Quelle

Tom Brook BBC News

25 November 2011

Sein Name mag im Westen nicht viel bedeuten, doch ist Bollywood Megastar Shah Rukh Khan möglicherweise der populärste Filmstar der Welt.
Anhand dessen, dass das Bollywood Kino ungefähr drei Milliarden Menschen erreicht, übertrifft seine Anhängerschaft die der Hollywoodstars weit. Aber nach fast 30 Jahren im dem Geschäft – und mehr als 70 Filmen auf seinem Konto – bleibt der 46jährige Khan unerwartet schüchtern und kann noch immer nicht ganz begreifen, warum Legionen von Fans ihn gemeinhin King of Bollywood nennen.
„Es verblüfft mich, dass sie mich so nennen – und tief im Innern meines Herzens denke ich vielleicht, dass ich all das nicht verdiene“, sagt er. „Ich bin sehr dankbar und fühle mich sehr seltsam. Ich weiß nicht mal, warum die Leute mich so sehr mögen.“ Er erklärt, inwiefern sein souveränes Äußeres eine zurückgezogene Persönlichkeit kaschiert. „Ich bin ein sehr schüchterner Mensch. Während ich älter werde, ziehe ich mich immer weiter zurück“, sagt er.
Er sagt, dass angesichts seiner öffentlich erklärten Schüchternheit die Schauspielerei eine Quelle des Trosts gewesen ist. „Eigentlich spiele ich bloß, um meine Unbehaglichkeit zu verbergen, daher werde ich eine andere Person und mache all die seltsamen Dinge. Das ist fast schizophren, und ich kann einfach loslegen und etwas tun und fühle mich nicht schuldig, schüchtern, seltsam oder ungeschickt.“
Khan ist für seine breite Palette an Filmen bekannt. Einige seiner Filme sind moderne populäre Klassiker geworden, wo er oft die romantische Hauptrolle spielt. „Wissen Sie, es ist sehr seltsam, dass ich so viele Liebesgeschichten gemacht habe, und all meine Filmpartnerinnen und all meine Freunde und Ladies sagen, ‚Oh, du bist so romantisch.‘ Ich konnte nie meinem Leben auf einer Party losgehen und Hallo zu einem Mädchen sagen. Die erste Person, zu der ich es sagte, war meine Frau, und ich heiratete sie rasch.“
Er sagt, dass er von der Schauspielerei begeistert ist, seine Arbeit aber nicht rezensieren will, sobald die Dreharbeiten abgeschlossen sind. „Ich kann mir meine Filme nicht mal ansehen. Ich denke, von den 70 Filmen habe ich nicht mehr als drei gesehen, ich kann meine Filme nicht anschauen. Es ist mir peinlich.“
Anhand dessen, das in letzter Zeit andere indische Schauspieler an Beliebtheit gewinnen, hat die Statur von Khan ein wenig einstecken müssen – aber für seine Anhänger hat er eine fast magische Fähigkeit, sie in Atem zu halten.
Bollywoods Top Schauspielerin Priyanka Chopra glaubt, dass seine Beliebtheit teilweise durch seine Bescheidenheit begründet wird. „Er ist zuordbar“, sagt sie. „Er ist bescheiden und hat gleichzeitig die Eigenschaften, die sich jede Mutter bei ihrem Kind wünscht oder jede Ehefrau bei ihrem Mann und jedes Kind bei seinem Vater. Er hat all das in sich, damit macht es ihn zu mehr als nur diesen Filmstar, der Ihnen unglaubliche Lieder vorsingt. Es macht ihn zu einer Marke oder eine Ware, mit der sich jeder identifiziert und deshalb ist er mehr geworden als nur ein Filmstar.

