Hier die Übersetzung eines Telefon-Interviews mit der StraitsTimes aus Singapur…

Quelle srk.org

Schüchterner Superstar

Für seine Abermillionen Fans ist Schauspieler und Produzent Shahrukh Khan der unangefochtene King of Bollywood, bekannt für seine Macho-Filmrollen. Aber dieser energievolle, schnell sprechende Superstar, der nächste Woche für den ZEE Carnival, der indisches Entertainment präsentiert, in Singapur zu Gast sein wird, gibt in einem einstündigen Telefoninterview aus Mumbai einen seltenen Einblick auf seine sensible Seite. Indiens romantischster Hauptdarsteller gibt darin zu, dass er im echten Leben Frauen gegenüber hoffnungslos schüchtern ist.

Khan, der nächsten Monat 43 Jahre alt wird, der seit 17 Jahren mit seiner Frau Gauri verheiratet ist und mit ihr zwei Kinder hat, fügt hinzu „Ich bin einfach zu schüchtern Frauen gegenüber. Ich habe noch niemals in die Handtasche oder den Schrank meiner Frau geschaut.“

Der Mann, der in Indien allgegenwärtig ist – auf Filmplakaten in den Straßen und in Fernsehshows, der mit dem Kauf einer Cricket-Mannschaft in den Schlagzeilen steht und der den derzeitigen Filmarbeiter-Streik in Bollywood unterstützt – offenbart auch eine überraschend andere Seite. Der berühmte Schauspieler sagt, dass er „ein äußerst privater und zurückgezogener Mensch“ ist, der weint, wenn er an seine verstorbenen Eltern denkt.

Khan’s muslimische Eltern – Meer Taj Mohammad Khan und Lateef Fatima – starben, bevor er in Bollywood berühmt wurde und bis zum heutigen Tag trauert er um sie und um die verlorene Zeit mit ihnen. Er sagt „Zuhause gehe ich oft auf die Terrasse und weine. Ich weine nicht, weil sie nicht mehr in der Lage waren, meinen Erfolg zu sehen, ich weine, weil sie, auch wenn aus mir ein totaler Versager geworden wäre, mir nur das Beste gewünscht und mich bedingungslos geliebt hätten. Manchmal weine ich über völlig unsinnige Dinge, zum Beispiel wenn mein Wagen liegen bleibt. Am Ende sage ich dann ‚Mum, ich wünschte, Du wärst jetzt hier, Du würdest mir sagen, was zu tun ist.‘ Selbst meine Kinder wissen, dass es absolut okay ist, dass ihr Vater weint.“

Eine andere Sache, über die er nicht gerne in der Öffentlichkeit spricht, sind seine Rückenprobleme, die die Folge aus seinem aufreibendem Arbeitspensum und gewagten Action-Szenen sind. Er wurde zu einem Mann aus Stahl nachdem ihm 2004 nach einem Bandscheibenvorfall eine Titan-Platte in die Wirbelsäule eingesetzt wurde. Aber er sagt nur „Ich möchte einfach nicht darüber sprechen, weil mir über viele Jahre so viel Liebe, so viel Güte von meinen Fans entgegengebracht wurde. Ich möchte sie nicht durch daß bißchen Schmerz, das mich plagt, beunruhigen.“

Er verspricht, dass er seinen Fans nur die guten Sachen zeigen wird, wenn er Singapur am 11. und 12. Oktober zum ZEE Carnival, der von einem indischen Fernsehsender organisiert wird und der im Suntec Convention Center stattfindet, besucht. Khan und Fernsehstars wie Aditya Narayan und Raja Hasan werden dort bei verschiedenen Gelegenheiten auftreten

Nicht nur seinen Fans, sondern auch den Menschen, mit denen er arbeitet, steht er bei. Er brach seine Dreharbeiten ab, um die Bollywood-Arbeiter bei ihrem unbefristeten Protest gegen zu niedrige Löhne, verspätete Lohnzahlungen und den anhaltenden Einsatz von nichtorganisierten Schauspielern zu unterstützen.

Der Star, der einen Sohn, Aryan, im Alter von 11 Jahren und eine achtjährige Tochter, Suhana, hat, erklärt „Die Leute denken, dass ich extrovertiert bin, aber so bin ich in absolut nicht. Ich ziehe mich immer mehr zurück, alles was ich mache ist arbeiten und Zeit mit meiner Familie verbringen.“

Natürlich ist da noch viel mehr als die tägliche Schufterei. Sein Gesicht repräsentiert die größte Filmindustrie der Welt. Indien produziert mehr als 1000 Filme pro Jahr, ein Drittel davon in Hindi, Indiens offizielle Landessprache. Geschätzte 3,6 Billionen Menschen sehen sie sich jährlich an, das ist eine Billionen mehr als in Hollywood.

Auch wenn die Zahlen für Bollywood sprechen würden, glaubt er, dass es Dinge gibt, die die indische Filmindustrie von Hollywood lernen könne. „In Sachen Organisation, Technologie und Vertriebsnetzwerk ist es uns weit voraus. Ich habe Hochachtung vor Hollywood was diese Dinge betrifft, aber wir in Bollywood sind durch unsere Geschichten bekannt.“

Kritiker sagen oft, dass die Stories in Bollywood zu weit hergeholt seien. Die Schauspieler wechseln mehrmals während der Handlung ihre Kostüme, die Schauplätze können während eines einzigen Songs von irgendwo in Agra in die Alpen wechseln. Doch Khan ist nicht der Meinung, dass im indischen Film alles Fantasie ist. Bezugnehmend auf die Themen in den Hollywood-Blockbustern wie ‚Deep Impact‘ und ‚Independence Day‘ sagt er „Für mich ist es die reinste Fantasie, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten die Welt vor einem Meteoriten rettet. Unsere Fantasien sind erreichbar. Unsere Fantasien sind kleiner. Sie handeln davon, ein Haus zu haben, ein kleines Auto. Wir werden nicht von Aliens bedroht.“

Aber diese Fantasien verkaufen sich gut. Er hat einige der größten Bollywood-Hits geliefert, darunter ‚Dil To Pagal Hai‘ (1997), ‚Kuch Kuch Hota Hai‘ (1998), ‚Kabhi Kushi Kabhie Gham‘ (2001) sowie die beiden jüngsten Filme ‚Chak De! India‘ und ‚Om Shanti Om‘ im letzten Jahr. Und das, obwohl er sagt, dass es ein paar Dinge gibt, die er niemals auf der Leinwand tun würde: „Ich werde nicht auf einem Pferd reiten und kein Mädchen küssen. – Ich denke, gerade weil ich so extrem schüchtern gegenüber Frauen bin kann ich in meinen Rollen auf der Leinwand so gut mit ihnen flirten.“

Khan hat in über 60 Filmen gespielt und sieben Filme selbst produziert. Seine Rollen sind so unterschiedlich wie die Filme, die er gemacht hat. Aber nur eine Figur kommt ein wenig an den echten Shahrukh Khan heran. „Ich bin diesem sachlichen Trainer Kabir Khan in Chak De India sehr ähnlich. Allerdings bin ich nicht ganz so streng“, fügt er mit einem Lachen hinzu.

Viel wurde über Khan geschrieben – Dokumentationen über sein Leben wurden gedreht, es gibt Bücher über ihn und Auszeichnungen fliegen ihm nur so zu. Dennoch glaubt er, dass Vieles nicht ohne seine Co-Stars so gekommen wäre. „Ich hatte das große Glück neben einigen der schönsten und talentiertesten Frauen der Branche spielen zu dürfen. Mindestens die Hälfte meines Erfolgs verdanke ich ihnen. Unter anderem haben sie mir beigebracht, wie man tanzt und wie man gut aussieht. Ich bin was ich bin aufgrund dessen, was sie für mich getan haben.“

Er hat eine ganz besondere Beziehung zu Choreographin und Regisseurin Farah Khan, die Regie bei Om Shanti Om und Main Hoon Na geführt hat. „Weibliche Regisseure machen Filme auf ganz eigene Art, sie sind sensibel und emotional. Farah dagegen steht für pures Entertainment. Sie hat das Zeug dazu, einen Film wie ein Mann zu machen und das bewundere ich“, sagt er.

