Quelle:www.thestatesman.net

10 May 2008

„Ich kam nach Mumbai auf der Suche nach Erfolg. Die Stadt hat mich in eine Ware verwandelt“, sagt Shah Rukh Khan, der sich selbst in zwei Jahrzehnten in eine Institution transformiert hat. Sich selbst bewusst mit der Kultur des Wohlstandes verbindend, die den postglobalisierten indischen Subkontinent überschwemmt hat, hat Khan Ikonizität eine neue Dimension verliehen. Damit ist auch sein gegenwärtiges Interesse an der Indian Premier League (IPL) verbunden.

SRK begann seine Karriere Anfang der neunziger Jahre. Raju Ban Gaya Gentleman (1992), Baazigar (1993) und Kabhi Haan Kabhi Na (1993) folgten schnell aufeinander und katapultierten einen unbeholfenen, unkonventionell aussehenden, nicht-Mumbaier zum Ruhm. Ob geplant oder zufällig hatten all diese Filme ein gemeinsames Thema: den überwältigenden kurzfristigen Erfolg eines gewöhnlichen jungen Mannes unter falschen Referenzen.

Vielleicht zum ersten Mal im etablierten Hindikino war die Hauptfigur ein gewöhnlicher Mann im wahrstem Sinne des Wortes ~ physisch und moralisch. Die Helden der vergangenen Jahre hatten die Bühne auf Grund von gutem Aussehen (Dilip Kumar, Dev Anand und Rajesh Khanna zum Beispiel); Sex Appeal (Shammi Kapoor); und Statur, Stimme und Persönlichkeit (Amitabh Bachchan) beherrscht. Vielleicht war der einzige Held, der vor SRK die Verletzlichkeit des gewöhnlichen Mannes auf der Leinwand erfolgreich porträtiert hat, der große Impresario des indischen Kinos, Raj Kapoor in seinem unvergesslichen Awara und Shree 420, dem der Raju von SRK offensichtlich nachempfunden wurde. Aber im Großen und Ganzen hatte SRK im Vergleich zu seinen Vorgängern nicht die Körpergröße, Stimme oder das gute Aussehen, was traditionell mit einem Hindifilmhelden einhergeht.

Vielmehr verkörperte er vom allerersten Augenblick an das Image der Mittelmäßigkeit, eines Jungen, der ewig auf der Suche nach der Abkürzung zum Erfolg ist. SRK´s Leinwandcharakter ist der eines klugen, überzeugenden Redners, fließend in Hindi und Englisch, eines überzeugenden und reizenden Lügners, eines Mannes der Frauen, beliebt besonders bei einflussreichen Frauen, den Kopf voll mit übereilten und gewinnbringenden Plänen, erpicht auf den Erwerb von gadi-bangla-ladki (Auto – Haus – Freundin).

SRK hauchte dem Hindi-Kino der neunziger Jahre neues Leben ein, das bis dahin im Bild des zornigen jungen Mannes der siebziger Jahre stecken geblieben war. In den neunziger Jahren war der zornige junge Mann nicht länger relevant für ein Drehbuch, das eine Strategie verlangte, Muskeln mit dem Verstand zu besiegen. Das war die Zeit, als die korporativen, globalen Fische schnell den kleinen Fisch schluckten. Die neunziger Jahre waren das Jahrzehnt, als Mumbai unter dem ersten Eindruck der Globalisierung taumelte. Geld war im Umlauf, es gab alle Arten von neuen Gelegenheiten und zweifelhaften Plänen in der Stadt. Eine gesichtslose, allmächtige, weltweite Oligarchie überschwemmte Indien schnell mit einer neuen Welle des Konsums. Die Globalisierung leitete das Mantra des Überlebens des Stärksten ein, was sich als wilder, unbarmherziger, korporativer Dschungel herausstellte, in dem der Staat den Frieden wahrte. Die Heuchelei, Korruption oder Menschlichkeit des Staates, die in den Filmen der siebziger und achtziger Jahre porträtiert worden war, wurde allmählich von der Teilnahmslosigkeit und Hilflosigkeit des Staates ersetzt.