Superheldenrolle
Der Schauspieler beschäftigt sich enthusiastisch mit seinen Fans, wo auch immer er hingeht – aber er ist auch sehr engagiert bei seinen Kollegen im Filmgeschäft, indem er hart daran arbeitet, die indische Filmindustrie voranzubringen. Seine letzte Hauptrolle war die in Ra.One, der im Oktober rauskam, ein Film, den er auch produzierte. Er ist als Indiens teuerster Film bezeichnet worden. Es ist ein Superheldenfilm auf dem neuesten Stand der Technik, der, wie seine Promotoren behaupten, mehr Spezialeffekte aufzuweisen hat als Regisseur James Cameron‘s Avatar.
Khan glaubt, dass die indische Filmindustrie ihre Produktionsstandards hoch bringen muss, wenn sie überleben soll – besonders in einer Zeit, wo Hollywood beginnt, in den indischen Markt vorzustoßen. „Die Jugend ist dem internationalen Kino ausgesetzt. Sie wollen Qualität. Sie wollen Styling. Sie wollen Design. Sie wollen jetzt eine internationale Erzählkunst und ich denke, wenn wir das nicht liefern, werden die Kids, jene die 15, 16 sind, aufhören, indische Filme anzuschauen.“
Viele Kritiker waren von den Spezialeffekten in Ra.One beeindruckt, aber es gab einiges Gemecker über die Schwächen des Storytelling. Khan gibt zu, während er auf keine bestimmten Defizite in Ra.One hinweist, dass sich die indische Drehbuchschreiberei ändern muss – besonders mit ausländischen Märkten vor Augen. „Ich denke, dass sich unsere Drehbuchtechnik viel mehr verbessern muss. Wir machen Musikfilme. Dieses Format muss sich ändern. Wir können die Musik noch immer haben, aber vielleicht nicht so aufdringlich. Wenn Sie einen Film international im Ausland verkaufen wollen, wird er zunächst von Drehbuchautoren aus dem Westen geschrieben werden müssen, weil sie es verstehen.“ Aber er glaubt, dass der indische Inhalt definitiv bewahrt werden sollte.
Eine von Khans großen Ambitionen ist es, einen Film zu machen, der überschreiten und Zuschauer sowohl im Westen als auch in Indien zufrieden stellen wird. „Ich werde unermüdlich weiter daran arbeiten… Ich will nicht die Armut und die Schlangenbeschwörer Indiens verkaufen. Ich will die gebildete Mittelklasse Indiens verkaufen. Ich will ihnen sagen, dass es eine Menge Intelligenz hier gibt, Intellekt, Reichtum, Glück, eine farbenfrohe Kultur, und bei allem Respekt, wir sind nicht irgendein Land, ein Land der Dritten Welt. Ich will nicht die Traurigkeit dieses Landes verkaufen. Ich will das Glück des Landes verkaufen.“
Obwohl viele der Filme, in denen Khan aufgetreten ist, realitätsfern sind, hält er weiterhin an den Problemen des wirklichen Lebens fest.

‚Säkulare‘ Industrie
Im letzten Jahr spielte der Schauspieler, der in eine muslimische Familie geboren wurde, die Hauptrolle in dem Film My Name Is Khan, der sich mit dem muslimischen Profiling in Amerika nach dem 9/11 befasste. „Ich dachte, dass ich einer der wenigen Leute sein sollte, zumindest in Indien, der den Leuten sagt, dass ein Muslim nicht zwangsläufig ein Terrorist oder schlechter Kerl ist. Die Welt sollte nicht so gespalten werden.“
Aber der Schauspieler behauptet, dass er, trotzdem er in einem Land lebt, wo Muslime in der Minderheit sind, nie irgendeine Diskriminierung im Filmgeschäft erlebt hat. „Ich denke, dass die indische Filmindustrie die weltlichste Stelle ist, in der man einen Job finden kann. Ich weiß nicht mal, ob irgendjemand die Religion des anderen kennt, während wir zusammenarbeiten. Ich bin niemals benachteiligt worden, was es angeht, in dieser Branche ein Muslim zu sein.“
Trotz der manchmal bescheidenen und unsicheren Bewertung seiner selbst wirkt Khan nicht wie ein unausgefüllter Mensch. „Ich bin sehr glücklich, dass mir von Gott erlaubt wird, jemand anderer zu sein. Das ist alles, was ich tun muss, und damit mache ich einfach weiter, jeden Morgen, den ich aufstehe. Meine Familie fragt mich andauernd, ‚Wie machst du das?‘ Ich sagte, ‚Ich liebe es einfach. Ich bin halt sehr glücklich beim schauspielern.'“

Bilder vom MTunes Interview: