Kishanlal (Shah Rukh Khan) ist der Sohn des reichen, aber knauserigen Händlers Bhanwarlal (Anupam Kher) aus Rajasthan. Sein Bruder Sunderlal (Suniel Shetty) verließ wegen eines verlorenen Kamelrennens vor einigen Jahren seine Frau (Juhi Chawla) und Sohn. So ruht alle Hoffnung auf Kishan, der eine arrangierte Ehe mit der schönen Lachchi (Rani Mukherjee) eingehen soll. Doch schon am Morgen nach der Hochzeit soll er auf eine fünfjährige Handlungsreise gehen, da die Sterne dafür günstig stehen. So rührt er sie selbst in der Hochzeitsnacht nicht an, um die Leidenschaft nicht zu entfachen. Doch schon ein paar Tage später steht Kishan wieder vor der Tür und erzählt seinem Vater von der Begegnung mit einem Weisen, der ihm für jeden Morgen fünf Goldmünzen versprochen hat. Der so besänftigte Vater erlässt seinem Sohn die Reise und dem Eheglück scheint nichts mehr im Wege zu stehen.

Spoiler
Das alles wäre wohl kaum eine Geschichte wert, wäre da nicht der kleine Umstand, das Kishan sehr wohl auf die Reise gegangen ist und der Mann, der nun wieder vor Lachchi steht, gar kein richtiger Mann ist. Es ist ein Geist, der sich bei ihrer Rast an dem Brunnen, wo er zuhause ist, unsterblich in sie verliebt hat und deshalb die Gestalt ihres Mannes angenommen hat. Doch anstatt sich einfach unter diesem Deckmantel einzuschleichen, offenbart sich der Geist Lachchi und überlässt ihr die Wahl. Die fünf Jahre an der Seite eines liebenden Geistes oder freudlos in Erwartung eines abwesenden Mannes, dem der Gehorsam seinem Vater gegenüber und die Vermehrung des schon beträchtlichen Reichtums der Familie wichtiger waren als seine junge, frisch angetraute Frau.

Lachchi macht sich die Entscheidung nicht leicht, es ist das erste Mal in ihrem Leben überhaupt, das sie jemand nach ihrem Wunsch fragt, doch am Ende entscheidet sie sich für die Liebe und den Geist und die beiden verbringen eine glückselige Zeit miteinander. Doch der liebenswürdige Geist tut noch mehr. Er verhilft dem Dorf zu einer eigenen Wasserquelle, manipuliert das nächste Kamelrennen zu Gunsten von Kishans Familie und bringt damit endlich Sunderlal zurück in den Schoss seiner Lieben. In der Zwischenzeit hat Kishan vier Jahre zum Nachdenken gehabt und gemerkt, wie sehr er seine Frau liebt und vermisst, und als er erfährt, dass sie zuhause von „ihm“ schwanger ist, macht er sich auf den Heimweg, um just in dem Moment dort aufzutauchen, als Lachchi ihr Kind bekommt. Nun steht die Familie und Gemeinde vor der schwierigen Entscheidung, herauszufinden, welcher von den beiden der echte Kishan ist.

Der von Red Chillies produzierte Film unter der Regie von Amol Palekar, der erst Ghost Ka Dost heißen sollte, kam im Juni 2005 heraus und feierte in Indien sowie in Großbritannien Premiere. Er war in diesem Jahr Indiens Wahl für die Oscars, schaffte es aber nicht in die Endauswahl. Schade, aber nachvollziehbar, denn Paheli ist zwar ein visuell wunderschön in Szene gesetztes Märchen, hat aber eben eine unaufgeregte, leise erzählte Handlung ohne Blutvergießen, hochdramatische Szenen oder einen nerven zerfetzenden Showdown. Doch diese Nachteile sind eigentlich keine, denn Paheli gibt gar nicht vor, etwas anderes sein, und wer mit der richtigen Einstellung an diesen Film herangeht, wird sich wunderbar unterhalten und ein gutes Gefühl mitnehmen. Ich würde ihn zu gern mal auf großer Leinwand sehen, um die tolle Kameraarbeit und die überwältigenden Farben richtig genießen zu können. Wenn sich Shah Rukh so etwas unter einem kleinen Film vorstellt, hätte ich gern mehr davon.

Paheli basiert auf einem Roman von Vijayadan Detha, der 1973 schon einmal verfilmt wurde, unter dem Titel Duvidha. Die naiv charmante Handlung hat was von einer Parabel mit einer klaren Botschaft über die Selbstbestimmung der Frau, visionär für die Zeit, als die Geschichte entstand. Palekar ist ein anspruchsvoller Filmemacher, der hier mit dem nötigen Kleingeld und verblüffender Tricktechnik ein Fantasymärchen in eine ansprechende romantische Liebesgeschichte hüllt, die vor allem Augen und Ohren anspricht.
Kameramann Ravi K. Chandran zeigt nicht nur das ländliche Rajasthan in wunderschönen Bildern (aus Kostengründen wurde sogar eine künstliche Wüstenlandschaft errichtet), spektakuläre Bauten wie das Wasserreservoir mit den unzähligen Treppen, wo der Geist das erste Mal Lachchi erblickt oder das prächtige Haveli mit seinen interessanten Strukturen im Inneren, sondern auch die Darsteller von ihren schönsten Seiten. Vor allen Rani Mukherjee und Juhi Chawla in ihren farbenfrohen Kostümen.

