Shah Rukh Khan

Biographie – Sein Leben in seinen Worten

(Deutsch von Diwali)

http://www.asianoutlook.com/aoforum/showthread.php?t=533

Eine Legende wird geboren

Am 2. November 1965 fand im Talwar Nursing Home in New Delhi ein ganz normales Ereignis statt. Wie viele andere Babys auch kam ich mit der Nabelschnur um den Hals zur Welt. Eine Krankenschwester meinte, das wäre ein Segen des Gottes Hanuman und ich würde ein sehr glückliches Kind sein. Ich weiß nicht, ob ich das glauben soll, aber das ist die einzige Erzählung meiner Eltern über meine Geburt, an die ich mich erinnere. Wir lebten in Rajendra Nagar, ich weiß sogar noch die Hausnummer: F-442. Ich habe vage Erinnerungen an meine Vorschule; ich glaube, sie hieß Tiny Tots und war gleich neben unserem Haus. Nach der Vorschule begann meine reguläre Schulzeit an der St. Columba’s High School in New Delhi. Sie lag in der Nähe des Gore Market und wurde von irischen Brüdern betrieben, die auf Disziplin und einen sehr hohen Bildungsstandart setzten. 

Ich erinnere mich noch an meine Einschulung und an die Lehrerin, die mich damals ausfragte. Mrs Bala bat mich, ihr den Beruf meines Vaters zu nennen. Zu diesem Zeitpunkt war mein Vater im Transportwesen tätig. Ich hatte ihn zusammen mit Tempos (kleinen dreirädrigen Lieferwägen) und Trucks etc. gesehen und glaubte, jeder, der etwas mit Fahrzeugen zu tun habe, sei ein Fahrer. Also gab ich zur Antwort, mein Vater sei ein Tempo-Fahrer. Mrs Bala sagte mir, ich hätte ganz süße Grübchen, und bat mich, ihr einen Kuss zu geben. Das war mein erster Kuss, o ja, und ich wurde eingeschult. Wir bekamen schwarze und goldene Sterne für unser Betragen und unsere Prüfungsergebnisse. Bei jeweils fünf schwarzen Sternen wurden wir von Mrs Bala übers Knie gelegt und bekamen, wenn ich mich recht erinnere, drei hinten drauf. Da ich ein ziemlicher Lausebengel war, bin ich oft übergelegt worden. Das sollte man am besten auch heute noch gelegentlich mit mir machen. Rückblickend wird einem klar, dass das, was man damals als Bestrafung empfunden hat, eigentlich ganz harmlos war. 

Alles in allem waren meine ersten Schuljahre wirklich wunderbar. Gut, ich habe meinen Anteil an Schlägen bekommen und musste oft in der Ecke stehen, mit meinem Finger im Mund. Und Schwimmen lernte ich gezwungenermaßen, da der Lehrer mich kurzerhand ins Wasser warf und ganz einfach erwartete, dass ich überlebte – mit literweise Wasser in Bauch, Augen und Ohren. Bis heute hasse ich Schwimmen… und besagten Lehrer für diese Folter. Aber letzten Endes liebe ich alle meine Lehrer. Sie waren alle sehr freundlich und nett. Ich glaube, diese frühen Entwicklungsjahre sind entscheidend und prägend für das Wesen eines Menschen. Und ich habe das Gefühl, dass diese wesentlichen Jahre für mich gar nicht besser hätten sein können – dank meiner wunderbaren Lehrer. Möge es ihnen allen wohlergehen – guten Morgen, Ma’am, und danke, Ma’am!

Ereignisse und Unfälle

Einen entscheidenden Wendepunkt in meinem Leben verdanke ich dem Umstand, dass ich ganz schlecht in Hindi war. Mehr als 2 oder 3 von 10 Punkten bekam ich selten und fiel deshalb in diesem Fach immer durch. Eines Tages versprach meine Mutter, dass ich mit ihr zu einem Hindi-Film ins Kino gehen dürfte, wenn ich die Bestnote in Hindi erreichte. Ich war bis dahin noch nie in einem Kino gewesen. Also blieb ich die ganze Nacht auf, lernte mir den Hintern ab, schaffte tatsächlich die Bestnote, und meine Mutter nahm mich mit zu meinem ersten Hindi-Film in einem Filmtheater. 

Dieses Ereignis hatte zwei Folgen. Zum einen wurde ich quasi zum Hindi-Experten und kam fortan mit Hindi immer sehr gut zurecht. Und zum anderen bekam ich einen Sinn für Hindi-Filme. Dass ich die Sprache beherrsche, ist mir heute eine enorme Hilfe beim Umgang mit meinen Filmrollen. Die Moral dieser Geschichte ist: Wenn deine Mutter dir sagt, du sollst fleißig lernen, dann tu es. Selbst wenn du nur ein Filmstar wirst, dann wird deine Bildung dir dabei eine verdammt große Hilfe sein. Aber wenn deine Mutter auf Anthropologie oder Biochemie oder vielleicht Aromatherapie besteht, dann nimm das einfach nicht zur Kenntnis. 

Ich weiß noch, dass ich gern auf einer Mauer saß und den vorüberspazierenden Schulmädchen Kusshände zuwarf. Einmal beklagte sich ein Mädchen deswegen bei meinem Vater, aber der war sich sicher, dass ich das nicht gewesen sein konnte, weil ich noch viel zu jung war. Er bat das Mädchen zu warten, damit sie mich sehen und begreifen konnte, dass es der Nachbarsjunge war, der sie belästigte, und nicht ich. Zu Vaters größter Verlegenheit kam ich daraufhin anspaziert – noch dazu ohne Hosen –, und als ich das Mädchen sah, warf ich ihr eine Kusshand zu und erklärte meinem Vater, dieses Mädchen sei mein Schatz. Das war das erste und letzte Mädchen, dem ich jemals nachgestiegen bin.

St. Columba’s School

Richtig oder falsch, Ost oder West, meine Schule ist die best’. St. Columba’s war eine Schule, in der strenge Disziplin herrschte und die von irischen Brüdern betrieben wurde. Man durfte keine falsche Uniform tragen und sein Haar nicht über eine bestimmte Länge hinaus wachsen lassen. Oft wurden mir frühmorgens vor versammelter Schulgemeinschaft die Haare geschnitten. Der Friseur kam üblicherweise aus einem nahegelegenen Straßenladen und hatte sich vorher weder gewaschen noch die Zähne geputzt. Er kam ebenso ungern zu uns wie ich es hasste, auf seinem unbequemen Stuhl sitzen zu müssen. Und bevor er sich an meiner Haarpracht vergriff, pflegte er auch noch zu fragen, ob ich einen Dharmendra-  oder einen Amitabh-Haarschnitt haben wollte. Dabei konnte ich bestenfalls hoffen, nach beendeter Prozedur nicht wie ein Stachelschwein oder wie eine Ananas auszusehen. Meine Haare haben sich von diesen regelmäßigen Attacken nie wieder erholt. 😉 Das ist das wahre Geheimnis meiner Frisur, wenn man es so nennen kann. 

Ich war ein ganz guter Schüler, obwohl ich niemals das ganze Jahr über regelmäßig lernte. Das machte ich immer nur in der Nacht vor der Prüfung, weshalb ich dann völlig unausgeschlafen ins Examen ging. Trotzdem war ich ziemlich gut, und das gab mir die Gelegenheit, noch eine Menge anderer interessanter Dinge in der Schule zu machen.

In der Schule…

Meine Lieblings-Fußballstars sind Socrates, Pele, Maradona und (Lothar) Matthäus. Und ich liebte Aslam Sher Khan und wollte sein wie er und das Land vertreten. Elektronik war mein Lieblingsfach in der A-Klasse, und ich glaube, ich habe es mit der Höchstnote abgeschlossen. Mein schwächstes Schulfach war Mathematik, und ich tue mich bis heute schwer mit Zahlen. Das geht so weit, dass ich, wenn mir jemand seine Telefonnummer gibt, mehrere Male nachfragen muss, bis ich sie korrekt zu Papier gebracht habe. Ich vergesse sogar die Telefonnummern von meinem Büro und meinem Zuhause. Ein anderes Lieblingsfach dagegen war Englisch, und ganz besonders Shakespeare.

Mumtaz…

Mumtaz war meine absolute Favoritin. Wir hörten nachts immer Radio, und dabei brachte ich meine gesammelten tänzerischen Fähigkeiten am besten zur Geltung. Man brauchte mir nur zu sagen, dass der Song im Radio aus einem Mumtaz-Film stammte, und schon bewegte ich mich mit einer Geschwindigkeit von 20 Einzelbildern pro Sekunde, etwa so, wie die Leute sich in den alten Charlie-Chaplin-Filmen bewegen.

Ich liebte die Art, wie sie ihre Hüften bewegte. Ich glaube, dass niemand in dieser Welt einen vergleichbar schönen Anblick bieten kann wie sie seinerzeit. Sie war sinnlich, unschuldig, unanständig und voller Energie, alles zugleich. Sie war die erste Persönlichkeit, die ich imitiert habe. Ich liebte es, wie sie zu gehen und zu tanzen.

Üblicherweise benennen Schauspieler bedeutende Persönlichkeiten oder Darsteller als ihr Idol. Und ich? Mein Idol war Mumtaz. Ich will damit nicht sagen, dass sie unbedeutend oder nichts Besonderes war. Ich meine damit nur, dass sie für einen Jungen ein ungewöhnliches Rollenvorbild darstellt. Aber für mich war sie der einzige wirklich wesentliche Grund für meine Neigung zu allem, was auch nur andeutungsweise mit den darstellenden Künsten zu tun hatte.

