie bedauerten es später und sagten, dass Sie einen Fehler gemacht haben — aber ich weiß noch, wie Sie mir erzählten, dass der Offizielle Ihnen eine kommunale Beleidung zuflüsterte, eine Beschimpfung, die Sie einmal mehr wegen Ihrer Religion ins Visier nahm.
Nun, hier sind wir wieder, im Jahre 2015, wo Sie in meinem Interview prophetisch sagten, “An alle, die mir sagen, ich solle nach Pakistan gehen, dies ist mein Land, ich gehe nirgendwo hin. Daher, haltet die Klappe, seid einfach still.”
Doch sie taten es nicht, stimmt’s? Als Sie sagten, “Unsere Religion kann nicht durch unsere Fleischverzehrgewohnheiten definiert oder respektiert werden. Wie banal und albern ist das.” Ich wollte aufspringen und applaudieren. Auf Ihre sachliche Weise hatten Sie die sinnlose, dennoch gefährliche Debatte über die Rindfleischpolitik abgeschlossen, die Indien in diesen letzten paar Monaten schwer gezeichnet hat. Sie sprachen über alles, von dem Kampf im Filminstitut (Sie unterstützen die Studenten) bis zu jenen, die Awards zurückgeben (nicht Ihre bevorzugte Art des Protests, aber Sie finden sie mutig). Und ungeachtet dessen, womit Ihnen die Sena 2010 drohte, wiederholten Sie Ihre Unterstützung für kreative Köpfe aus Pakistan, um ihnen einen Platz in unseren Filmen zu geben.
Sie sind der Erste unter Ihresgleichen in der Gemeinschaft. Kaum ein anderer (außer einer Handvoll bemerkenswerter Ausnahmen) unter den größten und glamourösesten Stars ist bereit zu reden — wenn Sie es höflich formulieren, können Sie es Zurückhaltung nennen; wenn Sie unverblümt sind, lautet das Wort, das Sie verwenden würden, Feigheit. Doch Sie widersetzten sich dem Trend, wieder mal.
Am widerwärtigsten ist, wie Ihnen jetzt gesagt wird, dass die Tatsache, dass ein ‘Khan’ so populär sein kann, ein Beweis für Indiens Säkularismus sei. Sie sahen diesen Unsinn voraus, als Sie mir in beißendem Ton sagten, “Leuchtender Khan heißt nicht leuchtendes Indien.” Aufgeschlüsselt lautet der offenkundige Subtext, dass Sie für ein Land dankbar sein sollten, wo so viele Hindus Fan eines muslimischen Stars sind. Es war Ihnen überlassen, darauf hinzuweisen, dass die Alibifunktion der ‘drei Khans von Bollywood’ die eigentliche Antithese von Weltlichkeit ist.
Ich wünschte, ich könnte die Hassbrigade ignorieren. Doch wenn ein Parteigeneralsekretär und ein Langzeitabgeordneter unter denen sind, die Sie auffordern, sich nach Pakistan zu begeben — und wenn die Ministerin für Minderheitenfragen Sie ihren Bruder nennt, sich aber für ihr Gift entschuldigt, kann ich nur sagen, dass jedes Wort von Ihnen noch unschätzbarer wird.
Sie, Shah Rukh — der wirkliche Mann — nicht Raj oder Rahul, Ihre Leinwandfiguren — sind mein Held. Doch zu meiner Schande muss ich zugeben — Wir verdienen Sie nicht.

Voller Trauer,
Barkha