Bei Shah Rukh hätte vor allem in der Szene auf dem Dach ein wenig mehr mit dem Licht und/oder Makeup gespielt werden können, denn ganz so hühnerbrüstig und bleich ist er ja nun wirklich nicht, wie es hier aussieht. Mit Turban und Schnurrbart ist er sowieso ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, der aber zur Rolle passt. Paheli bot dem experimentierfreudigen Schauspieler eine wirklich herausfordernde Doppelrolle, die er auch souverän meistert. Den Geist spielt er mit seinem gewohnten Charme, dem keine Frau widerstehen kann, doch das wirklich überraschende ist, wie er unbeabsichtigt humorvoll die Rolle des unterkühlten Kishan spielt. Wunderbar unterspielt und doch eindringlich. Typisch auch wieder seine kleinen Eigenarten, um die Rollen zu definieren und differenzieren. So kann der Geist mit den Finger schnipsen und Kishan nicht. Wenn sie zum Schluss nebeneinander stehen, hat man wirklich das Gefühl, zwei Männer zu sehen, die sich zufälligerweise ähneln.

Rani Mukherjee hat leider nicht allzu viel zu tun als schön auszusehen und ein wenig zu leiden, schade. Aber sie darf tanzen und ihre tolle Stimme einsetzen und bildet wie immer ein tolles Paar mit Shah Rukh. Einfach zum Verlieben sind auch die kleinen Gesten und neckischen Szenen, wie die, wo Lachchi den Geist kitzelnd durch die Räume jagt. Auch die Nebenrollen sind hervorragend besetzt. Juhi als Schwägerin hat leider auch nicht allzu viel zu tun, ist aber wieder mal eine Augenweide. Suniel Shetty kommt viel zu kurz, seine Geschichte mit Juhi hätte ruhig weiter ausgebaut werden können, Amitabh Bachchan ist wie gewohnt eindrucksvoll bei seinem kleinen Auftritt als Schafhirte, Naseeruddin Shah leiht dem Puppenkönig seine Stimme, Dilip Pradhavalkar und Rajpal Yadav haben leider auch nur kurze Auftritte, diese sind aber herrlich amüsant.

Die Idee mit den beiden Puppen finde ich sehr witzig und passend, sie kommentieren die Handlung und wollen dem Geist mit ihren Ratschlägen helfen. So ist auch der Abspann mit den Hauptdarstellern als Marionetten am Gängelband ein überraschender und passender Abschluss für dieses unterhaltsame Märchen. Überhaupt wird hier die Tricktechnik gezielt eingesetzt, um den märchenhaften und fantasievollen Charakter der Geschichte zu unterstreichen, seien es animierte Tiere, Blumenblätter oder der Geist, der mal Gestalt annimmt, mal sich auflöst und in einem Wasserschlauch verschwindet. Für indische Verhältnisse überraschend gut gemacht.

Der passend zur Handlung eingebaute Soundtrack von M. M. Kreem ist wie der ganze Film ein Kunstwerk, das aber nur in Einheit mit den farbenfrohen Bildern und grandiosen Choreografien von Farah Khan wirkt.
Das Ende lässt viele Fragen offen, die wohl jeder für sich klären muss. Für mich ist Kishan nicht wirklich ein böser Mensch, er hatte nur die falschen Prioritäten und zu spät entdeckt, wie wichtig die Liebe ist. Daran ist wohl hauptsächlich die Erziehung seines Vaters schuld und der Druck, unter dem er durch das Verschwinden seines Bruders stand. In der Fremde beginnt er nachzudenken und entscheidet sich dann auch ganz richtig für seine Frau, was ihn doch noch sympathisch macht. Spätestens in dem Lied Khali Hai verliebt man sich auch in ihn. Diese Figur macht eine drastische Wandlung durch und war daher sicher die größere Herausforderung für den Schauspieler in Shah Rukh. Ich stelle mir vor, dass der Kishan, der sich am Ende Lachchi enthüllt (man muss schon genau hinhören bei dieser Szene, bei meiner ersten Fassung ohne Untertitel hatte ich den Schluss nicht verstanden), eine Symbiose von beiden ist. Aus dem nüchternen, praktischen, aber lernfähigen Kishan und dem liebevollen, einfühlsamen Geist. Das sich Lachchi dazu durchdringt, ihrem Mann ihre bewusste Entscheidung, mit dem Geist zusammenzuleben, obwohl sie die Wahrheit kannte, ist wohl der größte Liebesbeweis und eine beachtliche Leistung für eine Frau, damals wie heute.

Der Film mag keine großen Höhepunkte oder überlebensgroßen Gefühle haben, und doch hat man beim Schauen ständig ein leises Lächeln auf den Lippen oder ein Tränchen im Auge. Er macht einfach glücklich und hinterlässt ein gutes Gefühl und auch das braucht man hin und wieder. Ein Film, in den man sich verlieben muss, wenn man denn will.