Sein Vater

Mein Vater, Mir Taj Mohammed, war zehn Jahre alter als meine Mutter, Fatima, und entsprechend sehr viel älter als ich. In meiner Erinnerung ist er ein sanfter Riese – knapp 1,90 Meter groß, mit dem typischen guten Aussehen der Paschtunen, graue Augen und braunes Haar. Aber er war auch sehr belesen und gebildet. Er hatte die akademischen Grade MA (Master of Arts) und LLB (Bachelor of Laws) erworben und beherrschte sechs Sprachen – Persisch, Sanskrit, Pushtu, Punjabi, Hindi und Englisch. Er war der jüngste Freiheitskämpfer seiner Zeit.

Noch heute erzählen mir Menschen, die ihn gekannt haben, von seinem Sinn für Humor und was für ein Gentleman er war. Und genau so ist er mir in Erinnerung geblieben. Ich wünschte, ich könnte sein wie er oder mein Kind auf die selbe Art großziehen, wie er es mit uns getan hat; aber ich weiß nicht, ob ich dazu imstande sein werde, weil ich mehr Temperament habe als er. 

Irgendwie haben meine Schwester und ich mehr auf ihn gehört als auf unsere Mutter. Er war sanfter als sie. Natürlich hat auch unsere Mutter uns geliebt, aber Vater und wir, wir waren Freunde. Wir konnten stundenlang sitzen und ihm zuhören, egal worüber er redete. Wir nannten uns gegenseitig “yaar” (Freunde, Kumpel). Ich nannte ihn auch Papa, aber noch öfter yaar. Vermutlich, weil er uns niemals umschmeichelte und verwöhnte, wie andere Leute das mit ihren Kinder machen, sondern uns immer wie Individuen, wie Erwachsene behandelte. Wie seinesgleichen. 

Mein Vater hatte einen großartigen Sinn für Humor. Wir wohnten in unserem Gebäude im obersten Stockwerk. Einmal beschwerte sich ein älteres Paar, das im Erdgeschoss lebte, bei meinem Vater: “Upar se cheese neeche aati hai.” Woraufhin mein Vater lachte und sagte: “Das hat Newton schon lange entdeckt.” 

Ein anderes Mal belästigte ich ein südindisches Mädchen aus unserer Nachbarschaft, indem ich ihre Briefkästen hochjagte. Ihre Mutter kam, um sich zu beschweren, und mein Vater öffnete die Tür. Die Dame sprach nicht sehr gut Hindi und meinte: “Aapka ladka ladki ko chedta hai meri.” Er erwiderte: “Ist sie so schön wie Sie?” Sie fragte: “Was?” Mein Vater wiederholte seine Frage und sie meinte: “Ja…” Worauf mein Vater sagte: “Dann kann ich ihm keinen Vorwurf machen. Wäre ich Ihnen früher begegnet, wäre ich auch hinter Ihnen hergewesen!” Sie lächelte. 

Neben seinem Sinn für Humor habe ich noch etwas anderes von meinem Vater übernommen, und das ist seine Leidenschaft fürs Lesen. Mein Vater war ein sehr guter Mensch. Ich versuche, auch das von ihm zu übernehmen. Ich denke, ich habe sein gutes Wesen geerbt, wenn auch nicht in vollem Ausmaß. Das einzige, was ich nicht von ihm geerbt habe, ist seine Liebe zur Gärtnerei. Mein Vater hat sogar liebend gerne mit Blumen geredet, was ich noch nie getan habe. Vielleicht, wenn ich mal älter bin… 

Und ich habe definitiv meine Geistesabwesenheit von meinem Vater geerbt. Ich habe ihn aus dem Haus gehen sehen mit lediglich Hemd, Schuhen und Socken an – aber ohne Hose! Er konnte sein Frühstück auf der Toilette zu sich nehmen; er vergaß einfach, dass er gerade da drin war. Ich vergesse auch Namen. Manchmal vergesse ich zu essen. Aber sobald es um meine Arbeit geht, da vergesse ich nichts. 

Mein Vater hat meine Schwester und mich niemals angeschrieen. Das hat meine Mutter erledigt, und sein Pensum gleich noch mit dazu. Er hat uns niemals geschlagen, höchstens ein- oder zweimal ausgeschimpft. Wenn er auch nur für eine Sekunde ernsthaft wurde, machte mir das schon Angst, aber nur wenig später lachte er schon wieder laut los. Einmal sagte er zu mir: „Shit, ich kann dir nicht einmal richtig böse sein.“ 

Ein anderes Mal sagte er zu mir: „Pass auf, deine Schwester soll jetzt lernen, stattdessen liest sie einen Roman. Ich werde jetzt in ihr Zimmer gehen und das Buch zum Fenster hinauswerfen. Geh du raus und bring es zurück.“ Dann ging er rein, pflaumte meine Schwester an und warf das Buch raus. Das war ein Scherz und seine Methode, uns zu sagen, was zu tun war. 

Mein Vater hatte ein hitziges Temperament, nicht wie ein Armeeoffizier, aber er mochte korrektes Benehmen. Er erwartete nicht von mir, dass ich mich bei älteren Menschen erhob und ihre Füße berührte, aber dass ich ihnen eine gewisse Form von Respekt erwies. Bis heute kann ich nicht meine Füße auf den Tisch legen, wenn neben mir eine ältere Person sitzt. Er hat mir nie gesagt, dass man das nicht tut. Seine Persönlichkeit hat mir bewusst gemacht, dass ich mich so nicht verhalten sollte. 

Ein Ritual, das sich von selbst ergab, war, dass ich morgens meine Milch von meinem Vater bekam. Anfangs machte er das nur manchmal, wenn meine Mutter morgens nicht aus dem Bett rauskam. Dann wurde Routine daraus. Zuerst wärmte er die Milch selber auf und gab sie mir, aber irgendwann entschied er sich für eine andere Methode. Und von da an gingen wir jeden Morgen zum Mother Dairy booth (ein Milchspender, wie er in Delhi typisch ist); mein Vater warf einen Chip ein, und ich hielt meine Hände zusammen und trank die Milch direkt daraus. 

Ich war niemals irritiert über meinen Vater oder wütend auf ihn. Ich liebte es, auf ihn zu warten, wenn er abends nach Hause kam. Mein Hund meldete ihn immer schon an, wenn er nur noch fünf, sechs Meter vom Haus entfernt war. Dann rannte ich runter, packte seine Tasche und begleitete ihn den Rest des Weges, oder ich passte ihn an der Haltestelle ab, wenn er per Bus oder mit einem Wagen kam. 

Mein Vater machte aus jeder Aktivität, aus jeder Pflicht im Haus ein Spiel. Er vermittelte uns die Vorstellung, dass wir diese und jene Arbeit taten, weil es uns Spaß machte. Deshalb bedeutet Arbeit bis heute Spaß für mich. Vermutlich bin ich auch deshalb so energiegeladen. Ich genieße einfache Dinge wie einem Eichhörnchen zuzusehen, wenn es einen Baum hochklettert, oder im Sommer in Delhi auf der Terrasse zu schlafen. Dass alles für mich ein Spiel wurde, war das beste, was mir damals passieren konnte. 

Als ich vier Jahre alt war, brachte mein Vater mir bei, dass ich, wenn ich etwas anstellte, selber dafür geradestehen musste. Ich war ein ziemlicher Rabauke in der Schule und in unserer Gruppe und bekam regelmäßig Ärger. Einmal warf ich während eines Spiels einen Stein nach einem Jungen namens Tara. Der Stein prallte vom Boden ab, traf Tara ins Gesicht und schlug ihm ein paar Zähne aus. Er begann zu bluten. Wir bekamen große Angst; ich hatte es nicht mit Absicht getan. Am Abend betrank sich der Vater des Jungen und tauchte dann mit einem Messer bewaffnet bei uns auf. Als mein Vater auf sein Klopfen hin öffnete, begann der Mann uns zu beschimpfen und zu brüllen: „Dein Sohn hat meinen Sohn verletzt. Ich bring ihn um!“ 

Er war ein echter Schlägertyp, aber mein Vater fragte ihn, ob er mit mir sprechen wollte! Man bedenke: Da steht ein betrunkener Kerl mit einem Messer in der Hand, und mein Vater schickt mich los, um mit ihm zu reden! Mein Vater machte die Tür zu, kam rein und fragte mich: „Shah Rukh, hast du jemanden verletzt?“. Ich sagte: „Ja.“ Meine Mutter drehte fast durch, aber er sagte in aller Seelenruhe: „Der Mann steht draußen, geh und klär die Sache mit ihm.“ Daraufhin sagte ich zu Taras Vater: „Uncle, es tut mir wirklich leid. Ich wollte Tara nicht wehtun. Es ist einfach passiert.“ Ich war buchstäblich in Tränen aufgelöst. Natürlich wollte er mich nicht wirklich attackieren. So viel Vertrauen in die menschliche Natur hatte mein Vater eben einfach, glaube ich. Später öffnete Papa die Türe und fragte, ob alles zwischen uns geklärt sei. Er sagte zu dem Mann: „Wenn Sie ein Problem mit mir haben, dann sagen Sie’s mir. Wenn Sie ein Problem mit meinem Sohn haben, dann sagen Sie’s ihm.“ Ich hätte den Standpunkt meines Vaters auch so auffassen können, dass er mir einfach nicht beistehen wollte, aber mir wurde klar, dass dies seine freundliche Art war, mir beizubringen, dass ich mit meinen Problemen selber klarkommen musste. 