Und wenn er mal nicht redet oder Filme macht, dann läßt er sich gerne mit einem guten Buch nieder. Die Bibliothek seines Hauses besteht aus über 5000 Büchern, von denen er mindestens drei verfilmen möchte. „Andere talentierte Filmemacher machen das inzwischen. Ich hatte Gregory David Roberts’ ‚Shantaram‘ gelesen, bevor es in Indien veröffentlicht wurde und hatte meine befreundeten Regisseure gefragt, ob sie den Film machen wollen. Jetzt hat sich Hollywood ihn geschnappt. Zwei andere Bücher die mir sehr gefallen haben, sind Mark Hadson’s Mördergeschichte ‚The Curious Incident of the Dog in the Night‘ und Yann Martel’s Fantasy-Abenteuer ‚Life Of Pi‘.“ Zurzeit sieht er sich besonders gerne Filmbiografien an. „Ich interessiere mich für die Biographien von Menschen, die ein interessantes Leben geführt haben.“

Das lange Interview unterbricht er nur einmal für eine Tasse Kaffee und eine Zigarette. Das Verlangen, sich eine Zigarette anzuzünden, ist da, obwohl das Gesundheitsministerium angekündigt hat, ihn mit Literatur über die Folgeschäden des Rauchens zu bombardieren und für diese Woche eine Ausweitung des Rauchverbots in der Öffentlichkeit angekündigt hat. Als wir ihn darauf ansprechen, antwortet dieser öffentliche Mann mit einer sehr privaten Persönlichkeit reumütig „Ich befolge die Gesetze, auch wenn das manchmal dumm von mir ist. Ich habe noch nie eine rote Ampel überfahren, ich halte immer die Regeln ein. Sicher, mein Rauchen bringt mich regelmäßig in Schwierigkeiten.“

Shahrukh Khan ist der unbestrittene Meister der Zitate. Hier sind noch einige aus unserem Interview von ihm …

… darüber, was seine Kinder über ihn denken.

„Meine Kinder denken, ich bin der beste Vater auf der Welt. Sie haben auch gar keine andere Wahl, oder?“

… über seine Frau Gauri.

„Ich sage das nicht vielen Menschen. Es ist nicht einfach, mit mir zusammen zu leben. Gauri kennt mich seit fast 25 Jahren und versteht mich in und auswendig. Als Klischee müßte ich jetzt sagen, dass sie die Säule meiner Kraft ist. Ich fühle, als wären wir nie im Leben getrennt voneinander gewesen. Manchmal denke ich, dass wir ein Wesen in zwei Körpern sind. Sie hat niemals in Frage gestellt was ich mache und es herrscht in unserer Beziehung grenzenloses Vertrauen.“

… darüber, was er den Menschen erzählt, die Filme mit ihm machen.

„Ich baue keinen Atomreaktor. Ich finde keinen neuen Weg, um zur Venus zu fliegen. Ich arbeite in der Unterhaltungsbranche. Ich bin nur ein Geschichtenerzähler und ich erzähle jedem, der Filme mit mir macht, dass wir uns selbst nicht zu ernst nehmen sollten.“

… darüber, ob er ein netter Kerl oder ein Egoist ist.

„Für die meisten Menschen bin ich emotional nicht erreichbar, da ich meine Emotionen für die Arbeit brauche. Leute sagen, dass ich eingebildet bin, da bin ich mir nicht so sicher … Ich weiß nicht, ob mich all das zu Mr. Nice Guy oder zu einem Egoisten machen.“

… über seine Kritiker.

„Wenn jemand tolle Sachen über mich sagt oder schreibt, glaube ich das nicht. Wenn sie mich kritisieren oder schlecht über mich reden, glaube ich das genausowenig. Ich weiß, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Wenn Du einen Film machst werden ihn 10 Leute lieben und 10 Leute hassen, damit kann ich leben.“

… über Gewinnen und Verlieren.

„Ich hasse es, zu verlieren, ich bin ein sehr schlechter Verlierer. Ich bin ein Gewinner, weil ich nicht weiß, wie man verliert.“

… über das Filmemachen.

„Ich habe nie einen Film gemacht und dabei an den Profit gedacht. Ich mag dickköpfig und ein Idiot sein, das ist völlig in Ordnung für mich. Ich weiß, dass es ein Geschäft ist, aber ich habe dabei nie die Kunst außer Acht gelassen.“