So hat es mal bei mir angefangen:

Als ich jetzt in der Zeitung las, das am 26.05.07 Main Hoon Na im Fernsehen wiederholt wird, hatte ich ein Deja vu der besonderen Art.
Dies war nämlich mein erster Bollywoodfilm und der Virus sprang über. Nein, stimmt nicht ganz. Vorher sah ich einen kurzen Ausschnitt bei Indian Love Story, es war aber ausgerechnet die Szene fast am Schluss, unter der Brücke, als er ihr endlich sagt, dass er sie liebt. Nur konnte ich damals weinende Männer noch nicht ausstehen (wie konnte ich nur?!) und zappte weiter. Was ich heute bereue, ich hätte schon viel früher infiziert sein können (und schon viel eher pleite). Jeder von uns hat sicherlich ähnliche Erfahrungen gemacht, vielleicht bei anderen Filmen, aber wenn dann einmal der Funke übergesprungen ist, sind wir für Hollywood verloren. Jedenfalls ist das bei mir so.
Zurück zu Main hoon na. Ich saß damals wie üblich abends am Computer und hatte den Fernseher nur als Hintergrundrauschen an. Man hört halt mit einem halben Ohr hin und wieder mal hin. Die Werbung von RTL2 für indische Filme fand ich nur zum Abgewöhnen, zu bunt, kitschig und Singen, häh? Meiner unbedeutenden Meinung nach hat der Sender hier gründlich danebengehauen und viele potentielle Zuschauer im Vorfeld vergrault. Mich bis dahin auch. Dabei liebe ich Musicals und Liebesfilme. Doch viele sehen nur diese Werbung und die Klappe fällt, Schublade auf, Film rein und fertig. Wie oft versuche ich dann zu erklären, das das indische Kino aus viel mehr besteht als nur Liebesschnulzen. Nun gut, diese sind in der Überzahl, aber nicht immer gibt es ein Happyend, man denke nur an Dil se.
Nun, als zu Beginn gleich die Ballerei losging, schaltete ich erst mal geistig ab. Action ist nicht so mein Ding. Dann die doch etwas seichte Handlung am Anfang. Erinnerte mich ein wenig an Feuerzangenbowle. Nur, das ich zu faul zum Umschalten war, rettete den Film. Irgendwann sickerte dann doch die Musik in mein Gehirn und immer öfter ertappte ich mich, dass ich auf den Fernseher schaute, statt brav auf meinen Computerbildschirm. Zuerst fand ich es etwas albern, die Untertitel der Lieder rissen mich auch nicht so vom Hocker, doch dann kam dieses Lied, Tumhe jo maine dekha, und ein nasser SRK. Dazwischen Gefühle bis zur Schmerzgrenze. Und zum Ende noch ein blutender, dreckiger und schwitzender SRK, sabber … Da war es um meinen Seelenfrieden geschehen. Wie konnte ich diesen Mann nur übersehen haben? Diese Augen, dieser Körper und die Stimme … ähm zu meiner Schande muss ich gestehen, damals dachte ich noch, er singe selber…
Das Ende vom Lied war, am nächsten Tag nahm ich die Wiederholung auf und hab sie in der folgenden Woche wohl jeden Abend angesehen, bis ich schon fast mitsingen konnte. Allerdings fiel mir auf, das da irgendwie geschnitten worden sein musste, es fehlt was, wieso hatte er plötzlich eine Wunde am Arm?! Ich war damals halt noch ein blutiger Anfänger und hatte keine Ahnung. Erst als ich den Film komplett auf DVD ansah, blickte ich durch. Nun, der Virus war jetzt in meinem Kopf und meinem Herzen und bereit, sich auszubreiten. Plötzlich sah ich meine Umwelt mit anderen Augen, kam heraus aus meinem typisch nordeuropäischen emotionalen Schneckenhaus. Mit SRK’s Worten, ich hatte endlich meinen Knopf zum Weinen gefunden.
Als ich dann im Internet stöberte, gab es noch nicht viele Filme. Ich glaube, es waren damals nur K3G, Indian Love Story und Dil se. Von den dreien, die ich bestellt hatte, kam ausgerechnet als erstes Dil se, und das war dann fast das Aus für mein latentes Bollyfieber. Untertitel? Häh? Was´n das? Ich hatte in meiner typisch deutschen Borniertheit bis dahin noch nie einen Film mit Untertiteln gesehen, muss ich zu meiner Schande gestehen.
Doch ehe ich ihn zurückschickte, wollte ich wenigstens einmal reinschauen und die ersten 5 Minuten reichten völlig aus. Ich habe letztens schon mal über seine Stimme geschrieben, dass ich Dil se zuerst bekam, war sicher eine Fügung des Schicksals, sonst hätte ich vielleicht nie damit angefangen, die Filme im Original anzuschauen, was ich nur jedem wärmstens empfehlen kann. Noch schöner wäre es, wenn ich die Sprache endlich richtig verstehen könnte. Nur das Ende war dann noch mal ein Schock, ich brauchte erst mal eine Woche, um darüber hinwegzukommen. Dann kam den Göttern sei Dank K3G und die Bollywelt war wieder in Ordnung. Der Virus kam fröhlich singend aus seiner Schmollecke und tat sein hinterhältiges Werk. Ich entdeckte ebay und die wunderbare Welt des indischen Kinos. Mein Konto gab nach anfänglichen Protestschreien auf und versank knöcheltief im Minus, egal, ich musste weitere Filme sehen, vorzugsweise mit SRK. Das die Untertitel dann meist nur in Englisch waren, war nebensächlich. Bollywood hatte mich in seinen Fängen und ließ nicht mehr los. Da musste sogar meine zweite Leidenschaft, Lord of the Rings, auf der Reservebank Platz nehmen. Sorry.
Jetzt, nachdem doch einige Zeit vergangen ist, kann ich sagen, als das heftige Strohfeuer der ersten Leidenschaft niedergebrannt war, entwickelte sich eine beständigere, tiefere Bindung an das Metier und an SRK. Nachdem ich am Anfang fast jeden Abend einen der Filme angesehen hatte, einige bestimmt inzwischen bis zu 10-mal, brauche ich das heute nicht mehr. Und das ist auch ganz gut so, wie groß ist die Gefahr, dabei den Bezug zur Realität zu verlieren, abzudriften in die Hysterie des Fantums. Denn wenn man nicht mehr unterscheiden kann zwischen dem Schauspieler und dem Menschen, zwischen Film und Wirklichkeit, ist man verloren. Das hat sich ganz deutlich wieder an den Diskussionen um KANK herauskristallisiert. Wie viele doch die Rolle, die der Schauspieler spielte, mit dem Menschen SRK gleichsetzten. So wie SRK oft mit seinen Rollen assoziiert wird, mehr als manch anderer Schauspieler, eben weil viele Menschen vergessen, hier eine Trennungslinie zu ziehen.
Doch dank Internet und diverser Bollywood-foren (ein großes Danke an Marco und sein tolles Forum sowie an die Pinklotusblümchen) kam ich an Hintergrundinformationen und je tiefer ich eintauchte, um so mehr entdeckte ich, das Bollywood nicht nur aus Kitsch und Schmalz besteht und das SRK so viel mehr ist als nur ein Schauspieler. Jetzt, wo meine Augen nicht mehr von blinder Leidenschaft verklebt sind, bewundere ich ihn als den Menschen, der er ist, dafür was er erreicht hat, für sein Land und all die Menschen, die er mit seiner Liebe erreicht hat, auch hier in Deutschland. Schukryia, Shah Rukh.