Mein Vater lehrte mich, dass sich auf lange Sicht Ehrlichkeit immer auszahlt. In unserer Schule St. Columba’s war es so, dass wir einen Entschuldigungsbrief brauchten, wenn wir an einem Tag fehlten, ansonsten wartete der Rohrstock auf uns. Mein Vater hielt mich niemals von etwas ab. Wenn ich sagte: „Heute will ich nicht zur Schule gehen“, dann meinte er: „Wenn dir nicht danach zumute ist, okay.“ Und am nächsten Tag gab er mir einen Entschuldigungsbrief mit. Eines Tages jedoch teilte er mir mit: „Heute gehst du zur Schule und erklärst deinem Lehrer, dass du keine Entschuldigung für deine gestrige Abwesenheit hast.“ Ich hatte oft richtig Angst vor Bruder Morris, unserem großen und stark gebauten irischen Lehrer. Wenn er den Rohrstock gebrauchte, dann tat das wirklich weh. Ich sagte zu ihm: „Normalerweise gibt mein Vater mir immer so einen Brief, aber heute nicht. Nicht, weil er nicht will, sondern er sagte, ich hätte keine Entschuldigung dafür, dass ich gestern nicht da war.“ Worauf der Bruder erwiderte: „Das ist die richtige Einstellung. Wenigstens hast du nicht gelogen und warst ehrlich.“ Und er erließ mir die Strafe. 

Mein Vater hatte die ganze Welt gesehen und wunderbare Lebenserfahrungen gemacht. Er hatte für die Freiheit dieses Landes gekämpft, sich Khan Abdul Gaffar Khan angeschlossen, war Gegenkandidat von Maulana Abdul Kalam Azad, allerdings verlor er die Wahlen. Er verlor sogar sein zamanat, aber das machte ihm überhaupt nichts aus, vielleicht war er glücklich, gegen einen großen Menschen verloren zu haben. Mit sechzehn hatte er sein Zuhause in Peshawar verlassen und war zu Fuß nach Kashmir in Indien gegangen. Er studierte Jura in einem Mädchencollege in Delhi. Er hatte kein Dach über dem Kopf, also ging er zum Direktor, einem Engländer, und bat ihn um eine Bleibe in dem Wohnheim. Er war der einzige Mann dort. Das war natürlich illegal. Aber laut seiner eigenen Aussage klappte es, weil er ein charmanter und anständiger Junge war. 

Nach seinem College-Abschluss wurde er jedoch kein Anwalt. Er fühlte, dass er als Anwalt weder sich selbst noch anderen gegenüber uneingeschränkt ehrlich würde sein können. Da er den Gandhis sehr nahe stand, bekam er eine Menge politischer Posten angeboten. Aber er akzeptierte keine Hilfestellungen. Alle seine anderen Freunde wurden Minister und MLAs (Members of the Legislative Assembly), während mein Vater mit seiner Aktentasche den Bus zu nehmen pflegte, obwohl wir gut gestellt waren. Er war ein sehr einfacher Mann und lebte ein einfaches Leben. 

Mein Vater versuchte sich in verschiedenen Berufszweigen. Er hatte ein gut gehendes Möbelgeschäft. Dann ging er ins Transportwesen mit Tempos und Trucks in Gurgaon. Auch dieses Geschäft musste geschlossen werden, nachdem die meisten seiner Partner ihn betrogen hatten. Er war allzu vertrauensvoll und ehrlich. Das war noch vor meiner Geburt, daher weiß ich nicht viel darüber. Als ich geboren wurde, ging er gerade durch eine schlechte Phase. Später arbeitete er in Restaurants und Hotels. Er tat alles aus eigener Kraft, anstatt aus seiner Eigenschaft als Freiheitskämpfer oder aus seinen politischen Verbindungen Vorteil zu ziehen. 

Er starb, als ich fünfzehn war. Wir fuhren in Urlaub. Und mit meinem Vater in Urlaub zu fahren bedeutete nicht luxuriöse Hotels, Sightseeing und raffiniertes Essen, sondern vielmehr anspruchsloses Abenteuer. Wir reisten nach Itanagar und fuhren in einer jonga (einem vierrädrigen, damals in Pakistan üblichen Wagen) nach Lahore. Von Lahore aus ging es dann stundenlang in einem engen kleinen Tempo, der fast aus allen Nähten platzte, nach Peshawar. Da wir nicht vorab gebucht hatten, wohnten wir in einem unkomfortablen Hotel. Mein Vater wollte, dass wir den Bezug zur Realität nie verlieren. Ich habe meine Ausbildung in einer anspruchsvollen irischen Schule genossen, aber ich bin trotzdem bodenverhaftet. Ich habe die verschiedensten Bücher gelesen, meinen Masters gemacht und bin ein Star, aber bewahre mir meinen Bezug zur Realität. Ich denke nicht wie ein Star und habe nie das Gefühl, -zig Menschen treffen zu müssen. Das verdanke ich meinem Vater. 

Meine Mutter dagegen wollte jeden Komfort für mich. Sie kaufte mir ein Auto. Mein Vater meinte immer: „Wenn du das Geld dazu hast, dann mach es.“ Er brachte mir bei, dass man alles aus eigener Kraft schaffen sollte. Einmal fragte ich ihn, ob ich eine Radtour über 20 Kilometer machen könnte, und er sagte: „Warum fragst du mich? Wenn du glaubst, dass du es kannst, dann fahr los! Als ich so alt war wie du, bin ich auf den Mount K2 geklettert, ohne meine Eltern vorher zu fragen.“ Er machte mir klar, dass materielle Errungenschaften nicht so wichtig sind. Hat man sie, ist das sehr schön, hat man sie nicht, dann ist das nicht gleich das Ende aller Dinge. Er hatte beide Seiten der Medaille kennengelernt. Er hatte wohlhabende Zeiten erlebt und solche, in denen das Geschäft nicht gut ging. Er konnte überleben, ob im Bus oder im Mercedes. So war er einfach. 

Meine Eltern haben mich nie zu etwas gezwungen. Sie sagten: „Lies den Koran, wenn du Lust dazu hast. Aber lies dann auch die Gita und die Bibel.“ Ich habe alles gelesen. Auch zu all den religiösen Festen musste ich nur gehen, wenn mir danach war. Das gleiche gilt für das Id namaz. Ich stand nie unter dem Zwang „O Gott, ich muss los und das Freitagsnamaz sprechen.“ Ich tat es leidenschaftlich gerne. Oft höre ich Leute sagen: „O Gott, heute ist ja Rakhi, ich muss nach Hause.“ Bei mir war das nie so. Jedes Id bedeutete für mich einfach einen schönen freien Tag. 

Ich finde es sehr seltsam, wenn ich Eltern sagen höre: „Lass uns darüber reden, was du werden willst, Sohn.“ Das kommt mir sehr britisch, wichtigtuerisch und unerwünscht vor. Zukunftspläne sollten von selber kommen. Ich bin nie gefragt worden, welchen Weg ich mal gehen will. Und das würde ich auch mit meinem Kind nie machen. Hätte ich gesagt, ich will Ingenieur werden, dann wäre die Antwort gewesen: „Okay, dann mach es.“ Ich wurde nie gezwungen, im Geschäft meines Vaters tätig zu werden, das meine Mutter nach Vaters Tod weiterführte. Ich habe es letztlich auch nie betrieben, höchstens mal Kleinigkeiten erledigt wie zur Bank gehen o.ä. Und wir hatten damals ein großes Geschäft, eine Ölgesellschaft. 

Auf der Filmebene kannte er Dilip saab, Motilal und viele andere. Vor allem Anil Kapoors Vater kannte er sehr gut. Er sagte zu mir: „Wenn du mal zum Film willst, dann sage ich SK Kapoor, dass er einen Schauspieler aus dir machen soll.“ Damals kam gerade Woh Saat Din heraus, und mein Vater meinte: „Wenn du jemals nach Bombay kommst, dann besuch ihn mal.“ Als ich später nach Bombay ging, traf ich erstmal den falschen SK Kapoor. Der richtige SK Kapoor saab hat mir übrigens erst vor kurzem ein paar Fotos von meinem Vater gegeben. 

Mein Vater sagte uns stets: „Was immer ihr tut, setzt all eure Fähigkeiten dafür ein und macht es so gut, wie ihr es vermögt.“ Diese Form von Konzentration habe ich von ihm gelernt. Dank der Freiheit, die ich als Kind genossen habe, habe ich auch keine schlechten Gewohnheiten angenommen. Bis heute mag ich es nicht, wenn man mir sagt, was ich tun oder lassen soll. Ich denke, man sollte selber wissen, wofür man verantwortlich ist. Verantwortlichkeit kann einem nicht beigebracht werden. Das geht dann zu sehr ins Formale und Gekünstelte. Man sollte schlichtweg wissen, dass man immer für sich selbst verantwortlich sein wird. 

Nur ganz wenige Menschen wissen, dass ich gerne Urdu-Reime schrieb, die Couplets sein sollten. Wir waren eine islamische Familie, in der jeder Urdu sprach. Mein Vater las uns Gutenachtgeschichten in Urdu vor und rezitierte manchmal auch die Gedichte von Ghalib und Iqbal für uns. Ich glaube, das hat mein Interesse geweckt, selber solche Reime zu schreiben. Mein Vater unterstützte mein Interesse an Couplets und ermutigte mich, solche Gedichte zu schreiben. Er legte sogar ein Buch an, in dem er jeden Reim, den ich ihm vortrug, mit eigener Hand auf Urdu niederschrieb. Dieses Buch besitze ich heute noch, es ist eines meiner liebsten Besitztümer. Nach seinem Tod war niemand mehr da, der meine Gedichte in diesem Buch hätte verewigen können. Ich habe niemals richtig gelernt, Urdu zu schreiben. Manchmal bitte ich Freunde, die Urdu können, mir die Reime vorzulesen. Ich finde meine Couplets und Gedichte sehr amateurhaft und kindisch. Nichtsdestotrotz ist dieses Buch, das man auf Urdu diwan nennt, meine liebste Verbindung zu meinem Vater. 

Als mein Vater starb, weinte ich nicht. Und ich kam mir dabei sehr heroisch vor. Ich war einer der Sargträger und dachte, dass ich dadurch zu einem kleinen Erwachsenen geworden war. Aber ich fühlte mich betrogen, obwohl er mich auf seinen Tod vorbereitet hatte.

