Josh – West Side Story und Romeo-Julia auf indisch. Dazu ein Shah Rukh Khan als cooler Boss einer Jugendgang und Aishwarya Rai als seine kesse Zwillingsschwester. Herz, was willst du mehr.
Nachdem das christliche Goa lange in portugiesischer Hand war, fällt der Bundesstaat 1961 wieder an Indien zurück. Noch zwanzig Jahre später gibt es Reibereien zwischen Christen und Hindus, vor allem unter den Jugendlichen. So liefert sich die christliche Gang der Eagles mit schöner Regelmäßigkeit Straßenkämpfe mit der hinzugezogenen hinduistischen Gang der Bicchhus (Skorpione).

Doch das sind alles eher harmlose Revierstreitereien unter hormongesteuerten Jugendlichen als wirklich religiöse Auseinandersetzungen. Die ganze Sache wird persönlich und erreicht eine höhere Ebene, als Rahul (Chandrachur Singh), der Bruder des Bichhu-Bosses Prakash (Sharad Kapoor), nach Beendigung seiner Ausbildung aus Bombay nach Vasco Town kommt und sich natürlich prompt in Shirley (Aishwarya Rai), die Zwillingsschwester des Eagle-Bosses Max (Shah Rukh Khan) verliebt. Er gibt seinen Plan auf, die Familie nach Bombay zu holen und macht stattdessen einen Laden in Vasco auf. Ungeachtet aller Rangeleien zwischen den Gangs und der offenen Feindseligkeit von Seiten ihres Bruders Max beginnt Rahul, Shirley den Hof zu machen. Zuerst nimmt ihn diese nicht ernst und heckt mit ihrem Bruder weiterhin kleine Bosheiten aus, um den Bicchus eins auszuwischen, bis sie sich ihrerseits in Rahul verliebt. Doch sie weiß, in diesem konfliktträchtigen Klima wird ihre Liebe kaum eine Chance haben.
Die relativ harmlosen jugendlichen Auseinandersetzungen werden zu tödlichem Ernst, als Rahul einem Geheimnis auf die Spur kommt, das seinen Bruder in seiner Geldgier einen mörderischen Plan aushecken lässt. Plötzlich werden die beiden einzigen Waffen in der Handlung, ein Messer und eine Pistole, die bisher nur spielerisch gezeigt wurden, zu tödlichen Waffen und einer der beiden Gangbosse verlässt die Arena nicht lebend…

Spoiler
Fangen wir mit dem größten Minuspunkt des Films an, die absolute Fehlbesetzung der Rolle des Rahul. Das er nichts sagend aussieht, dafür kann Chandrachur Singh nichts und das wäre auch nicht so das Problem, aber dazu hat er die Ausstrahlung eines toten Fisches und je weiter sich der Film entfaltet, entwickelt er auch den olfaktorischen Charme eines solchen. Sicher hat jeder einen schweren Stand, der sich in einem Film neben Shah Rukh behaupten muss, aber wer diese Schlaftablette gecastet hat, sollte seinen Kopf untersuchen lassen. So kommt auch in den sonst eingängigen Liebessongs null Romantik auf, man fragt sich einfach nur, warum verliebt sich Shirley in ihn? Hat sie von harten Jungs, von denen sie seit Jahren umgeben ist, so die Nase voll, dass sie dieser weichgespülten Version verfällt? Wie auch immer, die Liebesgeschichte zwischen den Beiden funktioniert nicht und ist ein Fall für den Vorspulknopf. Schade um die Songs.

Konzentrieren wir uns lieber auf Shah Rukh als Max und Sharad Kapoor als Prakash, die sich in ihren Rollen als gegnerische Bandenchefs nichts schenken. Und doch ist dieser Film unter der Regie von Mansoor Khan eingangs nicht so brutal wie sein Vorbild, allein schon durch die Verlegung des Schauplatzes nach Goa weist er eher eine fast karibische Leichtigkeit auf. Außerdem ist sein Ende ein klein wenig anders…

Shah Rukh spielt den harten und coolen Kerl sehr überzeugend, selbst die Accessoires, die er dazu trägt, wirken kein bisschen lächerlich. Doch im Verlauf der Handlung darf er zeigen, wie viel Herz unter der rauen Schale steckt. Er drückt einfach jeder Rolle seinen eigenen Stempel auf, wenn er mit dem Herzen dabei ist und hier ist er es sichtlich. Er hat schon vorher bewiesen, dass er allein mit seinem Blick Gänsehaut hervorrufen kann, dazu kommt eine ausdruckstarke Körpersprache, mit der er auch ohne Worte ein ganzes Spektrum an Emotionen vermittelt. Allein die Szene beim Karneval, als Max die Wahrheit erfahren hat, oder im Gefängnis, als er sich vor dem Polizeichef so klein macht, gehen unter die Haut. Sein seelischer Schmerz ist derart greifbar, dass es niemanden unberührt lassen dürfte.