Der Leinwandcharakter von SRK eines leicht korrupten, aber gut meinenden, mittelmäßigen jungen Mannes, mit den Träumen eines Konsumenten, Sinn für Humor und einer Einstellung – wenn du es nicht schlagen kannst, dann schließ dich ihm an – berührte eine Saite in den Herzen des jungen Publikums. Hier war ein Junge, der genau wie sie den Gesetzen der Marktwirtschaft unterworfen war und kraft der Intelligenz einige der Regeln seinen Absichten passend beugen konnte. SRK´s Image des liebenswerten Schwindlers, eines Mannes, der um einen hohen Einsatz spielt und besser spielt als er arbeitet, wurde ein Trendsetter.

SRK hat stets dem Geld vor dem Image als Star den Vorrang gegeben und in dem Prozess das Konzept des Stars neudefiniert. Vorbei sind die Tage von Greta Garbo und Suchitra Sen, als Stars gottgleich waren. Heute ist der Star der Glücksbringer, der das Produkt verkauft. Der Star gibt auch einem globalen Produkt einen lokalen Anstrich, das Trugbild des personifizierten Verbrauchs schaffend und die Tatsache verbergend, dass die Globalisierung Unterschiede unbarmherzig auslöscht. Er war der erste indische Star, der die Notwendigkeit erkannte, sich als Markenträger zu verkaufen.

SRK war auch der erste Star, der auf den Hochzeiten der Superreichen tanzte und seine Kollegen dazu ermunterte, dasselbe zu machen. In einem Interview für eine englische Tageszeitung sagt er: „Ich könnte mehr tanzen müssen, um weiterhin für die Kolkata Knight Riders zahlen zu können. Ich bin auf der Suche nach einigen Hochzeiten… Ich leihe nicht gerne Geld, ich verdiene es gern… Ich glaube an die Würde der Arbeit… Ich glaube nicht an ein Image. Wenn ich anfange, daran zu glauben, bin ich ein Dummkopf… Ich habe keine Probleme damit, auf Hochzeiten zu tanzen… ich bin Shah Rukh Khan wegen dem, was ich tue.“

Als SRK 2007 den Job des Moderators von ‚Kaun Banega Crorepati‘ übernahm, wechselte er nicht nur auf dem Höhepunkt seiner Karriere von der Kinoleinwand auf den Fernsehschirm, sondern stieg auch in die Schuhe von Bachchan, eine anscheinend selbstmörderische Handlungsweise für einen erfolgreichen und vermarktungsfähigen Star. Die Show lief nach einer geraumen Zeit aus, aber nicht, bevor er gutes Geld herausholte.

Der erste Film, der irgendwie anders aussah als das, was Khan früher getan hatte, Swades bei Seite lassend, der daran scheiterte, die Kassen klingeln zu lassen, einfach nur, weil es nicht mit dem Image von SRK vereinbar war, war Chak De India, der sich als strategisch erfolgreich herausstellte. Schon damals dachte SRK bereits ernstlich darüber nach, ins Kricket zu investieren, was er tat, indem er seine Mannschaft Kolkata Knight Riders am 14. März 2008 kaufte, sechs Monate, nachdem der Film veröffentlicht wurde. Was am Anfang wie Patriotismus und die Liebe zum Frauenhockey aussah, ging in Wirklichkeit um einen SRK, der sich auf eine bedeutsame Weise mit dem indischen Sport verbindet, denn trotz seines Erfolgs hatte er keinen Lagaan in seinem Pott. Ein echtes Sportlerimage war notwendig, sein IPL-Projekt durchführbar zu machen. Chak De India machte das. Hätte sich SRK echt für den Sport interessiert (und das ist kein Werturteil, nur eine Beobachtung), hätte er sein Schicksal mit dem Hockey und nicht dem Kricket verbunden.

In Shah Rukh Khan haben wir die vollkommene Kombination des Impresarios und Unternehmers. Eine Mann, der fest entschlossen ist, sich energisch auszubreiten und das Geldverdienen zu heiligen.