Immer weiter lernen…

Das Hans Raj College in New Delhi. Akademischer Abschluss in Wirtschaftswissenschaften

Ich hatte in der Schule so viele Auszeichnungen bekommen, dass ich meinte, einen Platz im besten College von Delhi bekommen zu können. Ich wollte mit den Wissenschaften Schluss machen und stattdessen zum Wirtschaftsfach wechseln. Das hatte eine Reduzierung meines Notendurchschnitts zur Folge, und zudem hatte ich seltsamerweise in meinem Lieblingsfach, Englisch, kein gutes Endergebnis erzielt. Das ist eines der größten Mysterien meines Lebens, denn eigentlich dachte ich, meine Prüfung in Englisch sei diejenige gewesen, die am besten verlaufen war. Stattdessen hatten die Jungs, die sich meine Notizen über Shakespeare ausgeborgt und Thomas Hardy nach meinen Vorstudien gelernt hatten, am Ende bessere Noten als ich. Das war für mich eine Lektion fürs Leben: Man kann sich auch seiner besten Bemühungen niemals sicher sein und nie darauf vertrauen. Manchmal ist dein Bestes eben einfach nicht gut genug. Und das ist eine Wahrheit, nach der ich bis heute lebe. Man sollte in so einem Fall nicht enttäuscht sein, sondern sich das nächste Mal einfach noch mehr bemühen.

Jedenfalls wurde ich in dem sogenannten besten Institut nicht aufgenommen, und der Direktor behandelte mich sogar ziemlich grob und unverschämt, als ich ihm meine Auszeichnungen und Zeugnisse zeigte. Zum ersten Mal trafen mich hart die Realitäten der Welt. In dem großen Plan der Dinge bist du ein Niemand. Der beste Schüler von Delhis bester Schule war nicht gut genug für das beste College in Delhi. 

Ich beschloss, dass ich, wenn ich nicht das Beste bekommen konnte, das Beste aus dem machen wollte, was mir geboten wurde. Ich schrieb mich in dem ersten College ein, das mich akzeptierte, und das war das Hans Raj College an der Universität in Delhi. Und ich wechselte von den Wissenschaften zur Wirtschaft, denn ich wollte meine Ausbildung so gestalten, dass ich am Ende jede Seite in einer Zeitung verstehen würde. Die Theorien über Budgets, Angebot und Nachfrage sowie Buchführung des nationalen Haushalts machten mir wirklich Spaß. Und ich hatte ein scharfes Auge darauf, dass meine Noten in den Examina mit den Bestnoten vergleichbar waren, die in dem sogenannten besten College von Delhi erzielt wurden. 

Auch im College spielte ich weiterhin Fußball, Cricket und Hockey, bis meine Rückenverletzung und mein von Arthritis lädiertes rechtes Knie meiner aktiven Sportlerlaufbahn ein Ende setzten. Das war die Zeit, in der ich auch meine ersten TV-Serien Fauji und Dil Darya drehte.

Lehrbereiche…

Anschließend wollte ich meinen Master im Jamia Milia Islamia, dem Research Center für Massenkommunikation, machen. Ein Kurs, in dem man alles über Filmemachen und Journalismus lernen soll. Ich absolvierte mein erstes Jahr, und das sogar sehr gut, weil ich schon immer Werbefilme machen wollte. Kurzfilme üben bis heute eine starke Faszination auf mich aus. So viel zu sagen, und das in so kurzer Zeit. Irgendwie wie das Leben selbst. Auch hier passte es dem Vizedirektor nicht, dass ich mich außerhalb des Colleges in meiner Freizeit mit Theater, Fernsehen und der Produktion von Kurzfilmen befasste. Eines Tages eröffnete er mir, dass ich zu hohe Fehlzeiten hätte und er es daher lieber sähe, wenn ich mich von der Abschlussprüfung fernhielte. Dabei ging es gar nicht um die Anwesenheitszeiten, da ich an einem Sonderprojekt teilgenommen hatte, und das störte mich ganz gewaltig. Seine Logik war unerklärbar. Er meinte wohl, dass alles viel zu glatt für mich lief und ein paar ernsthafte Probleme mir mal ganz gut täten. Seine freundliche Bitte, das College zu verlassen, war seine Art, mich auf das wirkliche Leben vorzubereiten. Ich packte meine Siebensachen und beschloss, das Filmemachen auch so zu lernen und dieses Institut erst wieder zu betreten, wenn man mich als Gastdozent zum Thema Filmemachen dorthin einladen würde. Darauf arbeite ich nach wie vor hin.

Soviel zu meiner Ausbildung. Alles in allem habe ich gelernt, eine Zeitung von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen. Außerdem habe ich gelernt: Wenn du etwas lernen willst, verschaff dir Bücher zu dem Thema und versuche, es dir selber anzueignen, anstatt andere zu bitten, es dir beizubringen. Erst wenn es dir nicht gelingt, obwohl du es ernsthaft versucht hast, dann bitte andere um Hilfe. Und lies Bücher über alles, auch über Themen, die dich nicht interessieren. Für mich bedeutet Bildung bewusstes Wahrnehmen von allem, was um uns herum geschieht. Das ist alles.

Der Anfang

Vivid Bharti…

Schon in ganz jungen Jahren begann ich, meine Neigung zu allem zeigen, was auch nur ansatzweise mit Schauspielen zu tun hatte. Ich weiß noch, dass wir ein altes Radio hatten, so eines, das man damals, glaube ich, Radiogram nannte. Es wog Kilos, und ich frage mich bis heute, was das bescheidene Anhängsel „gram“ (= Gramm) an dem Namen Radio sollte. Fernsehen war damals noch unüblich. Ich rede über die frühen Siebziger, als man den Kühlschrank noch nicht in der Küche, sondern mitten im Wohnzimmer aufstellte. Unsere Hauptquelle für Unterhaltung stellte dieser knorrige Radiokasten dar. Meine Eltern schalteten gerne das Programm Vivid Bharti ein und saßen bis zum Abend davor, um Songs und die Nachrichten zu hören. Nach den Nachrichten übernahm dann üblicherweise ich das Szepter. Ich liebte es, zu der Musik aus dem Radio zu tanzen. Meine Eltern drehten dann den Lautstärkenregler auf, und ich führte richtig wilde Tänze auf, eine Mischung aus Twist, Tango und einem akuten epileptischen Anfall. Später habe ich genau diesen Tanzstil in Discos und in Ricky-Martin-Videos gesehen. Heimlich bin ich manchmal direkt stolz darauf, dass ich der Erfinder dieses völlig unverständlichen Bewegungssortiments bin. Am besten tanzte ich immer zu Songs, von denen man mir sagte, dass sie aus Mumtaz-Filmen stammten.

Circus

Circus war eine großartige Erfahrung. Ich war bis dahin noch nie in meinem Leben so viel herumgereist. Drei Monate lang zogen wir quer durch Maharashtra und Teile von Goa. Ich konnte das Zirkusleben aus nächster Nähe beobachten. Hier fand ich eine Kunstform vor, die der meinen ganz ähnlich war, und die Darsteller zeigten eine Hingabe und Ausdauer in ihrer harten Arbeit, die man an anderen Arbeitsplätzen nur selten findet. Zu ihrer Arbeit gehörten auch viele sportliche Elemente, weswegen ich mich mit der ganzen Szenerie wirklich identifizieren konnte. Wir drehten zu den unmöglichsten Tageszeiten, immer wenn nicht gerade Vorstellung war. Meist ging es etwa zehn Uhr abends nach der Vorstellung los, und dann drehten wir die ganze Nacht hindurch, bis um neun Uhr morgens die Vorstellungen wieder begannen. 

Das Leben in einem Zirkus war eine mörderische Strapaze. Der Anblick eines achtjährigen Kindes, das seinen gebrochenen Arm hält und aus dem Training rausbegleitet wird, war etwas völlig Normales. Die Mädchen lebten in einem eigenen Bereich und die Jungen in einer anderen Ecke der dera, so nannte man die Unterkünfte. Nur einmal in der Woche durften die Mädchen das Gelände verlassen, und jeweils drei Mädchen zogen dann zusammen mit einer Aufseherin los, um Gemüse zu kaufen. Liebesgeschichten oder Liebe zwischen den Akrobaten war strengstens verboten, aber sie haben trotzdem sehr interessante Wege gefunden, Affären und Liebesbeziehungen zu haben. Da gab es eine Nummer, in der ein Mädchen einen kleinen Jungen und ein Mädchen in einer Trommel auf ihren Füßen balancierte – und dort fand der Liebesbriefservice statt: In der Trommel tauschten der Junge und das Mädchen Liebesbriefe aus und nahmen sie nach der Show mit in ihre Unterkünfte. 

Auch das Badezimmer war durch eine Wand getrennt. Aber die Pärchen haben es stets so eingerichtet, dass sie gleichzeitig auf ihrer jeweiligen Seite der Wand erschienen, um dann dort Süßholz zu raspeln. Lauter wundervolle Momente unter dem gleichen Dach, wo die gleichen Menschen jeden Tag todesverachtende Stunts hinlegten. Ihr vornehmlichstes Lebensziel war es ganz einfach, Trapezkünstler zu werden. Viele starben oder wurden zum Krüppel auf dem Weg dorthin. Armlose Hausmeister bei der Arbeit zu sehen war ein ganz normaler Anblick. Es waren ehemalige Löwendompteure, denen die Arme abgebissen worden waren. Da sie nie etwas anderes gelernt hatten als Zirkuskünste, waren sie geblieben und verrichteten nun Gelegenheitsarbeiten. Ihr Training begann schon im frühen Kindesalter, waghalsige Kunststücke waren alles, was sie als Erwachsene beherrschten. Es ist wie bei einem Schauspieler: Einmal Schauspieler, immer Schauspieler. Ich glaube, damals hat sich das Ziel in meinem Herzen verankert, auch meine Karriere auf die gleiche Art zu verfolgen. Nicht an eine Alternative denken, einfach nur darauf hinarbeiten, Schauspieler zu sein. Ich wollte fliegen, frei wie ein Vogel, nicht gebunden an irgendwelche Überlegungen, sondern an die Unabhängigkeit des Ausdrucks – auch ich wollte ein Trapezkünstler sein. Während meiner Zeit im Zirkus habe ich die Maxime des Schauspielens gelernt: „Ho gaya to kartab, gir gaye, mar gaye toh haadsa“ – Wenn du es schaffst, ist es eine Aufführung, wenn nicht, dann war es nur ein Unfall, und dann versuche es wieder und immer wieder, bis du eines Tages stirbst. 