Zusammen mit Aishwarya bildet er ein großartiges Geschwisterpaar (Shah Rukh trug sogar Kontaktlinsen, um ihr ähnlicher zu sein) und sie tragen auch im Großen und Ganzen die Handlung. Das müssen sie auch, denn wie schon gesagt, funktioniert die eigentliche Liebesgeschichte des Films nicht und die zwischen Max und seiner Angebeteten wird nicht ausreichend ausgebaut. Die beiden haben allerdings eine meiner liebsten Tanzszenen zusammen und das ist doch schon mal was. Aishwarya ist in diesem Film nicht nur schön, sie darf als Shirley anfangs auch richtig provokativ und arrogant spielen. Erst als sie sich in den langweiligen Rahul verliebt, wird das ganze einfach unglaubwürdig. Spaß macht an dem ganzen Film eigentlich nur die konfliktträchtige Situation zwischen den beiden Gangs und Max Kabbeleien mit seiner Liebsten, die ihn meistens links liegen und vor seinen Kumpels ziemlich uncool aussehen lässt. Hier hat Viveck Vaswani wieder mal einen seiner kleinen, aber liebenswerten Auftritte als Max’ Rivale in der Gunst der widerspenstigen Schönen.

Die Songs sind eigentlich alle ganz gut, vor allem Sailaru Sailare, Apun Bola und Zinda Hai Hum To. Auch die Liebessongs sind nicht schlecht, nur wie gesagt, die Besetzung des männlichen Parts war ein Griff ins Klo. Denkwürdig auch Shah Rukhs Gesangseinlage, oder eher sein Sprechgesang, der an und für sich gewöhnungsbedürftig ist, aber so wunderbar in Szene gesetzt wurde, das er schon wieder Kult ist.
Wie gesagt, unterscheidet sich das Ende von der West Side Story und ist (leider) etwas bollywoodbedingt weichgespült. Man denkt bis zum Schluss, das kann nur schlecht ausgehen, doch irgendwie haben es die Macher fertig gebracht, das zum Ende alle zufrieden und glücklich sind und sich lieb haben. Ja, auch die Bicchhus und die Eagles. Auch so kann man einen Twist hinlegen, es bleibt allerdings ein fader Nachgeschmack, da sich alles auf einmal so bemüht passend zusammenfügt. Am schwersten nachvollziehbar empfand ich die Szene, als Max den Polizisten umarmt, der ihn kurz zuvor noch gnadenlos verdroschen hatte.

Wunderbar subtil finde ich die Drohung von Gewalt in dem Film umgesetzt. Es fliegen zwar mächtig die Fäuste und irgendeiner rennt ständig vor irgendjemand weg, auch Shah Rukh darf das eine oder andere Mal richtig schön rennen, doch an Waffen sieht man nur ein Messer und eine Pistole auf den beiden Seiten. Trotz der coolen Sprüche und Drohgebärden merkt man aber doch, dass es nie ganz ernst gemeint ist. Das erste Anzeichen einer Veränderung der Situation zeigt sich in dem Kampf, als Prakash das Messer ernsthaft einsetzt und Max auch verletzt. Und als dann Geldgier ins Spiel kommt, nicht die Religion, die spielt Gott sei dank nur eine untergeordnete Rolle in dem Film, wird aus dem ganzen blutiger Ernst und einer der beiden muss auf der Strecke bleiben. Doch Max Reaktion, erst seine Todesangst und dann sein ungläubiger Schock bei der einsetzenden Erkenntnis, das er jemanden getötet hat, zeigt, das dies nie zur Option gestanden hatte.
Für mich gehört Josh zu Shah Rukh besten Filmen, der leider etwas unterbewertet wird, ist doch seine schauspielerische Leistung darin eine seiner überzeugendsten und unter die Haut gehendsten und gehört damit ins Regal eines jeden Fans.