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Es tut weh, wenn ein Traum, gehegt über ein halbes Jahr, zerplatzt. Ich wußte, da kommt ein tiefes Loch nach der Tour, wie bereits geschehen, nach der Berlinale. Doch auf das Schlimmste waren wir nicht vorbereitet. Obwohl da immer der Zweifel bestand, dieses kleine ungute Gefühl in der Magengrube. Doch haben wir es ignoriert, der Traum war einfach zu schön. Wir haben geträumt, und geplant… Denn der Weg ist das Ziel.

Im Endeffekt ist es egal, woran es lag, das liegt jetzt in den Händen der Justiz. Es interessiert mich auch nur insoweit, daß alle ihre Ausgaben für die Tickets erstattet bekommen. Alles andere artet mittlerweile in einer regelrechten Schlammschlacht aus. Ich dachte, nach letztem Dienstag kann es nicht mehr schlimmer kommen, aber ich habe mich getäuscht. Da war ich noch viel zu betäubt, der Schock kam erst nach dem Wochenende. Die furchtbaren Sachen in den einzelnen Foren zu lesen, die Gehässigkeit, die da teilweise zum Vorschein kam, hat mich noch mal richtig runtergezogen. Bis ich mir selber sagte, laß es, hör auf zu lesen.

Denn das erste, was da abhanden kam, war der Respekt. Der Respekt untereinander, SRK gegenüber, und ja, auch SA gegenüber. Denn wer von uns ist wirklich Insider genug, um beurteilen zu können, wer Schuld war? SA, weil überfordert? Ich habe noch keine Beweise gesehen, die Q.A. wirklich des Betrugs überführen. Die Sponsoren, wegen der Bankenkrise? SRK, für mangelnde Kontrolle? Er hat nun mal die Arbeitsweise, den Leuten ihre Aufgaben zu geben und sich nicht weiter einzumischen. Dieses Mal hätte er die Vorgeschichte bedenken müssen und sich vielleicht doch von Zeit zu Zeit einen Zwischenbericht liefern lassen sollen. Das ist seine Pflicht als Unternehmer. Und das ist auch das Einzige, was ich ihm vorwerfe. Und doch wieder ist es so menschlich. Dazu hat SRK einen mörderischen Terminplan, da braucht man Leute, auf die man sich verlassen kann.

Doch was hier in Deutschland teilweise ablief, ist erschreckend. Aber das passiert, wenn man einen Menschen auf ein Podest stellt und zum Gott erhebt. Was diesen selbst zu Tode erschrecken würde. Tut dieser Gott jetzt etwas, was seinem Status zuwiderläuft, oder macht er einen Fehler, der ihn als Menschen auszeichnet, dann stürzt nicht nur er. Bei vielen stürzt dann das gesamte Weltbild, die Scheinwelt, die sie sich rund um ihren Gott errichtet haben. Die Realität danach kann schmerzhaft sein und Wut und Enttäuschung führen zu solchen Haßtiraden. Das Gegenteil von Liebe ist Hass, doch so, wie SRK nie verlangt hatte, auf einen Sockel gestellt zu werden, hat er es nun nicht verdient, in den Staub getreten und beleidigt zu werden. Ist denn plötzlich alles vergessen, was wir über ihn gelesen und von ihm gehört haben?

Dahingehend hat der Begriff Gott in Indien einen ganz anderen Inhalt. Es mag hier belächelt und verhöhnt werden, wenn Inder oder NRIs SRK als Gott bezeichnen, doch hat das wieder einen ganz anderen geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund. In Indien ist es etwas ganz normales, das Bild seines Idols auf einem Altar zu verehren. Da steht nicht nur ein SRK, das gleiche gilt auch für einen Amitabh Bachchan. Wie jetzt wieder während seiner Krankheit zu sehen. Da werden Räucherstäbchen entzündet, dem Star Gesundheit und Glück gewünscht. Das können wir gar nicht nachvollziehen.

Für einen Mann von SRKs Status und Statur war es sicher keine leichte Sache, mit gefalteten Händen vor ein internationales Publikum zu treten und uns um Entschuldigung zu bitten. Für uns mag es nur eine beiläufige Geste sein, in Indien hat es eine tiefere Bedeutung, die nicht gering geschätzt werden sollte. Viele unterstellen ihm nun den begnadeten Schauspieler, der alles ausdrücken kann, doch für mich besagt seine Körpersprache etwas anderes. Gerade seine Zurückhaltung, seine Hände und Wortwahl sowie auch der Umstand, daß er zwei Tage dafür brauchte, sagen mir, dieser Mann meint es ehrlich. Es mag vielleicht nicht jeder glauben, doch ich tue es, wenn er sagt, die Menschen, die ihn lieben und an ihn glauben, seien wichtig für ihn.

Der große Verlierer bei der ganzen Sache ist sicherlich SRK. Er hat nie einen Hehl daraus gemacht, was er will und was er tut. Er hat nie versucht, sich als Mother Theresa zu verkaufen, er mag es, Geld zu verdienen und in Dinge zu investieren, die ihm wichtig erscheinen und Filme zu drehen, die er machen will. Doch sein großes Ziel im Leben ist es, die Menschen zu unterhalten, nicht, sie vor den Kopf zu stoßen. Es war sicher nicht seine Absicht, die Fans, die nach der Berlinale zu ihm fanden, zu vergraulen. Oder den einmal mühsam aufgebauten Vorposten zu torpedieren.

Auf der anderen Seite stehen die vielen Fans, die sich schon länger mit ihm beschäftigen. Wir sind schon vorher quer durchs Land gefahren, um auf der Buchmesse KANK zu sehen, nach Dresden und Leipzig zu Don und CDI. Wir haben es sogar geschafft, OSO nach Erfurt zu holen, wo noch kein einziger Bollywoodfilm lief. Bei uns war die Enttäuschung, ihn nun doch nicht zu sehen, größer als alles andere. Sicher tut auch das verlorene Geld weh, doch wir haben das beste draus gemacht, sind nach Berlin und München gefahren, damit keiner allein zu Hause sitzen mußte.

All das, was geschehen ist, gibt uns als Fans aber nicht das Recht, alle Verantwortlichkeiten auf SRK abzuladen. Wir kannten das Risiko von Anfang an. Wie wurde ich damals beschimpft, als ich es wagte, leise Zweifel an SA anzumelden, nach den vergangenen Fiaskos. Doch sind wir das Risiko eingegangen und haben dafür Lehrgeld bezahlt. Aber wie ich schon einmal sagte, SRK ist mehr für mich als eine Show, auf ein Podest habe ich ihn nie gestellt und meine Brille ist nicht rosarot. Der Grund, warum ich mich mit ihm beschäftige, ist sein Werdegang, seine Beharrlichkeit, sein Wachsen als Schauspieler und sein Auftreten als Familienmensch. Ich freue mich jetzt auf die kommenden Filme, die ich hoffentlich wieder im Kreis meiner Freunde in irgendeinem Kino in Deutschland sehen darf, auf die nächste Runde Cricket mit den Kolkata Knight Riders und vielleicht, vielleicht eine Show in Deutschland im nächsten Jahr…