Gestärkt durch dieses Training mit großartigen Menschen, durch die Schauspiel- und Darstellungslektionen von wunderbaren Kollegen und Freunden, und mit einer Menge Energie und Hoffnung, mit der ich mich damals gerüstet hatte, beschloss ich, in der Filmbranche zu arbeiten.

Dil Darya

Diese Serie spielte im Punjab. Die Geschichte handelte von einer Hindu- und einer Sikh-Familie, die Nachbarn und beste Freunde waren. Doch die damals herrschenden Spannungen im Punjab beschworen Streit herauf und zerstörten die liebevolle Atmosphäre dieser Beziehungen. Regie in dieser Serie führte einer der wohl besten Regisseure in unserer Filmindustrie: Mr. Lekh Tandon. 

Für mich war das eine große und lehrreiche Erfahrung. In dieser Serie ging es viel um Gefühle, und sie enthielt viele Szenen, in denen man weinen und aus tiefstem Herzen und emotional agieren musste. Da ich eine eher westlich orientierte Schauspielschule genossen hatte, war es eine gute Übung für mich, Bezug zu den wesentlichen indischen Grundemotionen zu gewinnen. Mr. Tandon, oder Lekhji, wie ich ihn nenne, hat mit wirklich sehr geholfen, meine Hemmungen zu überwinden und mir die reiche Emotionspalette und den vielseitigen Schauspielstil anzueignen, die für diese Rolle erforderlich waren.

Fauji

Fauji handelte von einer Gruppe junger jawans und ihren persönlichen Beziehungen und Problemen in der Armee. Die größte Triebkraft dieser Serie war die Jugend. Der Colonel selbst war ein sehr jovialer Mensch, der immer für einen Spaß zu haben war. Seiner Ansicht nach sollte die Armee nicht als ein ernster Haufen wütender Kampfsoldaten gezeigt werden. Er wünschte sich, dass sich jeder mit den Figuren identifizieren konnte; die Zuschauer sollten das Gefühl bekommen, dass wirklich jeder ein Teil der Armee werden kann. Er wollte eine Seite der Armee darstellen, die die Leute dazu inspirieren sollte, zur Armee zu gehen und den Einsatz für das Land als eine Sache der Ehre zu sehen, ohne den Bezug zur Realität zu verlieren. Er war ein ziemlicher Visionär, denke ich. Es gelang ihm, vor dem ganzen militärischen Hintergrund eine junge, beschwingte Atmosphäre zu schaffen. Eine derartige Mischung zwischen Jugend und Armee herzustellen ist danach nie wieder jemandem gelungen. Und das war in meinen Augen auch der wesentliche Grund dafür, dass ich in der Popularität der Menschen so gestiegen bin; ich war überrascht, als die Leute auf der Straße begannen, mich zu erkennen. Damals hatte ich gerade erst mit dem College begonnen, und ganz ehrlich gesagt war es schon ein prickelndes Gefühl, eine Art Berühmtheit geworden zu sein. Auch in Bombay wurde ich wohl vielerorts in der Serie bemerkt, denn ich bekam die ersten Filmangebote. Damals sah ich zum ersten Mal dieses Lächeln, das ich bei Menschen hervorrufen konnte, wenn sie mir auf der Straße begegneten.

Ein interessanter Aspekt meiner Arbeit an Fauji war das physische Training, das wir von der Polizei und der Armee erhielten. Das Beste war das Training für die Fallschirmsprünge. Es beinhaltete Schwingübungen, das Einnehmen von Positionen nach dem Aussteigen in der Luft etc. Der Höhepunkt des Trainings war ein freier Fall über gut 25 Meter, bei dem wir nur mit einer dünnen Leine, verbunden mit einer Winde, gesichert waren. Ich glaube, „fan descender“ nennt man diesen Apparat (eine Art Bunjee-Jumping-Vorrichtung, mit der das Fallschirmsprung-Landen geübt wird; Anm.d.Übers.). Als ich mit meinem Sprung dran war, sagte mir der Ausbilder, ich solle mit dem Rücken zur Crew landen, die unten wartete. Er glaubte wohl, dass ich mir bis dahin vor Angst in die Hosen gepinkelt hätte. Okay, ich sprang… und landete mit dem Gesicht zur Kamera-Crew. Kein Problem. Später habe ich in meinen Filmen mit Hilfe der gleichen Konstruktion immer mal wieder Sprünge aus Höhen von 15 bis 20 Stockwerken gemacht, zum Beispiel erst kürzlich für Phir Bhi Dil Hai Hindustani. Das beweist wieder einmal, dass keine Erfahrung in deinem Leben jemals verschwendet sein kann. 

Sowohl Fauji als auch Dil Darya entstanden in Delhi. Sie erzielten sehr hohe Einschaltquoten, und ich wurde ein bekannter TV-Star mit Wiedererkennungswert. Zur gleichen Zeit wurden noch ein paar andere sehr schöne Serien gedreht wie Nukkad, Tamas, Yeh Jo Hai Zindagi und Buniyaad – allerdings in Bombay und offensichtlich mit höheren Produktionsbudgets als die in Delhi. Ich hatte ein paar Filmangebote aus Bombay, aber an so was dachte ich damals noch nicht. Alles, was ich wollte, war spielen, und ich war sehr glücklich mit meinem Theater und meinen Serien. Eins der Angebote von damals kam von einer Serien-Produktionsfirma mit Sitz in Bombay. Sie hieß Iskra Rogopag und wurde geleitet von Saeed Mirza, Kundan Shah und Aziz Mirza. Das waren große Namen beim Fernsehen wie auch beim Film. Kundan Shah hatte einen meiner Lieblingsfilme gedreht, Jaane Bhi Do Yaaron. Man bot mir eine Rolle für zwei Episoden an unter der Regie eines anderen sehr berühmten Regisseurs, Vikas. Ich war begeistert und nahm den nächsten Flug nach Bombay, in der Hoffnung, viel in dieser großen Stadt zu lernen. Wie es der Zufall wollte, hieß die Serie auch noch Ummeed. 

Meine Erfahrungen am ersten Tag waren sehr interessant. Vorher hatte ich immer nur mit jungen Menschen in Delhi zusammengearbeitet. Es gab eine Kamera und einen Recorder, und gedreht wurde, wenn draußen brauchbares Tageslicht war. Und nun sah ich mich plötzlich grellen Scheinwerfern mit seltsamen Namen wie HMI und Baby ausgesetzt. Es war schon ein Schock, den Beleuchter brüllen zu hören: „Baby ki mundi kaat ke laa“, also bringt das Licht, das Baby genannt wurde, ohne den Ständer. Der Schnitt entstand am Computer, es gab Playback-Songs, alles war neu für mich. Und ja, es gab Retakes, also Szenenwiederholungen. In Delhi wurde eine Szene üblicherweise nur dann noch einmal gedreht, wenn jemand seinen Text vermasselt hatte, aber hier ließ Vikas eine Szene auch schon mal fünfzehnmal wiederholen, nur um ihre Ausführung richtig hinzukriegen. Ich weiß noch, wie ich am ersten Tag nach Drehschluss ein langes Gespräch mit mir selbst führte. Ich hatte das Gefühl, der miserabelste Schauspieler auf Erden zu sein, weil ich eine Szene so oft hatte wiederholen müssen. Im Vergleich zu meinen ruhmreichen Fauji-Zeiten erschien mir das Ganze als ein herber Rückschlag. Mich beschlich das Gefühl, doch nicht zum Schauspieler geschaffen zu sein. Dann setzte Vikas sich zu mir und überzeugte mich, dass diese ganze Geschichte nicht nur meinetwegen stattgefunden hätte, sondern dass auch er so etwas eben bisweilen brauchte, um die Szene und seine Konzeption richtig hinzukriegen. Er war wirklich süß, wie er mir die Sache erklärte. 

Ich schreibe das, weil Schauspieler manchmal anfangen zu glauben, alles zu wissen – und plötzlich wird dir bewusst, dass das Schauspielen etwas ist, das immer weiter und weiter wächst, so viel, wie du willst. Hätte ich damals aufgehört, an mich zu glauben, wäre ich niemals gewachsen. Du musst daran glauben, dass du jedes Mal, wenn du dich selbst zum Ausdruck bringst, etwas Neues lernen kannst und sollst… ein Prozess, der niemals aufhört, bis du mit der Schauspielerei aufhörst. 

Genau betrachtet habe ich die meisten meiner frühen TV-Rollen als Einspringer bekommen. Lekh Tandon hatte für meine Rolle in Dil Darya ursprünglich einen Schauspieler namens Raja Bundela gecastet. Die Iskra-Rogopak-Serien hatten mit Pawan Malhotra einen hauseigenen Helden. Normalerweise hätte er die Rollen in Ummeed und später in Circus gespielt, aber da er mit Dreharbeiten zu Saeed Mirzas Film Bagh Bahadur beschäftigt war, bekam ich die Rollen. Irgendwie und irgendwann, wie ich schon sagte, passiert am Ende immer das, was dir bestimmt ist. Die meisten Filmangebote bekam ich, weil die Leute mich im Fernsehen Rollen spielen sahen, die in etwa denen eines Hindi-Film-Helden entsprachen. Die Serie, die mich zum Helden lanciert hat, war Circus. 

Während der Arbeit an Ummeed wurde ich ein enger Freund der Familien von Kundan und Aziz. Bald lebte ich bei ihnen zu Hause. Aziz’ Frau und Kinder wurden wie eine Familie für mich. Sie waren wirklich lieb zu mir, und ich bekam das Gefühl, Angehörige zu haben in diesem großen bösen Bombay. Aziz ist wie ein Vater für mich. Und während der Arbeit an Ummeed fragte er mich, ob ich Lust hätte, in einer 19-teiligen Serie über das Leben in einem Zirkus mitzuspielen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich an die hohen Standards der Arbeit von Iskra Rogopak gewöhnt. Ich will damit nicht sagen, dass die Delhi-Serien nicht gut gewesen seien, aber Bombay war eben doch ein anderes Kaliber. Alles war größer und besser… es war wie Filmemachen. Ich nahm das Angebot an, und schon bald reiste ich mit dem Apollo-Zirkus durch ganz Indien, um die Serie zu drehen.

Ich bin überzeugt…

Manche Leute fanden, mein Aussehen würde nicht zu einem romantischen Filmhelden passen. Einer meiner Produzenten behauptet nach wie vor steif und fest, ich hätte Haare wie ein Bär. Aber solche Kommentare haben mich nie gestört. Weil ich daran glaubte, dass ich am Ende mein eigenes Gesicht in meinen Filmen entwickeln würde. Ich wusste, dass ich, was das Aussehen betrifft, kein griechischer Gott bin, aber ich gedachte eine innere Schönheit auf die Leinwand zu projizieren, die die Menschen würden sehen und verstehen können. Selbst jetzt bin ich kein eitler Mensch, weil ich fest daran glaube, dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Meine Mutter meinte, ich wäre sehr gut aussehend. Ich wünschte, jener Produzent könnte sich heute mit ihr treffen; sie würde ihm zeigen, wer hier wie ein Bär aussieht, bevor sie ihn zum Trocknen an die Wäscheleine hängen würde.

Ich bin überzeugt, dass, wenn du verliebt bist, dein Partner der schönste Mensch der Welt ist. Ich bin überzeugt, dass ich eine Liebesbeziehung mit meinem Publikum haben kann. Ich kann die Menschen lieben, und ich liebe sie sehr. Schon damals war ich mir sicher, dass sie diese Liebe erkennen und ihrerseits dann auch mich lieben würden. Und wenn sie mich einmal liebten, dann würden sie mich auch schön finden, egal ob ich nun ein Adonis war oder nicht.

Damals beschloss ich, meinem Publikum, wenn es mich sehen wollte, keine wohlgestaltete und gepflegte Wachspuppe zu präsentieren. Das wollte ich nicht, und das konnte ich nicht. Stattdessen wollte ich ihnen einen Spiegel vorhalten und ihnen zeigen, wie sie aussehen würden, wenn sie das Gleiche tun würden wie ich. Ich war nicht hier, um mit meinen Talenten und mit dem, was ich in Sachen Aussehen vorzuweisen hatte, anzugeben oder um Bewunderung und Anerkennung zu bitten. Ich war hier, um ihre Liebe zu erbitten. Ich war hier, um sie zu umwerben, nicht um sie zu beeindrucken. Ich war hier, um ihnen bewusst zu machen, dass ich nur einer von vielen bin, einer von ihnen, ganz wie sie, nur dass mein Job mich eben andere Situationen und Geschichten erleben lässt. Und ich war mir sicher: Wenn es mir gelingen würde, diesen Spiegel für alle hochzuhalten, dann würde mein Publikum mich ganz gewiss schätzen und mögen, denn an einen der Ihren würden sie ihre Liebe ohne Widerstreben zurückgeben.

Ich liebe Werbung

Würde man mich vor die Wahl stellen, entweder einen Film zu sehen oder eine Kollektion guter Werbespots, ich würde mich für die Werbespots entscheiden. Ich weiß noch, dass ich, als ich noch in Delhi lebte, oft zu einer Werbeagentur namens Anthem ging, wo einer meiner Freunde als Werbetexter arbeitete. Ich nahm gerne an den Brainstorming-Sitzungen teil, zu denen stets das Anschauen der besten Werbespots der Welt gehörte. Ich las hingebungsvoll Ogilvy & Mather. Während meiner Collegezeit wirkte ich in meiner Freizeit bei vielen Werbespot-Produktionen mit. Wie zum Beispiel bei der Kampagne der KLM Royal Dutch Airlines, mit der sie ihren Jumbo Carrier vorstellten mit dem Bild eines Elefanten mit Frachtgut auf dem Rücken. Um ehrlich zu sein, ich hatte am College nur deshalb das Fach Massenkommunikation belegt, um Werbefilme zu machen. Spielfilme wollte ich nicht machen. Ich sehe in 30-Sekunden-Filmen eine Kunstform, und dazu noch eine, die sehr schwierig zu beherrschen ist. So wie Kürze die Seele des Schreibens ist, so ist Werbung in meinen Augen die Seele des Filmemachens. Noch heute bin ich hell begeistert, wenn ich einen gut gemachten Werbefilm sehe. Leider ist heute, da ich ein Star bin, der Spielraum der Möglichkeiten sehr begrenzt, wenn ich in einem Werbespot mitwirke – da muss eben das Shah-Rukh-Khan-Element verwendet werden.

Die wenigsten Menschen wissen, dass ich während der Fauji-Dreharbeiten einen TV-Werbespot für Liberty-Schuhe gedreht habe. Ich sah darin richtig furchtbar aus. Ich trug mein Puma-T-Shirt und Fußball-Shorts und sprang herum, das war alles. Es waren die ersten in Indien hergestellten Sportschuhe, und ich war ihr erstes Model. Mein zweiter Werbespot war ein Pan-Parag-Produkt, das jedoch auf dem Markt niemals richtig Fuß fasste.

Dann habe ich während der Dreharbeiten zu Fauji und Dil Darya in Delhi noch eine Menge Werbespots für die öffentliche Versorgung gemacht. Für einen davon fabrizierte ich meinen ersten Stunt, und das auch noch ohne einen Action-Choreographen. Ich raste mit meinem Zweirad in ein Auto, landete mit einem Salto auf der Motorhaube und flog von dort aus über das Dach. Der erste Werbefilm nach meiner Ankunft in Bombay, für Tata Tea, trug dazu bei, dass ich mir ein Haus kaufen konnte. In drei Tagen machte ich drei Filme mit Prahlad Kakkar. Produzent war Pravin Nischol, der später auch English Babu Desi Mem produzierte.

Damals war ich schon für Pepsi-Werbung im Gespräch, doch nach einer Begutachtung entschieden sie sich für Aamir, der zu diesem Zeitpunkt schon ein Star war. Mukul hatte meinen Namen ins Spiel gebracht, weil er fühlte, dass ich demnächst groß rauskommen würde. Aber nach der Begutachtung nahmen sie mich erstmal noch nicht.

Eine Marke namens Shah Rukh Khan

Als Star habe ich, glaube ich, auch für andere Schauspieler die Tore zur Werbung geöffnet. Dadurch, dass ich so viele Produkte bewerbe – Pepsi, Mayur Sultings, Hyundai Santro, Snoodles, Cinthol Seife, Bagpiper Club Soda, Clinic All Clear –, habe ich der Werbetätigkeit von Stars zu Ansehen verholfen. Und dann bin ich ja auch noch Markenbotschafter von Omega. Wahrscheinlich könnte man mich glatt im Guiness Buch der Rekorde verzeichnen als der Filmheld, der die meisten Produkte verkauft hat: Autos, Seife, Shampoo, Nudeln, Armbanduhren, Kleidung – hab ich alles gemacht.

Manchmal wirft man mir allzu übermäßige Präsenz vor, aber dem kann ich nicht zustimmen. Viele der von mir beworbenen Produkte kamen gerade erst auf den Markt, diese Werbeplakate waren nur kurzlebig und wurden bald wieder abgehängt. Ganz davon abgesehen ist übermäßige Präsenz in meinen Augen nicht die schlechteste Art zu sterben. In der Welt des Entertainments ist es schlimmer, nicht die Anerkennung zu bekommen, die du verdienst, als an übermäßiger Präsenz zu sterben. Es ist besser, auszubrennen als zu verrosten. Es ist besser, überpräsentiert zu sein als unterregistriert. Es heißt, ein Star sei jemand, der sein halbes Leben lang um Anerkennung kämpft und dann das andere halbe Leben lang dunkle Brillen trägt, um nicht erkannt zu werden. Für mich ist das in höchstem Grad idiotisch. So etwas wie Überpräsenz gibt es in meinen Augen ebenso wenig wie Übertreibung beim Spielen.

Ich schäme mich nicht im Geringsten dafür, dass ich so viel Werbung mache. Das Geld, das ich dabei verdiene, verschafft mir den Freiraum, die Art von Kinofilmen zu machen, die ich machen will. Obwohl ich niemals ausschließlich wegen des Geldes geworben habe. Bei Produkten wie Pepsi oder Omega sage ich den Leuten ganz einfach, sie sollen mir das zahlen, was sie sich leisten können. Vielleicht zahlen sie mir dann weniger als den anderen Filmstars und Models. Aber ich will gar nicht wissen, was x, y oder z bekommen. Ich freue mich über das Produkt, weil mein Name damit verbunden ist. Ich bin stolz darauf, dass ich die vielleicht weltweit größte Anzahl an Pepsi-Filmen gedreht habe. Vier verschiedene Pepsi-Werbe-Kampagnen gestaltet zu haben ist eine reife Leistung für einen einzelnen Darsteller. Und Indien ist das Land, in dem Pepsi die größten Verkaufszahlen erzielt. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich mit diesem Produkt verbunden bin. Es ist mein Produkt.

Werbephilosophie

Ich versuche immer, ein Produkt zu testen, bevor ich mich entscheide, ob ich es bewerbe. Aber natürlich teste ich es nur bis zu einem bestimmten Durchschnitts-Level. So dass ich zum Beispiel eben weiß, dass Omega ein großartiges Produkt ist. Pepsi ist ein großartiges Getränk – ich trinke es ständig. Auf dem indischen Markt ist Clinic All Clear besser als die anderen. Ich fahre vielleicht aus Sicherheitsgründen nicht in einem Hyundai Santro durch die Gegend, aber wenn mir jemand Fragen über den Wagen stellt, kann ich sagen, dass er ein guter Wagen ist, weil ich selber schon mal am Steuer gesessen bin und ihn gefahren habe. Ich mache keine Werbung für Alkohol, weil mich viele Eltern anrufen und bitten, es nicht zu tun, obwohl ich persönlich eigentlich nichts Falsches daran finde. Und ich mache keine Zigarettenwerbung, weil meine Frau und meine engen Freunde sagen, dass ich das bleiben lassen soll.

Die Werbung hat es mir ermöglicht, die Art von Kino zu machen, die ich wirklich will. Ich bin stolz auf alle meine Werbeaktionen und Produkte. Und ich wünsche mir immer aus tiefstem Herzen, dass ich meinen Produkten einen Auftriebsschwung verpassen kann. Ich sage zwar den Verantwortlichen immer, dass das Produkt sich letzten Endes durch seine eigene Stärke verkaufen muss. Aber natürlich wünsche ich den Produkten, auf denen mein Name steht, alles Gute. Ich bin bei jeder Werbung mit meinem Herzen dabei, ich mache sie niemals nur wegen des Geldes. Und ich stehe loyal zu meinen Produkten, vor allem weil ich das Gefühl habe, dass ich, wenn sie an mich glauben, meinerseits auch an sie glauben sollte.

Natürlich macht es keinen Unterschied, kein Coke zu trinken und keinen Maruti zu fahren. Aber ich sorge dafür, dass, wenn in meinen Filmen ein Auto auftaucht, es nach Möglichkeit ein Hyundai ist, und wenn eine Armbanduhr im Bild erscheinen soll, dann sollte es eine von Omega sein. Das mache ich von selber, ohne dass sie mich darum bitten. Einmal habe ich einen Dankesbrief von Pepsi bekommen, weil ich in einem Film Pepsi als mein Lieblingsgetränk bezeichnete. Ich mache das, weil ich mich dem Produkt verbunden fühle. Und wenn sie dadurch auch nur einen neuen Kunden gewinnen, dann wäre das wirklich schön. Davon abgesehen, dass sie mir eine Menge Geld bezahlen…

Meine Favoriten

Ich habe in insgesamt rund 25 Werbekampagnen mitgewirkt, von denen fünf oder sechs ziemlich gut waren. Der „Dog“-Film von Pepsi war sehr gut, und der Pepsi-Film mit Sachin war auch grandios. Das Hyundai-Konzept war anfangs sehr gut, aber es war ein Fünf-Filme-Konzept, das später auf zwei Filme reduziert wurde. Die Omega-Werbung ist schön, weil sie sehr einfach ist – und mit internationalem Stil. Man hat mir gesagt, dass die Verkaufszahlen nach der Werbung mit mir rapide gestiegen sind. Und das macht mich wirklich stolz.

Arclightz

Als ich Dreamz Unlimited mitbegründete, hatten wir als Ziel eine Firma vor Augen, in der man sich wohlfühlte, sein Geld bekam und selbstständig arbeiten konnte. Die Idee hinter Arclightz war, die (technische) Ausrüstung zur Verfügung zu haben, die Dreamz Unlimited für seine Arbeit brauchte. 

Wir betrachteten die Dinge in Perspektive. Der einzige Weg, einen Film ohne notwendige Kompromisse zu machen, ist, ihn kostengünstig zu halten. Und der einfachste Weg, einen kostengünstigen Film zu machen, ist, eine Ausrüstungsfirma in der Hinterhand zu haben. Und das ist also Arclightz. Und wie soll Arclightz laufen? Nach drei- oder viermal Ausleihen haben wir die Kosten für die Ausrüstung wieder hereingeholt, und etwa ab dem dritten Film werden wir keine Ausrüstungskosten mehr bestreiten müssen. Dadurch wird der Film günstiger. Nicht allzu sehr, aber bei einem 7-crore-Rupien-Budget lässt sich doch mindestens ein crore einsparen. 

Und dann können einige der Set-Requisiten, die wir herstellen, wiederverwendet werden. Und alles ist vorhanden. Wir geben keine 35 lakhs für Werbung aus, wir geben 25 lakhs aus und besitzen dann das Zeug. Wenn ich mir heute Equipment von auswärts besorge, kostet mich das jedes Mal 25 lakhs. Aber wenn ich einmal selber investiert habe, kann ich die Ausrüstung auch in meinem nächsten Film verwenden, ohne noch einmal zu bezahlen. So ganz allmählich wird dann die Zeit kommen, in der ich für solche Dinge fast kein Geld mehr ausgeben muss.

Digitale Wege

Das Internet ist ein Medium, das dazu da ist, erobert zu werden, und zwar hier und jetzt. So wie das Fernsehen seinerzeit einfach reif war. Und ich will dabei sein, wenn dieses Medium loslegt. Diesmal lasse ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen, so wie damals beim Fernsehen. Ich habe eine Kamera und Filmausrüstung. Morgen, wenn ich nicht gerade 20 Tage lang mit Dreharbeiten beschäftigt bin und wenn dieses Medium einschlägt, mache ich vielleicht einen 10-Minuten-Film für dieses Medium. Alle Firmen werden dabei am Ende zusammenwirken.

Dann wird sich die gesamte Anlage am Ende als selbstständig erweisen. Und von gegenseitigem Vorteil sein, wenn meine Partner wie ich denken. Es geht nicht nur darum, die Internet-Firma erfolgreich zu machen. Die Software kommt vom kreativen Team von Dreamz Unlimited. Für das Equipment haben wir Arclightz. Also sollten alle drei Firmen ineinandergreifend arbeiten – das ist für mich der korrekte Weg und das richtige Modell. 

Ich sehe vor meinen Augen ein riesiges Studio mit der Post-Production-Einrichtung auf einer Etage, dem Equipment-Lager auf der nächsten und dem Büro für die kreative Arbeit ganz oben. Damit wären alle drei Medien unter einem Dach vereint. Und wenn diese Anlage dann noch ein Fünf-Sterne-Hotel sein könnte mit einem Multiplex-Kino und mit drei Etagen voller Büros, dann wäre das grandios. Und das ist, ohne jede Wichtigtuerei, der SRKWORLD-Traum.

Dreamz Unlimited

Der Gedanke hinter Dreamz Unlimited war nicht, Geld zu verdienen, sondern ohne Verluste andersartige Filme zu machen. Wir sollten nicht unsere Häuser verkaufen müssen, um die Firma zu betreiben. Deshalb stand für mich fest, als ich mich mit Aziz und Juhi für Dreamz Unlimited zusammentat, dass die Firma unabhängig und selbstständig sein sollte. Mein Ziel war nicht, der größte Filmproduzent der Welt zu werden. Ich wollte lediglich, dass wir künftig unsere Art von Filmen machen konnten, ohne dabei von Produzenten abhängig zu sein, die andere Vorstellungen haben als wir.

Unser erster Film, Phir Bhi Dil Hai Hindustani, war nicht so erfolgreich, wie wir das gerne gehabt hätten, aber seine Publicity verschaffte uns innerhalb eines Jahres einen Namen auf dem Markt. Wenn ich heute frage, wie die Produktionsfirma von Sunny Deol heißt, kommt ganz bestimmt nicht jeder auf Vijeyta Arts. Aber Dreamz Unlimited kennt jeder.

TV

Da ich über das Fernsehen zum Film gekommen bin, habe ich eine Schwäche für dieses Medium. Vor ein paar Jahren habe ich alle meine Freunde bedrängt, sich im Fernsehen zu profilieren, aber keiner hielt das für eine gute Idee. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, eine Game Show zu machen, aber jeder in meiner Umgebung erzählte mir, dass die Menschen einen Star von der großen Leinwand nicht akzeptieren würden, wenn er plötzlich auf dem kleinen Bildschirm erscheint. Darum fangen wir nun an, ein bisschen spät vielleicht, Software fürs Fernsehen herzustellen, auch wenn dabei nicht unbedingt ich im Mittelpunkt stehe. Auch hier geht es vor allem darum, die Art von Programmen zu machen, die wir gerne sehen würden, Programme, die keine Beleidigung für deine Intelligenz sind. Wir wissen, dass wir Inhalte liefern können, die zumindest ein bisschen über dem Durchschnitt liegen.

Vision

Meine Kindheit war nicht wohlhabend, aber zufrieden. Meine Familie war nicht reich, aber Armut haben wir auch nie erlebt. Als ehemaliger Freiheitskämpfer hatte mein Vater eine Menge Verbindungen, und er hätte Anwalt oder Politiker werden können, aber er versuchte lieber, sein eigenes Unternehmen zu gründen. Er hat sich in verschiedenen Sparten versucht, aber er war zu liebenswert, um auf anderer Leute Kosten Geld zu verdienen; daher war er nie besonders erfolgreich. Dennoch war er niemals deprimiert oder unglücklich. Ich nenne ihn den erfolgreichsten Verlierer.

Bei der Asia-Expo 1972 erhielt er die Lizenz für einen Chola-Batura-Stand. Er stellte ein paar Leute ein, die das Gericht zubereiteten, und es wurde ein Riesenhit, weil der Stand direkt neben dem russischen Zentrum war, wo man Mondstaub zu sehen bekam. Wir verdienten Geld damit, aber mein Vater verteilte den Gewinn an die Menschen, die für ihn gearbeitet hatten. Dann hatte er ein Transport-Unternehmen, in dem sein Partner ihn betrog, außerdem eine Raffinerie und ein großes Möbelgeschäft. Meine Mutter war der Meinung, dass er einfach zu gut war. Er konnte einfach niemanden ausnutzen oder übervorteilen. Stattdessen gab er lieber Geld her. Er hat sogar einmal die Kantine der NSD (National School of Drama) betrieben. Ein paar Schauspieler wie z.B. Mr Raj Babbar und andere schulden ihm bis heute Geld.

So hat er gelebt, und das ist auch mein Naturell. Aber ich habe auch gesehen, wie meine Mutter wegen seiner Nettheit gelitten hat. Nach dem Tod meiner Mutter wurde mir bewusst, dass es durchaus vernünftige und essentielle Gründe dafür gibt, Geld zu haben. Seitdem habe ich mir immer vor Augen gehalten: Man sollte Geschäfte bis zu einem solchen Umfang betreiben, dass man sich Entscheidungsfreiheit leisten kann. Und diese Position erreicht man, sobald die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Es sollte nicht passieren, dass man nicht heiratet, weil man nicht genug Geld dafür hat. Das ist die Grundlinie meines Denkens, wenn es ums Geschäft geht. Auch wenn ich meinen eigenen Preis festsetze, richte ich mich nicht nach meinem Starstatus oder nach dem Kurswert. Mein Preis richtet sich danach, wie viel ich verlange. Aufgrund dieser Einstellung bin ich schon oft unterbezahlt worden, aber ebenso oft bin ich auch schon überbezahlt worden.

Zweitens bin ich im Grunde meines Herzens ein Einzelhändler. Man sollte niemals alle persönlichen Habseligkeiten verkaufen müssen, um ein Geschäft am Laufen zu halten. Es sollte sich selbst finanzieren. Das ist grundlegende Prämisse jedes Einzelhändlers. Wenn man einen Laden eröffnet, sollte er zumindest soviel abwerfen, dass man damit die Strom- und Wasserrechnung und das Personal bezahlen kann. Man verdient vielleicht keine Reichtümer damit, aber es sollte sich selbst tragen.

Außerdem finde ich, dass man keine Zinsen verlangen sollte. Ich glaube an das islamische Prinzip, dass man kein Geld nehmen sollte, wenn man es nicht verdient hat. Man sollte dafür arbeiten. Ich befasse mich nicht mit Aktien und auch nicht mit Spekulationen, Lotterien oder Glücksspielen. Ich weiß, das ist eine altmodische Denkweise, aber auf solche Weise verdientes Geld ist für mich kein gutes Geld. Ich finde, dass ich mein Geld nicht verdient habe, solange ich nicht dafür gekämpft oder geboxt habe, gerannt bin oder ein Bild gemalt habe… Solches Geld liebe ich dann. 

Diese vier Prinzipien machen meine Geschäftsphilosophie aus: arbeiten; keine Verluste machen; genug verdienen, dass man Entscheidungsfreiheit hat; und schließlich sollte, wenn man ein Unternehmen mit vielen Mitarbeitern startet, das Endresultat so ausfallen, dass alle diese Menschen glücklich darüber sind, daran beteiligt gewesen zu sein – egal ob es nun Geld abgeworfen hat oder nicht. 

Oft wird gesagt, dass kreative Künstler keine Geschäfte machen sollen. Aber ich mache keine Geschäfte auf dem Level. Auf der anderen Seite versichern mir viele Menschen, ich sei ein sehr guter Geschäftsmann, aber das ist auch nicht richtig. Ich glaube an Einfachheit und Klarheit im Geschäft. Ich glaube an Ehrlichkeit und spontane Entscheidungen. Und ich bin bereit, mehr zu geben, als man von mir erwartet. Aber was mir versprochen wird, muss dann auch abgeliefert werden, sonst fühle ich mich hintergangen, weil ich konstant mehr investiere als ausgehandelt wurde, egal ob in einem Film, einer Werbung, einer TV-Serie oder für eine Filmproduktion. 

Es sollte auch immer etwas Neues dabei sein und nicht nur ausgetretene Pfade beschreiten. Ich bin bei meinen Geschäften niemals solche großen Risiken eingegangen wie in meiner Karriere – die irgendwann ja selber ein Geschäft geworden ist. Es sollte immer etwas anderes sein als das, was andere machen. Wenn ich feststelle, dass alle Welt Spielzeugläden eröffnet, dann möchte ich einen Spielzeugladen eröffnen mit einem ganz speziellen Spielzeug, das sonst keiner hat.

Eines der größten Gottesgeschenke an mich ist, dass ich niemals irgendwelchen Geldmangel empfunden habe. Gott hat mir viel gegeben – Name, Talent, Ruhm, Aussehen, Erfolg –, aber das Geschenk, für das ich ihm am meisten danke, ist, dass ich niemals um Geld bitten musste, auch nicht in meinen Jugendjahren. Ich weiß noch, wie ich einmal meine Mutter fragte: „Mom, kann ich ein Auto haben?“ – ohne zu wissen, ob sie sich eines leisten konnte. Und am nächsten Tag sagte sie zu mir: „Weißt du, Shah Rukh, ich bin gestern die Geschäftsbücher durchgegangen und habe dabei ein Festgeld-Konto entdeckt.“ Und vor der Tür fand ich dann das Auto vor, das sie mit diesem Geld gekauft hatte. 

Als ich mir eine Wohnung kaufen wollte, gab mir Ratan Jain einen Scheck über 7 lakh Rupien. Als ich mir einen Bungalow kaufen wollte, schossen die Preise für Stars plötzlich derart in die Höhe, dass ich das Geld dafür zur Verfügung hatte. Als ich mir keinen Pajero leisten konnte, gab ihn mir der Händler zum halben Preis. So war es immer. Wenn ich etwas wollte, ist es immer zu mir gekommen. Deshalb wünsche ich mir niemals materielle Dinge. Vielleicht hat Gott ja beschlossen, dass er mir meine Wünsche in diesem Leben nur 48mal erfüllt, und ich will nicht, dass dieses Kontingent mir ausgeht.

Ich habe niemals nach den falschen Dingen gegiert. Aber in einem anderen Kontext halte ich Gier für eine Hauptstütze des Lebens. Ich finde, man sollte gierig nach Wissen sein, gierig nach dem Geld, das uns Entscheidungsfreiheit verschafft, und gierig nach Liebe. Gier ist das Herzstück der menschlichen Existenz. Gier macht mich zu dem, was ich bin. Ich giere danach, mehr zu tun, als ich tue. Ich bin auch begierig nach mehr Geld. Ich habe zwar gegenwärtig genug Geld, aber ich werde keine Gelegenheit auslassen, welches zu verdienen. Die Gelegenheit dazu klopft nur einmal an deine Tür. Und wenn du sie dann nicht reinlässt, geht sie weiter und klopft an die nächste Tür. Die Gelegenheit ist wie eine Lady. Dad pflegte zu sagen: „Waqt ki choti aage hoti.“ Die Gelegenheit ist wie eine Frau, deren Flechten vorne hängen; lässt du sie vorübergehen, kannst du sie nirgends mehr festhalten. Du musst sie ergreifen, wenn sie dir gegenübersteht. Deshalb glaube ich an Initiative; man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist. 

Kein Schauspieler und keine Schauspielerin vor mir hat Werbung gemacht. Freunde von mir wie Anil Kapoor und Juhi erklärten mich seinerzeit für bescheuert. Ich rechne es mir als Verdienst an, Werbung für Stars ehrenwert gemacht zu haben. Heute macht jeder Star Werbung. Kein Medium ist zu klein für mich. Ich tanze auf Hochzeiten, auf der Straße, auf der Bühne, im Fernsehen… Amitabh Bachchan ist heute der größte Star dank des kleinen TV-Bildschirms. 

Ich mache Werbung, weil ich das Geld brauche. Und ich finde nichts Falsches dabei, Geld zu haben. Wenn ich mit meiner Arbeit Geld verdiene, ist das ein stolzer Moment für mich. Das Geld, das ich bei Hochzeiten verdiene, gibt mir die Möglichkeit, einen Film, den ich nicht machen will, nicht zu machen. Viele Schauspieler haben von 70 Filmen 30 nur wegen des Geldes gemacht, so wie auch viele Schauspielerinnen in Filmen stecken bleiben, die sie nur wegen des Geldes gemacht haben.

Ich bin sehr stolz auf die Tatsache, dass ich niemals einen Film gemacht habe, weil ich Geld haben wollte. Selbst Guddu war als sehr feinsinnige Inszenierung von Lekh Tandon gedacht, auch wenn es dann nicht ganz so geworden ist, wie wir meinten. Ich habe nie einen Film gemacht, weil ich ein Haus kaufen wollte. Wer einen Film wegen Geld macht, wird den Film nicht mögen, wenn er nicht gut läuft. So etwas passiert mir nicht. Unter meinen 35 Filmen ist kein einziger, den ich nicht mag. Ich habe mir sogar zum Prinzip gemacht, kein Geld für Gastauftritte zu nehmen. Diese Tür zum Geldverdienen ist mir also verschlossen. Für mich gibt es kein leicht verdientes Geld. Das ist meine Geschäftsphilosophie. Geld sollte man nur durch harte Arbeit verdienen. 

Jedes Geschäft, das ich tätige, wird in irgendeiner Weise mit Entertainment verbunden sein. Ich träume davon, eines Tages ein Fünf-Sterne-Hotel mit einem Multiplex-Kino und einer Bowling-Bahn zu besitzen. Ich finde, auch das Hotel-Geschäft ist in gewisser Weise eine Form von Entertainment. Es ist ein Teil der Unterhaltungs-Industrie. Ich liebe es, wenn Menschen mir bei Dreharbeiten auf dem Marine Drive zusehen und dabei lächeln. Und ebenso würde ich mir wünschen, dass auch die Menschen, die mein Hotel verlassen, ein Lächeln auf ihrem Gesicht haben.

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